rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung bei rückwirkender Geltung der geänderten Bestimmung zum „Abfluss” langfristiger Miet- bzw. Pachtvorauszahlungen. Gestaltungsmissbrauch bei langfristigem Pachtvertrag und Pachtvorauszahlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der durch Richtlinien-Umsetzungsgesetz vom 9.12.2004 neu eingefügte § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG, wonach für mehr als fünf Jahre im Voraus geleistete Vorauszahlungen für eine Nutzungsüberlassung auf den „Vorauszahlungszeitraum” zu verteilen sind, nicht insoweit gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt, als in § 52 Abs. 30 EStG 2004 die Anwendung der Neuregelung für vor dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung am 9.12.2004 geleistete Vorauszahlungen (ab dem 1.1.2004) angeordnet wird.
2. Ein auf 15 Jahre abgeschlossener Grundstückspachtvertrag ist nicht gestaltungsmissbräuchlich i.S. von § 42 AO, wenn zwar die monatlich vereinbarte, auf Selbstkostenbasis berechnete Pacht mit dem Nominalbetrag, ohne Abzinsung im Voraus zu leisten ist, wenn aber der Pächter deswegen für die letzten 1,5 Jahre der Pachtlaufzeit keine Pacht mehr zu zahlen hat, eine Erhöhung des Pachtzinses ausgeschlossen ist und der Pächter dadurch für einen langen Zeitraum Planungssicherheit hat.
Normenkette
EStG 2004 § 11 Abs. 2 Sätze 3-4, § 52 Abs. 30; GG Art. 20 Abs. 3; AO 1977 § 42
Tenor
1. Die Vollziehung des angefochtenen Feststellungsbescheids 2004 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens mit der Maßgabe ausgesetzt, dass vorläufig von einem Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 507.843,00 EUR auszugehen ist, der Herrn X mit ./. 355.490,10 EUR und Frau Y mit ./. 152.352,90 EUR zuzurechnen ist.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie wurde am 30. Oktober 2004 mit dem Zweck gegründet, Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken zu erzielen. Am 5. November 2004 schloss sie Pachtverträge über zwei Grundstücke in B und P mit der Z GmbH & Co. KG ab. Die dort zu errichtenden Gebäude waren ebenfalls Gegenstand der Pachtverträge. Die Vertragslaufzeit betrug jeweils 15 Jahre und begann am 1. November 2004 respektive 1. Dezember 2004. In beiden Verträgen wurden feste monatliche Pachtzinsen für die gesamte Laufzeit vereinbart, die auf der Basis einer Selbstkostenpacht errechnet worden waren. Es wurde vereinbart, dass die Antragstellerin Vorauszahlungen auf die geschuldete Pacht für die Dauer von 13,5 Jahren leisten würde. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Verträge Bezug genommen. Die Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 507.843 EUR wurden am 23. bzw. 27. Dezember 2004 vom Konto der Antragstellerin abgebucht. Die Antragstellerin beantragte in ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung, die Vorauszahlungen im vollen Umfang im Streitjahr als Werbungskosten abzuziehen. Dem folgte das Finanzamt nicht. Es verteilte die Pachtzahlungen nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG auf die Vertragslaufzeiten und ließ sie im Streitjahr nur zeitanteilig zum Abzug zu. Über den hiergegen eingelegten Einspruch wurde noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
- die Vollziehung des Feststellungsbescheides für 2004 vom 17. Oktober 2006 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit mit der Maßgabe auszusetzen, dass vorläufig von einem Verlust in Höhe von ./. 507.843 EUR auszugehen ist,
- eine Sicherheitsleistung auszuschließen.
Das Finanzamt beantragt, den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist begründet.
An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen ernsthafte Zweifel im Sinn von § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO. Die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei überschlägiger Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (BFH-Beschluss vom 18. Mai 2001 VIII B 25/01, BFH/NV 2001, 1119). Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ergeben sich aus der rückwirkenden Geltung des zugrundeliegenden Gesetzes.
1. Die Antragstellerin leistete im Dezember 2004 entsprechend den von ihr abgeschlossenen Pachtverträgen für 13,5 Jah...