Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1989
Tenor
I. Das Verfahren wird gemäß Artikel 177 EGV ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Fällt die stundenweise entgeltliche Überlassung von Sportanlagen an Benutzer (z. B. von Tennisplätzen an Tennisspieler) unter die „Vermietung und Verpachtung von Grundstücken” i. S. der Steuerbefreiungsvorschrift des Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie des Rates 77/388/EWG vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (6. USt-RL)?
2. Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Ist die Regelung „Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme … der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen” in Artikel 13 Teil B Buchstabe b Nr. 3 der 6. USt-RL dahin auszulegen, daß die Steuerpflicht der Vermietung von Vorrichtungen die Vermietung des sie umgebenden Gebäudes und Grundstücks umfaßt, oder ist die Sportanlagenvermietung in eine steuerfreie Vermietung von Grundstücken und eine steuerpflichtige Vermietung von Vorrichtungen aufzuteilen?
Tatbestand
1. Sachverhalt und Verfahrensstand
Die Klägerin betreibt einen Sportpark, dessen Bestandteile sich aus den vorgelegten Plänen ergeben (siehe Inhalt der Plastikhülle am Ende der Gerichtsakten). Die Tennis-, Squash- und Badmintonplätze werden stundenweise an Spieler vermietet. Diese dürfen für die von ihnen entrichtete Platzmiete auch die Umkleidekabinen, Toiletten, Duschen und Außenanlagen sowie die Dampfsauna und die Restauranträume ohne eigenes Eintrittsgeld benutzen.
Nach Auffassung des beklagten … ist die Nutzungsüberlassung der Sportflächen an die Spieler in eine steuerfreie Vermietung von Grundstücken i. S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und in eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen i. S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG aufzuteilen. Deshalb hat das … in der Umsatz-Steuerfestsetzung 1989 den Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen für die Sportplatzvermietung nur teilweise zugelassen.
Demgegenüber hält die Klägerin die Spielfeldüberlassung an Spieler und die damit zusammenhängenden Leistungen insgesamt für steuerpflichtig und begehrt mit ihrer Klage den vollen Vorsteuerabzug, insbesondere für Umbaumaßnahmen bei Tennisplätzen und -halle.
Entscheidungsgründe
2. Entscheidungserheblichkeit der Vorlage
Der Klägerin kann der volle Vorsteuerabzug nur gewährt werden, wenn ihre Umsätze in vollem Umfang steuerpflichtig sind, d. h. wenn die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG weder voll noch teilweise auf ihre Vermietungsumsätze anzuwenden ist.
Die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erheblichen Regelungen des § 4 Nr. 12 Sätze 1 und 2 UStG lauten:
„§ 4 …. sind steuerfrei:
….
12.a) die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken …
b) …
c) …
Nicht befreit sind …. die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtung), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind.”
Diese Vorschrift enthält die Umsetzung der Regelung des Artikel 13 Teil B Buchstabe b der 6. USt-RL ins deutsche Umsatzsteuerrecht.
Soweit die Überlassung einer Sportanlage (teilweise) als steuerfreie Grundstücksvermietung beurteilt wird, ist der Vorsteuerabzug aus ihrer Errichtung und Unterhaltung gemäß § 15 Abs. 2 und Abs. 4 UStG (teilweise) ausgeschlossen. Die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erheblichen Regelungen dieser Vorschrift lauten:
„§ 15 …
(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen …. sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:
1. steuerfreie Umsätze
…
(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten …. Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.”
Der erkennende Senat hat Zweifel am Inhalt des Artikel 13 Teil B Buchstabe b der 6. USt-RL und hält deshalb seine Auslegung durch den EuGH für erforderlich. Diese Zweifel ergeben sich insbesondere (1) aus den unterschiedlichen Auffassungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzverwaltung einerseits sowie der überwiegenden Meinung im neueren deutschen Fachschrifttum andererseits, (2) aus der Äußerung der Europäischen Kommission im Schreiben an die Klägerin vom …. Juli 1995 (Bl. 61 FG-Akte) und (3) aus der Tatsache, daß einige Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen in vollem Umfang als steuerpflichtige Umsätze behandeln. Ob die volle Besteuerung in diesen Mitgliedstaaten bereits aufgrund von Artikel 13 Teil B Buchstabe b Satz 1 (in...