Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1991, 1992
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 20.08.1998; Aktenzeichen V R 6/96) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragt der Kläger.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger (Kl) mit der Überführung von Leichen nach Jugoslawien umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen erbracht hat.
In den Streitjahren überführte der Kl ausschließlich Leichen nach Jugoslawien. Diese Umsätze wurden in den Voranmeldungen als steuerfrei nach § 4 Nr. 1–6 Umsatzsteuergesetz (UStG) erklärt.
Beim Kl fand in der Zeit vom 29.3.–12.5.1993 eine Umsatzsteuerprüfung statt (Bericht vom 24.5.1993).
Der Prüfer stellte fest, daß der Verkauf der Särge, die Sargausstattung, Einsargung der Leiche und deren Überführung nach Jugoslawien als einheitliche sonstige Leistung zu beurteilen sei, die gemäß § 3 a Abs. 1 UStG an dem Ort ausgeführt werde, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibe. Die Umsätze seien danach im Inland steuerpflichtig.
Die Prüfungsfeststellungen wurden vom FA jeweils durch eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung berücksichtigt.
Die USt 1991 wurde nach Eingang von Steuererklärungen mit geändertem Bescheid vom 8.9.1994 auf ./. 1.363,00 DM, die USt 1992 mit geändertem Bescheid vom 8.9.1994 auf 15.365,00 DM festgesetzt.
Nach erfolglosem Einspruch trägt der Kl vor:
Unternehmensgegenstand sei die Überführung von Leichen in das ehemalige Jugoslawien. Die Besorgung der für die Überführung notwendigen Formalitäten teile das Schicksal der Hauptleistung, denn der Wille der Vertragspartner sei eindeutig die Durchführung der Überführung der Leiche. Mit der Einsargung habe er nichts zu tun. Es liege keine einheitliche sonstige Leistung vor. Vielmehr stünden sich zwei abgrenzbare Leistungen gleichwertig gegenüber.
Zum einen sei in der Beschaffung des Sarges und der Sterbewäsche eine Lieferung zu sehen. Die Einsargung teile das Schicksal der Hauptleistung „Lieferung”. Da der Gegenstand der Lieferung ins Ausland gelange, liege eine steuerfreie Ausfuhrlieferung gemäß § 4 Nr. 1 UStG vor.
Zum anderen sei eine Beförderungleistung gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 2 UStG gegeben, die nur steuerpflichtig sei, soweit die Beförderung auf das Inland entfalle.
Der Kl beantragt,
unter Aufhebung der geänderten USt-Bescheide 1991 und 1992 vom 8.9.1994 und der EE die USt für 1991 und 1992 auf je 0 DM festzusetzen; hilfsweise, daß die Teilleistung der Beförderung nach § 4 Nr. 3a UStG steuerfrei bleibt.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Tätigkeit des Kl in den Streitjahren sei als einheitliche sonstige Leistung zu beurteilen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Akten des FA, die FG-Akten 3 K 3532/94 und 3 V … (AdV in derselben Sache) sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Umsatzsteuer (USt) unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG). Eine sonstige Leistung wird an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3 a Abs. 1 Satz 1 UStG).
Der Kl betreibt in M. das Unternehmen „B.” In den Streitjahren überführte der Kl ausschließlich Leichen nach Jugoslawien. Verträge zwischen den Auftraggebern und dem Kl liegen dem Gericht nicht vor. Aus den in Ablichtung vorliegenden Rechnungen ergibt sich, daß der Kl ein Bündel von Lieferungen und sonstigen Leistungen erbringt, regelmäßig die Beschaffung eines Zinksarges und eines Holzsarges sowie der Sargausstattung, die Abwicklung der erforderlichen Formalitäten sowie die Überführung mit dem Pkw nach Jugoslawien.
Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung können Leistungsvorgänge, die bei Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine Einheit darstellen, nicht mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung in einzelne Bestandteile zerlegt werden (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.1966 V 19/64, BStBl III 1967, 132 m.w.N.). Die Judikatur stellt beim Einheitsprinzip auf den wirklichen Willen der Beteiligten ab und berücksichtigt dabei die Branchenüblichkeit. Wer im Regelfall Leistungen bestimmter Art nicht erbringt, kann diese von regelmäßig erbrachten Leistungen trennen, wenn er ausnahmsweise auf Verlangen des Kunden die Zusatzleistung übernimmt. Maßgebend sind die Gesamtumstände. Die Einheitlichkeit des Angebots und die Zeitdifferenz zwischen den Ausführungen einzelner Leistungshandlungen können als Indizien berücksichtigt werden (Rau-Dürrwächter-Flick-Geist, UStG, Kommentar, Rz. 86 zu § 3).
Der Kl hat in den Streitjahren ausschließlich Leichen nach Jugoslawien überführt. Die Rechnungen enthalten regelmäßig die Positionen Zinksarg, Holzsarg, Sargausstattung, Bearbeitungsgebühr, überführungskosten. Im Jahr 1991 kam noch eine Gebühr für die Einsargung hinzu. Das Verhältnis überführungskosten zum Ge...