Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederholungs- und Folgevergütungen an Mitarbeiter von Rundfunk- und Fernsehanstalten
Leitsatz (redaktionell)
Wiederholungshonorare und Erlösbeteiligungen an Mitarbeiter von Hörfunk- und Fernsehproduktionen sind Arbeitslohn, wenn die Mitarbeiter bereits mit Abschluss der Beschäftigungsverträge die entstehenden Leistungsschutzrechte auf die Rundfunk- oder Fernsehanstalt übertragen, mithin die Anstalt bereits mit Abschluss der Beschäftigungsverträge das Recht zur Wiederholung der Produktion und zur Gestaltung ihrer Nutzung durch Dritte erwirbt und darüber hinaus die Höhe der in diesen Fällen an die Mitwirkenden zu zahlenden Wiederholungs- und Folgevergütungen bereits vereinbart sind. Dies gilt auch für Vergütungen an Arbeitnehmer, die im Zahlungszeitpunkt nicht mehr im Dienst der Anstalt stehen.
Normenkette
EStG § 38 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalt mit Sitz in X. In den Jahren 1986 bis 1990 zahlte er aufgrund entsprechender Vereinbarungen an zahlreiche sog. freie Mitarbeiter Wiederholungshonorare für die nochmalige Ausstrahlung von Hörfunk- oder Fernsehproduktionen, die unter ihrer Mitwirkung hergestellt worden waren. Soweit die Produktionen an nicht der Y angehörende Sendeunternehmen oder zum Zwecke der Kino-, Film- oder Tonträgerverwertung entgeltlich abgegeben wurden, erhielten die Mitwirkenden Erlösbeteiligungen. Der Kläger zahlte diese Wiederholungshonorare und Erlösbeteiligungen unabhängig davon, zu welcher Einkunftsart das Ersthonorar gehört hatte, ohne Lohnsteuerabzug aus.
Die Vereinbarungen über die Zahlung von Wiederholungshonoraren und Erlösbeteiligungen sind Bestandteil des Beschäftigungsvertrages (Mitwirkendenvertrages), den der Kläger nach einem einheitlichen Muster vor Erstellung der Produktion mit den daran mitwirkenden Personen abschließt. Hierin räumt der Mitwirkende dem Kläger das ausschließliche, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht ein, Urheberrechte und verwandte Schutzrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, die der Mitwirkende in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis erworben hat, für Rundfunk- und Fernsehzwecke zu nutzen oder durch Dritte unter Übertragung des ausschließlichen Nutzungsrechts oder unter Einräumung einfacher Nutzungsrechte entgeltlich oder unentgeltlich nutzen zu lassen (Ziffern 6, 7 und 8 des Mustervertrages).
Hinsichtlich der zu zahlenden Vergütung enthält der Beschäftigungsvertrag in Ziffer 14 folgende Regelung:
„14.1 Die Einräumung des Rechts nach Ziffern 6, 7 und 8 ist mit der im Beschäftigungsvertrag vereinbarten Vergütung abgegolten. …”
„14.2 Fernsehen
Ist die Vertragsleistung für das Fernsehen bestimmt und der Beschäftigungsvertrag als Mitwirkendenvertrag „W” (wiederholungs- und folgevergütungspflichtig) gekennzeichnet, so gilt zusätzlich folgendes: …”
(Bei … folgen Vereinbarungen zur Höhe der Vergütung)
„14.3. Hörfunk
Ist die Vertragsleistung für den Hörfunk bestimmt und der Beschäftigungsvertrag als Mitwirkendenvertrag „W” (wiederholungs- und folgevergütungspflichtig) gekennzeichnet, so gilt zusätzlich folgendes: …”
(Bei … folgen Vereinbarungen zur Höhe der Vergütung)
Anläßlich einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Prüfer unter Hinweis auf ein Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BFM) vom 5. Oktober 1990 IV B 6 – S 2332 – 73/90 (BStBl I 1990, 638) die Ansicht, Wiederholungshonorare und Erlösbeteiligungen seien der Einkunftsart zuzurechnen, zu der das Ersthonorar gehöre. Soweit die Ersthonorare den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen seien, seien daher auch die Wiederholungshonorare und Erlösbeteiligungen lohnsteuerpflichtig. Zur Höhe der nach seiner Ansicht lohnsteuerpflichtigen Vergütungen führte der Prüfer aus, diese werde für die Jahre 1986 bis 1989 im Einvernehmen mit dem Kläger anhand des für das Jahr 1990 ermittelten Anteils an den gesamten Wiederholungshonoraren und Erlösbeteiligungen geschätzt. Der Bruttosteuersatz sei einvernehmlich mit 30 v.H. angenommen worden. Da der Kläger im Jahre 1992 im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung erklärt habe, die Steuern nicht an die Arbeitnehmer weiterbelasten zu wollen, erfolge im Jahr der Steuerübernahme, d.h. im Jahre 1992, die Nettoversteuerung (Nettosteuersatz 42,8 v.H.).
Der Beklagte erließ u.a. wegen der Wiederholungshonorare und Erlösbeteiligungen am 28. Dezember 1992 einen Haftungsbescheid, der auf § 42 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestützt war.
Gegen den vorgenannten Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung seines Einspruchs machte er geltend, eine Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer habe nicht bestanden. Bei den Wiederholungshonoraren und Erlösbeteiligungen handele es sich nicht um Arbeitslohn i. S. des § 38 EStG. Außerdem seien entgegen der Darstellung im Prüfungsbericht die Bemessungsgrundlage...