Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für Versandhandel im Kaffeesteuerrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine britische Limited, die Kaffee aus dem zollrechtlich freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zum gewerblichen Zweck der Weiterveräußerung im Rahmen von Internetauktionen bezieht, außerhalb des Steuergebietes in Empfang nimmt und nach Deutschland verbringt, ist Schuldnerin der gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KaffeeStG entstehenden Kaffeesteuer.
2. Die Kaffeesteuer entsteht – auch – durch das Verbringen des verpackten Kaffees per Spedition nach Deutschland und die anschließende Versendung von dort aus an die Endabnehmer gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 KaffeeStG
3. Ein Versandhandel i.S. des § 12 KaffeeStG mit der Folge, dass die Empfänger der Kaffeelieferungen Steuerschuldner sind, erfordert einen Versandhändler, der nicht in Deutschland niedergelassen ist.
4. Eine britische Limited ist nicht als Versandhändlerin i. S. d. § 12 Abs. 2 KaffeeStG anzusehen, wenn der Kaffeehandel im Wesentlichen durch den in Deutschland wohnenden und ein Büro unterhaltenden Generalbevollmächtigten betrieben wird.
Normenkette
KaffeeStG § 12 Abs. 2-3, § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2; FGO § 69
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Antragstellerin Schuldnerin von Kaffeesteuer geworden ist.
Die Antragstellerin ist eine „Limited” britischen Rechts und hat ihren Sitz in L. Sie betreibt über das Internet-Auktionshaus X einen Versandhandel mit Kaffee, den sie an private Endkunden in Deutschland liefert. Seit dem 14. August 2007 ist Herr U, wohnhaft in Österreich, Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter. Vor diesem Zeitpunkt war Frau V, wohnhaft in London, Geschäftsführerin. Sie und Herr K waren je zur Hälfte Anteilseigner. Herr K trat für die Antragstellerin auch als Bevollmächtigter auf. Er hatte seinen Wohnsitz in O (Deutschland) und unterhielt dort ein Büro, von dem aus das Kaffeegeschäft im Wesentlichen abgewickelt wurde.
Die Klägerin bot über X Großbritannien Kaffee zum Verkauf an. In den Angeboten war als Artikelstandort jeweils Deutschland angegeben. Als Bankverbindung war u. a. das Konto Nr. XY bei der Y-Bank angegeben. Dieses war teilweise auch auf den Rechnungen an die Kunden genannt. Außerdem war auf den Rechnungen deutsche Umsatzsteuer ausgewiesen.
Der verkaufte Kaffee stammte aus Italien und wurde über ein Zwischenlager in Österreich per Lkw nach Deutschland gebracht, wo er schließlich per Post an die Kunden versandt wurde. Dieses Zwischenlager befand sich von Dezember 2006 bis Ende Juli 2007 in R in den Räumlichkeiten der Firma I, die die Pakete verpackte und adressierte. Von R aus wurden die Päckchen in Sammeltransporten nach Deutschland gebracht (u. a. von der Fa. F GmbH Niederlassung W in das F-Lager in W). Anschließend wurden sie zum Postverteilzentrum der E in G gebracht und von dort an die Endabnehmer in Deutschland weiter versandt. Seit Ende August 2007 hatte die Antragstellerin bei der Firma Z in A eine Lagerhalle gemietet, wo der Kaffee ebenfalls in versandfertige Päckchen verpackt wurde. Herr K organisierte für die Antragstellerin den Versand der Pakete und war auch Adressat des Angebotes über die Installation des Online-Systems zur Abwicklung der Geschäftstätigkeit der Antragstellerin.
Die Antragstellerin unterhielt ab dem 11. April 2006 das Konto Nr. XY bei der Y-Bank. Dieses Konto benutzte die Antragstellerin als Firmenkonto und wickelte darüber den Zahlungsverkehr aus den Kaffeeverkäufen ab. Die Kontoauszüge wurden bis Mitte November 2006 an Herrn K in O gesandt. Zudem wurde mit ihm der wesentliche Inhalt des Kontovertrages erörtert und die Ausfertigung der Bestätigung für die Kontoeröffnung an ihn übergeben (vgl. Bestätigung der Eröffnung eines Girokontos vom 11. April 2006 und Auskunft der Y-Bank vom 27. Juli 2007). Außerdem hatte Herr K Kontovollmacht über sämtliche bestehenden und künftigen Konten der Antragstellerin bei der Y-Bank (vgl. Kontovollmachten vom 10. April 2006 und vom 16. Mai 2007) und war seit 18. April 2006 in gleichem Umfang zum Online-Banking berechtigt, da die Antragstellerin dieses nicht selbst nutzte (vgl. Vereinbarungen über die Nutzung des Online-Banking vom 1. September 2006 und vom 18. April 2006). Vom 21. Juli 2006 bis zum 16. Mai 2007 hatte auch Frau B in O Kontovollmacht für das Konto der Antragstellerin.
Die Antragstellerin war beim Finanzamt H als Steuerpflichtige für Umsatzsteuer erfasst und hatte eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Herr K war dort als Empfangsbevollmächtigter für die Antragstellerin registriert.
Auch nach der Übertragung der Gesellschaftsanteile an Herrn U zum 14. August 2007 trat Herr K für die Antragstellerin auf. Nach den Angaben von Herrn P (Y-Bank) beim Zollfahndungsamt M wurden die Grunddaten des Kontovertrages vom 26. April 2006 bis Anfang Januar 2008 nicht geändert, so dass Herr K weiterhin die alleinige Kontovollmacht hatte (vgl. Vernehmungsniederschrift v...