Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für künstliche Befruchtung bei einer unverheirateten Frau keine außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen einer nicht verheirateten, empfängnisunfähigen Frau für künstliche Befruchtungen (hier: mittels In-vitro-Fertilisation, IVF) können auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden, wenn seit mehr als 10 Jahren eine feste Partnerschaft mit dem Lebensgefährten besteht (Anschluss an BFH, Urteil v. 28.7.2005, III R 30/03). Ein Anspruch auf den Steuerabzug ergibt sich auch nicht aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt 1.000,00 e.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für für eine heterologe Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind.
Die am … 1967 geborene Klägerin ist ledig. Sie ist von Beruf Gerichtsvollzieherin und erzielte im Jahr 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von … EUR. Sie lebt seit mehr als 10 Jahren mit ihrem Lebensgefährten zusammen. Zur Erfüllung des gemeinsamen Kinderwunsches der Klägerin und ihres Lebensgefährten führte die Klägerin eine Behandlung ihrer primären Sterilität mittels einer In-vitro-Fertilisation im Jahr 2003 durch. Die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern befürwortete nach vorheriger Einholung einer fachlichen Stellungnahme durch die IVF-Kommission die Durchführung einer Maßnahme der assistierten Reproduktion in der Frauenklinik an der Universitätsklinik ….
Die … Krankenversicherung AG lehnte mit dem Schreiben vom 29. April 2003 eine Leistungsübernahme für die geplante künstliche Befruchtungsmaßnahme (IVF) und alle anderen Maßnahmen, die damit in Zusammenhang stehen, ab. Zur Begründung verwies die Krankenversicherung auf § 27 a Abs. 1 SGB V, wonach Voraussetzung für eine Leistungsübernahme u. a. ist, dass die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind.
Insgesamt tätigte die Klägerin für Maßnahmen im Zusammenhang mit der IVF Aufwendungen in Höhe von 7.969,12 EUR.
Dafür erhielt sie von ihrem Dienstherren eine Beihilfe von 3.269,53 EUR.
In ihrer am 24. März 2004 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung für 2003 machte die Klägerin abzüglich der Erstattungen eine außergewöhnliche Belastung von 4.700,00 EUR geltend.
Mit dem Bescheid vom 03. Mai 2004 setzte der Beklagte eine Einkommensteuer von 12.253,00 EUR fest. Die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 4.700,00 EUR wurden nicht berücksichtigt, weil sie nicht zwangsläufig im Sinne von § 33 EStG seien.
Dagegen legte die Klägerin am 21. Mai 2004 Einspruch ein. Unter Hinweis auf H 189 EStH 2003 begehrte sie die Berücksichtigung der 4.700,00 EUR als außergewöhnliche Belastung.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 06. Dezember 2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, dass die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht gegeben sei, weil nach geltender Rechtslage und unter Berücksichtigung des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) nicht gefolgert werden könne, dass sich eine empfängnisunfähige Frau, die unverheiratet sei oder die mit dem Samen eines fremden Mannes künstlich befruchtet werden möchte (heterologe Befruchtung), in einer Zwangslage sehe. Sie könne sich bei der Durchführung einer Befruchtung auch nicht auf ihr bei der einkommensteuerrechtlichen Bewertung zu berücksichtigendes Persönlichkeitsrecht berufen.
Die Klägerin hat am 07. Januar 2005 Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor, dass sich das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit, das auch das Recht umfasse, Nachkommen zu gebären, nicht nur im Rahmen der Ehe verwirkliche. Das FG Berlin habe in seinem Urteil vom 30. September 2003 (5 K 5349/02) deutlich gemacht, dass Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei einer unverheirateten Frau mit Kinderwunsch solche für eine zwangsläufige Heilbehandlung darstellten. Auch wenn das Institut der Ehe besonderen grundrechtlichen Schutz genieße, sei anzuerkennen, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in den letzten 50 Jahren erheblich gewandelt hätten, dass vielfältige Formen des Zusammenlebens gleichberechtigt nebeneinander existierten und regelmäßig aus solchen Zusammenlebensformen auch Kinder hervorgingen oder in ihnen aufwüchsen. Ausdruck dieser Veränderungen sei u. a. die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen im Rahmen der eingetragenen Partnerschaft, in der auch Kindesadoptionen möglich seien. Die sich aus dem über 10 Jahre daue...