Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuerveranlagung des Grundsteuermessbetrags wegen Änderung des Ersatzwirtschaftswerts. Unberechtigte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen als Nutzung i. S. d. § 125 Abs. 2 BewG
Leitsatz (redaktionell)
Ignoriert der Pächter landwirtschaftlicher Flächen die Beendigung des Pachtvertrags und die Veräußerung der Grundstücke in dem er die herausgabepflichtigen Flächen weiterhin als eigene Flächen behandelt und aufgrund der Erwartung einer günstigen Berufungsentscheidung gegen die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe der Flächen an die neuen Eigentümer die Felder im eigenen Interesse erneut bestellt, obwohl bereits die Verwertung der vorherigen Ernte und die Hinterlegung der Ernteerlöse durch einen Sequestor angeordnet ist, ist der Pächter weiterhin Nutzer der Flächen i. S. d. § 125 Abs. 2 BewG und die Voraussetzung für eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags wegen Änderung des Ersatzwirtschaftswerts liegt erst an dem Stichtag vor, welcher der Rechtskraft der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe (hier: Abschluss des Revisionsverfahrens) bzw. der Zwangsvollstreckung folgt.
Normenkette
BewG § 125 Abs. 2, § 126 Abs. 1 S. 2, § 22 Abs. 1; GrStG § 40 Abs. 1 S. 2, §§ 2, 10; BewG § 125 Abs. 4, § 35 Abs. 1, § 33; EGV 1782/2003 Art. 43, 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 24.561,50 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bereits zum 01. Januar 2007 die Voraussetzungen für eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrages wegen Änderung des Ersatzwirtschaftswertes vorgelegen haben. Dabei geht es um die Frage, in welchem Umfang die Klägerin landwirtschaftliche Flächen zum Stichtag 01.01.2007 selbst genutzt hat.
Die Klägerin unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ursprüngliche Gesellschafter der Klägerin waren P und der am 23. August 2003 verstorbene M. Dieser wurde beerbt von seiner Ehefrau, welche im Juli 2007 verstarb. Diese wiederum wurde beerbt von S und H, die neben P aktuell Gesellschafter der Klägerin sind.
Die der landwirtschaftlichen Nutzung unterliegenden Fläche betrugen zunächst 496,8200 ha und liegen in B. Einen Großteil dieser Flächen hatte M 1993 von der Rechtsvorgängerin der B-Gesellschaft gepachtet. Nach dem Tod des Pächters M kündigte die B-Gesellschaft die noch bestehenden Pachtverträge mit Wirkung zum 30. September 2004, verlängerte aber die Pachtverträge mit dem Gesellschafter P bis zum 30. September 2005. Die B-Gesellschaft ging in der Folgezeit von der Rechtswirksamkeit dieser Befristung aus und veräußerte die Flächen im Oktober 2005 an verschiedene Käufer.
Die Klägerin und ihre damaligen Gesellschafter gingen davon aus, dass der zwischen der B-Gesellschaft und ihrem Gesellschafter P geschlossene Pachtvertrag bis zum 30. September 2010 verlängert worden sei. Sie verweigerten die Herausgabe der Pachtflächen an die neuen Eigentümer. Die Klägerin bewirtschaftete diese weiter.
Im Juli und August 2006 ordnete das Amtsgericht die Einbringung und Bergung sowie die Verwertung der Ernte und die Hinterlegung der Ernteerlöse durch einen Sequestor an. Mit Urteilen des Amtsgerichts vom 24. Oktober 2006 wurden die Gesellschafter P und Frau M sowie die Klägerin zur Räumung und Herausgabe der Flächen an die neuen Eigentümer verurteilt. Die Klagen der neuen Eigentümer auch auf Übertragung der Zahlungsansprüche Acker für die Region Mecklenburg-Vorpommern gemäß VO-EG Nummer 1782/2003 wies das Amtsgericht ab. Gegen diese Urteile legten die Beteiligten Berufung beim Oberlandesgericht Rostock ein.
Die Grundstücke wurden am 22. März 2007 von der Gerichtsvollzieherin geräumt. Dabei stellte diese fest, dass die Flächen mit Winterweizen und Raps bestellt waren.
Unter dem 14. Mai 2007 traf die Klägerin mit den neuen Eigentümern der Flächen eine Vereinbarung über die vorläufige Verteilung des auf dem Anderkonto hinterlegten Ernteerlöses aus 2006. Daneben übertrug der Gesellschafter P den neuen Eigentümern Direktzahlungsansprüche gegenüber der EU sowie Zahlungsansprüche mit Stilllegungsverpflichtung/EU unter der Anweisung, dass die Zahlungen auf ein Anderkonto geleistet werden, über das erst nach übereinstimmender Anweisung der Parteien verfügt werden darf bzw. das Kontoguthaben erst nach rechtskräftiger Entscheidung des Oberlandesgerichts an die berechtigte Partei ausgezahlt werden darf. Für den Fall, dass das Oberlandesgericht Rostock die bezüglich der Übertragung der Zahlungsansprüche ergangenen Urteile des Amtsgerichts vom 24. Oktober 2006 bestätigen sollte bzw. für den Fall der rechtskräftigen Feststellung des Besitzrechtes der von M/P GbR verpflichteten sich die Eigentümer, die Prämienrechte und Zahlungsansprüche zurück zu übertragen.
Die Vereinbarung wurde ohne Anerkennung ...