Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der zeitweiligen Überlassung einer Anlieferungs-Referenzmenge gem. § 7a Abs. 1 Nr. 2 MilchAbgV. Gemeinschaftsrechtsmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit des § 7a MilchAbgV. Quotenermittlung, Zeitraumberechnung. Leberegelbefall einer Herde als Fall höherer Gewalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vorschriften der §§ 7, 7a MilchAbgV halten sich im Rahmen des durch Art. 16 Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 vorgegebenen Rahmens und haben in §§ 1, 12 MOG eine ausreichende gesetzliche Grundlage, so dass eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen Art. 80 GG ausscheidet.
2. Für die Berechnung der Quote nach § 7a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MilchAbgV ist auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Beginns des Zwölfmonatszeitraums abzustellen, in dem die zeitweilige Überlassung der Anlieferungsmenge wegen der Tötung oder Verendung von 20 % der Milchkühe beginnen soll.
3. Für die Berechnung der Anzahl der getöteten Tiere gem. § 7a Abs. 1 MilchAbgV ist der Zeitraum maßgebend, der mit dem Zwölfmonatszeitraum beginnt, in dem und für den die Anlieferungsreferenzmenge übertragen werden soll (= Quotenfeststellungszeitpunkt). Der Zeitraum endet spätestens an dem Tag, an dem die Überlassungsvereinbarung zwischen Milcherzeuger und dem Übernehmer der Referenzmenge schriftlich abgeschlossen wird.
4. Hier: Kein Nachweis der erforderlichen Anzahl der wegen Leberegelbefall notgetöteten oder verendeten Milchkühe.
5. Das Auftreten des Leberegels in einer Kuhherde kann als ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis i.S. d. § 7a Abs. 1 MilchAbgV zu qualifizieren sein.
Normenkette
MilchAbgV § 7a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 7; EGV 1788/2003 Art. 16 Abs. 1; MOG §§ 1, 12; GG Art. 80 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt 5.000,00 EUR.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der zeitweiligen Überlassung von Anlieferungs-Referenzmenge (im Folgenden ARM) im Falle getöteter oder verendeter Milchkühe gemäß § 7 a Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (Milchabgabenverordnung – MilchAbgV –) streitig.
Der Kläger ist seit 1986 Landwirt. Durch vier inhaltsgleiche Verträge zur befristeten Übertragung von „Milch-Referenzmengen” übertrug der Kläger auf Herrn Bk, Herrn B, Herrn G und Herrn H jeweils eine ARM von 15.000 kg mit einem Fettgehalt von 3,87 % zur freien Nutzung. Die Verträge begannen jeweils am 31. Januar 2006 und wurden für die Dauer von einem Jahr abgeschlossen. Gemäß § 1 Abs. 2 des Vertrages bestätigte der Kläger dem jeweiligen Vertragspartner in dem Zeitraum vom Vertragsbeginn bis zum 31. März des laufenden Garantiemengenjahres noch abgabenfrei 15.000 kg liefern zu können. Die Übernehmer zahlten dem Kläger für die Übertragung der ARM einen Pachtpreis von 0,12 EUR/kg einschließlich Umsatzsteuer pro Jahr.
Dem Kläger stand im Zwölfmonatszeitraum 2005/2006 eine ARM von 287.057 kg mit einem Fettgehalt von 3,87 % zu. Diese ARM nutzte der Kläger im Zwölfmonatszeitraum 2005/2006 nur in einem Umfang von 200.749 kg aus. Damit verblieb noch eine abgabenfreie Restnutzung i. H. v. 86.308 kg.
Der Kläger verfügte nach einer Bescheinigung der V. (im Folgenden V.) zum 01. Oktober 2004 über einen Bestand von insgesamt 216 Tieren, wovon es sich bei 93 Tieren um Kühe handelte, die zur Milcherzeugung zur Verfügung standen. Nach einer Bescheinigung der V. vom 17. Oktober 2005 verfügte der Kläger zum 01. April 2005 über 142 Tiere, wovon es sich um 84 Milchkühe handelte.
Nach einer Bescheinigung des V. vom 07. Februar 2006 erfolgten aus dem Betrieb des Klägers im Zeitraum vom 01. Oktober 2004 bis zum 30. Januar 2006 insgesamt 167 Abgänge, wovon 42 Tiere geschlachtet worden sind sowie 17 Todesmeldungen. Nach einer Bestätigung der … GmbH vom 31. Januar 2006 hat diese aus dem Betrieb des Klägers im Zeitraum vom 01. Oktober 2004 bis zum 30. Januar 2006 16 Rinder abgeholt.
Der Landrat des Landkreises A. bestätigte in einem Schreiben vom 07. Februar 2006 an den Kläger, dass dieser durchschnittlich 90 Kühe zur Milchgewinnung hält. Er habe im Zeitraum vom 01. Oktober 2004 bis zum 30. Januar 2006 17 Kühe durch Verenden verloren, weitere 42 Tiere hätten in diesem Zeitraum geschlachtet werden müssen.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2006 beantragte die … AG beim Beklagten die Zustimmung zur befristeten Übertragung von ARM des Klägers gemäß den o. a. Verträgen. Mit an den Kläger adressiertem Bescheid vom 13. März 2006 lehnte der Beklagte den Antrag auf zeitweilige Überlassung von ARM im Falle getöteter oder verendeter Milchkühe gemäß § 7a MilchAbgV ab, da es sich nicht um einen Fall nach § 7 a Abs. 1 oder 2 MilchAbgV handele. Nach Auskunft des zuständigen Veterinärs habe der Gesundheitszustand der geschlachteten Tiere insgesamt als gut bezeichnet werden können, sodass der Kläger handelsübliche Schlachterlöse habe erzielen könne...