Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Mitwirkungspflicht bei der Einmann-GmbH
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Ergebnis einer formell ordnungsgemäßen Buchführung kann nur dann ganz oder teilweise verworfen werden, wenn die Würdigung des Sachverhalts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass die Buchführung ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist.
2) Der Umfang der Mitwirkungspflicht gemäß § 90 AO des gesetzlichen Vertreters einer GmbH betrifft auch im Fall der Einmann-GmbH nur die Sphäre der juristischen Person. Hierzu gehört nicht der die Privatsphäre des Geschäftsführers betreffende persönliche Wissensbereich.
Normenkette
AO 1977 §§ 162, 158, 90
Tatbestand
Die Klägerin befindet sich im ausschließlichen Anteilsbesitz ihres Geschäftsführers A, eines im Inland ansässigen pakistanischen Staatsangehörigen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Handelsvermittlung von Textilien und Bekleidung. Überwiegend importiert sie Textilien aus Pakistan und Bangladesch und verkauft diese an deutsche Großkunden. Weiterhin lieferte die Klägerin in den Streitjahren auch Textilien an die Firma B. GmbH in Österreich.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Streitjahre (Bericht vom 28.2.2001) stellte der Prüfer auf privaten Bankkonten des Herrn A. bei der C-Bank und der Sparkasse D-Stadt Geldzugänge in Höhe von 200.422 DM (1995), 262.249 DM (1996) und 156.576 DM (1997) fest. Wegen der Aufgliederung dieser Jahressummen wird auf die Anlage zur Einspruchsentscheidung wegen Körperschaftsteuer vom 3.5.2002 Bezug genommen. Auf die Aufforderung zur Klärung der Herkunft dieser Gutschriften, die zum größten Teil mit „Auslandsscheck” bezeichnet sind, legte Herr A. Bescheinigungen von in Pakistan ansässigen Familienangehörigen und Darlehensverträge mit seinem Bruder sowie seinem Vater vor. Er erläuterte hierzu, daß er über die Scheckeinreichungsbelege nicht mehr verfüge, da sie weggeworfen worden seien. Die Einreichung bankbestätigter Schecks sei die einzige Möglichkeit, Geld aus Pakistan in das Inland zu transferieren.
Der Prüfer zog aus diesen Feststellungen den Schluß, daß die Gutschriften den Geschäftseinnahmen der Klägerin hinzuzurechnen seien. Die Klägerin treffe die erhöhte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO, da sie Geschäftsbeziehungen in das Ausland unterhalte. Ausreichende Nachweise über die Herkunft der Geldzugänge auf den Privatkonten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers habe sie nicht erbracht und sei daher ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Der Gesellschafter habe seinerseits keine Meldungen nach §§ 59 ff. der Außenwirtschaftsverordnung in bezug auf die Geldeingänge abgegeben. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß es sich bei den Gutschriften um Zahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer handele, die ihre Ursache in den Geschäftsbeziehungen im Ausland hätten. Hinweise auf eine gewerbliche Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers lägen demgegenüber nicht vor. Abgesehen von der Umsatzversteuerung der demnach hinzuzuschätzenden Erlöse der Klägerin sei davon auszugehen, daß es sich bei den Gutschriften auf den Privatkonten des Gesellschafter-Geschäftsführers um der Klägerin vorenthaltenes Vermögen handele, so daß die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe der geschätzten Bruttobeträge gerechtfertigt sei. Für die Zuschätzungen bei Körperschaft- und Umsatzsteuer ging der Prüfer demnach von folgenden Werten aus:
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1995 |
1996 |
1997 |
Zuschätzungen |
191.304 DM |
234.783 DM |
147.826 DM |
Umsatzsteuer |
28.696 DM |
35.217 DM |
22.174 DM |
vGA |
220.000 DM |
270.000 DM |
170.000 DM |
Die danach zu erhöhenden Gewerbe- und Umsatzsteuerverbindlichkeiten der Klägerin berücksichtigte der Prüfer gewinnmindernd.
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers mit den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden über Körperschaftsteuer 1995 bis 1997 vom 10.4.2001 und über Umsatzsteuer 1995 bis 1997 vom 12.4.2001.
Mit den hiergegen erhobenen Einsprüchen machte die Klägerin geltend, daß ihr Rechnungswesen bei der Betriebsprüfung nicht beanstandet worden sei. Die Herkunft der Geldzuflüsse auf den Privatkonten ihres Gesellschafters sei hinreichend nachgewiesen. Die gutgeschriebenen Schecks lauteten auf Eigenkonten der bezogenen Bank, da eine unmittelbare Belastung der Konten der Geldgeber wegen der Beschränkungen des Devisenverkehrs in Pakistan nicht möglich gewesen sei. Die Kontoauszüge hätten dem Prüfer vorgelegen. Die Annahme des Prüfers, die Gutschriften müßten Betriebseinnahmen der Klägerin sein, weil Herr A. keinerlei andere gewerbliche Betätigung habe, sei abenteuerlich und konstruiert. Soweit für Gutschriften auf den Privatkonten des Herrn A. Nachweise verlangt worden seien, seien diese erbracht worden. Für weitere später von dem Prüfer festgestellte Gutschriften seien indessen keine Nachweise mehr verlangt und deshalb auch nicht vorgelegt worden. Weiterhin sei dem Prüfer eine Bestätigung der Hausbank des Vaters in Pakistan vorgelegt worden, ausweislich der der Vater über ausreichende Mittel verfüge...