rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Beendigung eines Hochschulstudiums bei Nichtantritt zu einer Prüfung und darauf folgende Zwangsexmatrikulation
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Hochschulstudium endet spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, kann aber auch bereits zuvor mit Erbringung aller Prüfungsleistungen beendet sein. Die Ausbildung endet auch, wenn das Kind sie (ungeachtet z. B. einer fortbestehenden Immatrikulation) tatsächlich abbricht.
2. Bereits der Nichtantritt zu einer Prüfung dokumentiert den Abbruch der Hochschulausbildung. Auf den Zeitpunkt einer aufgrund des Nichtantritts erfolgenden Zwangsexmatrikulation kommt es hingegen nicht an.
Normenkette
EStG § 66 Abs. 2; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 932,00 Euro.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung.
Die Klägerin erhielt zunächst Kindergeld für ihren am 27. Juli 1993 geborenen Sohn A. A absolvierte ab dem Wintersemester 2013/14 ein Bachelor-Studium (Wirtschaftsingenieurwesen) an der Universität B.
Auf wiederholte Nachfrage des Beklagten erklärte die Klägerin, dass A das Studium nach dem Sommersemester 2015 abgebrochen habe, er strebe den Beginn eines neuen Studiums zum Wintersemester 2016 an.
Da dem Beklagten lediglich die Studienbescheinigung vom Wintersemester 2013/14 vorlag, hob der Beklagte mit Bescheid vom 21. September 2016 die Kindergeldfestsetzung von 04/2014 bis 11/2015 auf und forderte Kindergeld in einer Gesamthöhe von 3.724,00 EUR zurück.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11. Oktober 2016 Einspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass Kindergeld für den gesamten Zeitraum der Immatrikulation zu gewähren sei und verwies auf die Studienbescheinigung vom 11. November 2016 sowie auf die Studienverlaufsbescheinigung vom selben Tag. Danach war A vom Wintersemester 2013/14 bis zum Wintersemester 2014/15 an der Universität B eingeschrieben. Zunächst belegte A den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, ab Wintersemester 2014/15 den Studiengang Wirtschaftsinformatik. Ab Wintersemester 2016/17 hatte er sich für den Studiengang Bachelor/Informatik eingeschrieben.
Mit Bescheid vom 09. Januar 2017 gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Abgabenordnung (AO) setzte der Beklagte unter Abänderung seines Bescheides vom 21. September 2016 für A Kindergeld für folgende Zeiträume fest:
01. April 2014 bis 31.Oktober 2014
01. September 2016 bis 31. Dezember 2016
ab 01. Januar 2017.
Mit Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 09. Januar 2017 wies der Beklagte für den Zeitraum 01. November 2014 bis 31. März 2015 den Anspruch auf Kindergeld zurück. Zur Begründung erläuterte er, dass A ausweislich der vorliegenden Exmatrikulationsbescheinigung vom 30. September 2016 an der Universität B eingeschrieben und wegen nicht bestandener Prüfung exmatrikuliert worden sei. Da der konkrete Zeitpunkt der endgültig nicht bestandenen Prüfung seitens der Klägerin nicht nachgewiesen worden sei, könne nicht festgestellt werden, ob und bis zu welchem Zeitpunkt das Kind im Wintersemester 2014/2015 ernsthaft für einen Beruf ausgebildet worden sei.
Die Einspruchsentscheidung betraf nur noch den Zeitraum vom 01. November 2014 bis zum 31. März 2015, da die Klägerin den Einspruch für den Zeitraum ab dem 01. April 2015 zurückgenommen hatte.
Die Klägerin hat am 06. Februar 2017 Klage erhoben und begehrt nunmehr Kindergeld für ihren Sohn für den Zeitraum 01. November 2014 bis zum 31. März 2015 festzusetzen.
Auf Anfrage des Gerichts, zu welchem Zeitpunkt A die Prüfung, die letztlich zur Exmatrikulation geführt hat, nicht bestanden hat, reagierte die Klägerin nicht.
Daraufhin wandte sich die Berichterstatterin direkt an die Universität B. Diese hat am 12. Juni 2018 mitgeteilt, dass A im Rahmen seines Studienganges BA Wirtschaftsinformatik am 09. Februar 2015 aufgrund einer Sanktionsentscheidung nach Nichterscheinen zur Prüfung „Einführung in die Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre” seinen Prüfungsanspruch in dem genannten Studiengang endgültig verloren habe. Der zuständige Prüfungsausschuss habe dann mit Bescheid vom 24. Februar 2015 den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruches förmlich festgestellt. A sei mit Schreiben des Studierendensekretariates vom 02. April 2015 zur Exmatrikulation angehört, mit Bescheid vom 05. Mai 2015 sei dann die Exmatrikulation vollzogen worden. Der Exmatrikulationsbescheid vom 05. Mai 2015 sei dann bestandskräftig geworden. Die der gerichtlichen Anfrage beigefügte Exmatrikulationsbescheinigung weise zwar als Ausstellungsdatum den 30. September 2016 aus, sei aber erst lange nach der Exmatrikulation ausgefertigt worden.
Der Beklagte hat aufgrund der Auskunft der Universität B am 24. Juli 2018 einen Abhilfeentscheidung erlassen und Kindergeld für den Zeitraum vom 01. November 2014 bis 28. Februar 2015 festgesetzt. Der Rechtsstreit wurde insoweit von beiden Beteil...