Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Verletzung des Steuergeheimnisses
Leitsatz (redaktionell)
Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Verletzung des Steuergeheimnisses kann gegeben sein, wenn die Rechtsverletzung möglich erscheint und der Steuerpflichtige allein durch die Feststellung in die Lage versetzt wird, eine gewisse Genugtuung für erlittenes Unrecht zu erlangen.
Normenkette
AO § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a; FGO § 41 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Beklagte das Steuergeheimnis verletzt hat.
Der Kl ist ehemaliger Finanzbeamter, der in den Streitjahren 1997-1999 Versorgungsbezüge erhielt. Mit Urteil vom 12. August 2004 im Verfahren 1 K 4183/03 wurde seine Klage i.S. Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag der Jahre 1997-1999, bei der es hauptsächlich um die Frage der Anerkennung von Verlusten aus Gewerbebetrieb (Hausverwaltung) ging, als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil vom 12. August 2004 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wurde vom Kläger (Kl) Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die mit Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. März 2005 (Aktenzeichen: X B 168/04) als unzulässig verworfen wurde. Wie sich aus diesem Beschluss ergibt, hatte der Kl in dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde u.a. geltend gemacht, dass die angefochtenen Steueränderungsbescheide (vom 18. April 2001) nichtig seien, weil er im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe geschäftsunfähig und damit prozessunfähig gewesen sei. In dem Beschluss ist ferner vermerkt, dass der Kl seinen Vortrag durch ein psychologisches Gutachten vom 24. September 2004 belegt hatte, das auf Testuntersuchungen in der Zeit vom 1. September bis 18. September 2004 und vorgelegten Befundberichten beruhte. Zu diesen habe ein Gutachten vom 27. Juli 2004 aus dem Scheidungsverfahren des Kl gehört, worin die Prozessunfähigkeit des Kl nicht bestätigt worden sei.
Außerdem wird im BFH-Beschluss vom 22. März 2005 darauf hingewiesen, dass der Kl auf Anfrage bestätigt habe, dass er nicht unter Betreuung stehe und seine Bestellung zum Steuerberater (seit 29. Juni 2004) ansonsten auch nicht möglich gewesen sei.
Im vorliegenden Klageverfahren wird geltend gemacht, dass der Beklagte (das Finanzamt -FA-) das aus dem Scheidungsverfahren stammende Gutachten vom 27. Juli 2004 im Verfahren vor dem BFH illegal vorgelegt habe. Ferner sei die (seit 22. November 2001) geschiedene Ehefrau des Kl zu diesem Verfahren unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 60 Finanzgerichtsordnung (FGO) hinzugezogen worden.
Hierdurch seien dem Familiengericht im Rahmen einer Klage gem. § 578 Abs. 1 i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) Verhältnisse des Kl (seine Bestellung zum Steuerberater) unter Verstoß gegen die Grundsätze der Wahrung des Steuergeheimnisses i.S. des § 30 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zur Kenntnis gelangt, was unmittelbar die Klageabweisung durch das Familiengericht zur Folge gehabt habe.
Außerdem habe das FA dem Kl eine Titelanmaßung dadurch angelastet, dass es sich bei der Steuerberaterkammer in B telefonisch über die Zulassung zum Steuerberater erkundigt habe. Der richtige Weg wäre die Anforderung der Bestellungsurkunde gewesen.
Aufgrund der Verletzung des Steuergeheimnisses durch das FA sei dem Kl ein Schaden in Form des rechtskräftig gewordenen Versorgungsausgleichs entstanden, der mit monatlich 952 EUR zu Buche schlage. Insoweit wolle er gegenüber dem FA Schadensersatz geltend machen und die groben Verletzungen gegen die Bestimmungen der AO strafrechtlich ahnden lassen.
Das FA vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Feststellungsklage unzulässig sei, da das erforderliche Feststellungsinteresse nicht schlüssig vorgetragen worden sei. Darüber hinaus liege eine Verletzung des Steuergeheimnisses offensichtlich nicht vor, weil die Hinzuziehung bzw. Beiladung der geschiedenen Ehefrau im Rahmen und unter Wahrung der verfahrensrechtlichen Vorschriften erfolgt sei. In der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2005 konnte die Vertreterin des FA anhand der Akten weder feststellen, dass das FA das Gutachten vom 27. Juli 2004 dem BFH überlassen hat, noch dass die Ehefrau des Kl zum Verfahren des BFH (Aktenzeichen X B 168/04) beigeladen worden ist.
Mit Beschluss des Senats vom 21. Oktober 2005 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Der Kl beantragt,
festzustellen, dass das FA im Beschwerdeverfahren X B 168/04 vor dem BFH über die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 12. August 2004 (1 K 4183/03) das Gutachten vom 27. Juli 2004 unter Verstoß gegen die Vorschriften zur Wahrung des Steuergeheimnisses (unbefugte Offenbarung i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 a AO i.V. mit § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Strafgesetzbuch) vorgelegt hat.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Während der mündlichen Verhandlung am ...