Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuflusszeitpunkt geldwerter Vorteile bei im Rahmen von Darlehensverträgen vereinbarten Aktienoptionen. Entgelt für die Veräußerung der Optionsrechte an Dritte als Arbeitslohn. Einkommensteuer 1999. Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
1. Räumt ein Arbeitgeber in Zusammenhang mit der Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens ein nicht handelbares Recht zur Wandelung des Darlehens in Aktien ein, fließt der geldwerte Vorteil im Unterschied zu Wandelschuldverschreibungen erst durch Ausübung des Optionsrechts zu.
2. Wird ein Teil der Optionsrechte nicht ausgeübt, sondern nach Ablauf der Sperrfrist an Dritte veräußert, ist das daraus bezogene Entgelt den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 19a Abs. 2 S. 8, §§ 8, 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 18.8.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.2.2001 wird in der Weise geändert, dass die Einkommensteuer auf 1.759.706 DM = 899.723,39 EUR herabgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kl zu 96 % und der Beklagte zu 4 %.
3. Soweit der Beklagte die Kosten trägt, ist das Urteil für die Kl vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kl die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kl vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Zufluss von Arbeitslohn durch Gewährung und Verwertung von Aktienoptionsrechten im Zusammenhang von Wandeldarlehen der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber.
Die Kläger (Kl) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie erzielten im Streitjahr (1999) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Am 24.10.1997 hatte der Kl mit seiner Arbeitgeberin, der am 30.10.1997 erstmals mit einem Gründungskapital von zunächst 10 Millionen DM an der Börse eingeführten Firma … AG (im Folgenden: X-AG), einen Darlehensvertrag über ein der X-AG zu gewährendes Darlehen in Höhe von 7.500 DM geschlossen (Rechtsbehelfs-Akte 1999 Bl 25). Dieses war mit jährlich 2 % zu verzinsen und spätestens nach 10 Jahren (28.10.2007) zurückzuzahlen. Gem. § 5 des Darlehensvertrages war der Darlehensgeber berechtigt, von dem gewährten Darlehen je 5 DM Darlehensteilbetrag in eine Aktie der Gesellschaft im Nennbetrag von gleichfalls 5 DM zu wandeln. Im Falle der Ausübung des Umtauschrechts war ferner eine Barzuzahlung in Höhe des Wandelungspreises, verringert um den Nennbetrag des umzutauschenden Darlehens zu leisten, wobei zur Ermittlung des geltenden Wandelungspreises der Emissionskurs der Aktie um 5 % p.a. zu erhöhen war. Das Wandelungsrecht konnte erstmals am 28.10.1999 für höchstens 50 % der zu beziehenden Aktien ausgeübt werden, für den Rest frühestens am 28.10.2001 (§ 6 des Darlehensvertrages). Die Rechte aus diesem Vertrag durften ursprünglich nur ausnahmsweise mit Zustimmung der X-AG und nur zu Sicherungszwecken an Dritte abgetreten werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 14.10.1992 Bezug genommen.
Die Hauptversammlung der X-AG hatte am 17.9.1997 beschlossen, den Vorstand zu ermächtigen, bis 28.10.1997 mit 2 % verzinsliche auf den Inhaber lautende Wandelschuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu 750.000 DM zu begeben und diese dem Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft sowie allen Arbeitnehmern der X-AG und der mit ihr verbundenen Unternehmen anzubieten (vgl. Geschäftsbericht der X-AG für das Jahr 1997 und Schriftsatz der Klägervertreter vom 28.12.2001). Daraufhin beschloss der Vorstand am 10.10.1997 die Ausgabe von Inhaber-Wandelschuldverschreibungen im Gesamtbetrag von 620.000 DM (Zustimmung des Aufsichtsrates vom 13.10.1997). In dieser Höhe wurden in der Zeit bis 28.10.1997 Wandelungsdarlehensverträge abgeschlossen und die Darlehensbeträge auf ein Konto der Gesellschaft eingezahlt. Wandelschuldverschreibungen wurden nicht ausgegeben. Neben dem Kl haben außer den Vorstandsmitgliedern noch mindestens 30 weitere Mitarbeiter der X-AG derartige Darlehensverträge abgeschlossen (vgl. die von den Prozessbevollmächtigten im Rahmen eines Lohnsteuerauskunftsverfahrens mit Schreiben vom 11.4.2000 dem für die X-AG zuständigen Finanzamt … überlassene Auflistung).
Unter dem Datum des 18.12.1997 schlossen der Kl und X-AG eine Zusatzvereinbarung zum Darlehensvertrag. Danach wurde § 4 des Darlehensvertrages dahingehend geändert, dass der Kl berechtigt sein sollte, Rechte und Ansprüche aus dem Darlehen an Dritte abzutreten. Er war lediglich verpflichtet, die X-AG darüber vorab zu informieren.
Nach den im Zuge eines Änderungsantrags zur Veranlagung 1997 vorgelegten Unterlagen hatte der Kl einen Teilbetrag des Darlehens (750 DM) einschließlich der damit verbundenen Wandelungsrechte am 29.10.1999 an das Bankhaus … (im Folgenden: Y-Bank) veräußert. Nach dem Kaufvertrag vom 29.10.1999 (Rech...