rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Frist für den Erlass des Haftungsbescheides bei Haftung für hinterzogene Steuern
Leitsatz (redaktionell)
Die Festsetzungsfrist für den Erlass eines Haftungsbescheides beträgt vier Jahre. Sie verlängert sich nach dem klaren Wortlaut des § 191 Abs. 3 Satz 2 AO nicht, wenn zwar Steuern hinterzogen wurden, der Haftungsbescheid aber allein auf § 69 AO, nicht hingegen auf §§ 70 oder 71 AO gestützt wird.
Normenkette
AO § 191 Abs. 3 Sätze 3, 2, §§ 69-71
Nachgehend
Tenor
Der Haftungsbescheid vom 06. Dezember 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2003 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 16.910,05 EUR (33.073,18 DM).
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner für Steuerschulden einer GmbH streitig.
Der Kläger errichtete gemeinsam mit dem Gesellschafter W. mit notarieller Urkunde vom 10. Mai 1990 die … GmbH (nachfolgend GmbH genannt), am selben Tag wurden er sowie der Mitgesellschafter W. zu gleichrangigen Geschäftsführern der GmbH bestellt. Die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichtes … erfolgte am 29. Mai 1990.
Die GmbH geriet ab Mitte Juli 1997 durch größere Forderungsausfälle in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, deren Resultat am 23. Januar 1998 ein Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens durch die beiden Geschäftsführer war.
Am 02. Februar 1998 wurde Sequestration über das Vermögen der GmbH angeordnet, am 06. Mai 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Nach Verteilung des Erlöses wurde das Verfahren mit Beschluss des Amtsgerichtes … vom 16. Dezember 2002 eingestellt. Die zur Tabelle angemeldeten Forderungen des Finanzamtes wurden bei der Verteilung des Erlöses nicht berücksichtigt. Am 17. Juli 2003 ist die GmbH wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht worden.
Wegen diverser Steuerrückstände (insbesondere Umsatzsteuer) der GmbH prüfte das Finanzamt die Möglichkeit der Haftungsinanspruchnahme der Geschäftsführer und führte am 21. November 2001 eine Anhörung durch.
Die rückständige Umsatzsteuer 1994 resultierte aus der Steuererklärung der Gesellschaft, die erst am 01. September 1997 und damit mit erheblicher Verspätung im Finanzamt eingegangen war. Die vom Beklagten verlängerte Frist zur Abgabe dieser Steuererklärung war bereits am 30. April 1996 abgelaufen. Trotz nachfolgender Erinnerungen des Finanzamtes reichte die GmbH die Umsatzsteuererklärung nicht ein, so dass am 17. Oktober 1996 ein Schätzungsbescheid erging. Die Schätzung erfolgte in Höhe der Voranmeldungen. Steuerrückstände gab es zu dieser Zeit nicht. Bei der Abgabe der Umsatzsteuererklärung stellte sich heraus, dass die Schätzung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage erheblich zu niedrig gewesen war. Die sich aus der Umsatzsteuerjahreserklärung ergebende Nachzahlung konnte von der GmbH nicht mehr geleistet werden, da sich zu diesem Zeitpunkt bereits erhebliche Forderungsausfälle und somit Zahlungsschwierigkeiten ergeben hatten.
Am 06. Dezember 2001 erließ der Beklagte einen Haftungsbescheid. Die Haftungssumme setzt sich wie folgt zusammen:
Steuerart |
Zeitraum |
Fälligkeit |
Betrag/DM |
Säumniszuschläge |
Umsatzsteuer |
1994 |
01.10.1997 |
16.900,80 |
2.893,00 |
Umsatzsteuer |
1994 |
12.11.1997 |
9.817,80 |
588,00 |
Umsatzsteuer |
1994 |
15.12.1997 |
9.817,80 |
490,00 |
Zinsen zur USt |
1994 |
22.10.1997 |
6.740,00 |
0,00 |
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Gesamtsumme |
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47.247,40 |
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x 70 % |
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47.247,40 |
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endgültige Haftungssumme (in DM) |
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33.073,18 |
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Die Haftungsinanspruchnahme erfolgte auf Grundlage des § 69 AO. Das Finanzamt ging davon aus, dass die verspätete Abgabe der Steuererklärung und somit die Verletzung der steuerlichen Pflichten durch den Kläger zumindest grob fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich erfolgt war. Denn wie sich aus den bei der Bustra vorgetragenen Angaben ergeben hätte, seien die Steuererklärungen durch den Steuerberater bereits im November 1996 erstellt und eine erhebliche Nachzahlung dem Kläger bereits damals offensichtlich bekannt gewesen. Dennoch sei die Umsatzsteuererklärung für 1994 erst im September 1997 eingereicht worden. Die Umsatzsteuer für 1994 habe somit nicht rechtzeitig festgesetzt werden können. Die Zahlungsschwierigkeiten seien ab Juli 1997 verstärkt aufgetreten. Somit sei davon auszugehen, dass die Pflichtverletzung des Klägers, die im Streitfall in erster Linie in der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuererklärung zu sehen sei, ursächlich für den entstandenen Schaden sei. Bei rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärung wäre unter Umständen eine...