Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuer
Nachgehend
Tenor
1. Der Änderungsbescheid vom 13. Dezember 1995 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die kraftfahrzeugsteuerliche Einstufung eines Fahrzeugs ab dem 29. November 1993 und ob das Finanzamt zu einer rückwirkenden Änderung der bisherigen Einstufung als Lkw nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) berechtigt war.
I.
Der Kläger ist seit dem 29. November 1993 Halter des Kraftfahrzeuges (Kfz) Nissan (J) Typ K 160. Das Fahrzeug wird von einem Dieselmotor angetrieben und hat einen Hubraum von 3.224 ccm. Das zulässige Gesamtgewicht beträgt 2.400 kg, Anzahlt der Sitzplätze 5. Das Fahrzeug wurde erstmals am 08. Februar 1984 als „Pkw-Kombi –geschlossen–” zum Verkehr zugelassen und dementsprechend als Pkw besteuert. Vor der Zulassung am 29. November 1993 auf den Kläger wurde die Fahrzeugart von „Pkw-Kombi geschlossen” in Lkw geschlossener Kasten im Kfz-Brief vom TÜV verändert eingetragen und die Nutzlast mit 360 kg vermerkt. Die Anzahl der Sitzplätze wurde auf 2 vermindert. Das Fahrzeug, dessen sämtliche Seitenfenster weiterhin verglast blieben, wurde entsprechend dieser verkehrsrechtlichen Einstufung im automatisierten Verfahren als Lkw nach dem zulässigen Gesamtgewicht besteuert.
Ende 1995 stellte der Beklagte, das Finanzamt aufgrund einer Überprüfung erstmals fest, daß es sich um einen sog. Umbaufall gehandelt hatte, der zu der verkehrstechnischen Einstufung als Lkw geführt hatte. Aufgrund der nach seiner Auffassung nur geringen Veränderungen (Entfernen der Rücksitzbank und der hinteren Sicherheitsgurte, Anbringung einer Schutzvorrichtung gegen das Eindringen von Ladungsteilen usw. lt. Auflage des TÜV) sah es die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung des Kfz als Lkw nicht als erfüllt an. Es besteuerte das Fahrzeug mit Bescheid vom 13. Dezember 1995 gem. § 173 Abs. 1 AO rückwirkend ab dem 20. November 1993 als Pkw (Bl. 5 FA-Akte).
Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung –EE– vom 15. Mai 1996, Bl. 15 ff FA-Akte).
Mit der Klage trägt der Kläger vor, daß sein Fahrzeug ein Lkw sei. Es sei seinerzeit entsprechend den Anforderungen des Finanzamts vom 13. Juli 1995 (Bl. 2 FA-Akte) umgebaut worden. Das Fahrzeug sei nur zur Beförderung von Werkzeug, Material, Maschinen usw. angeschafft worden. Eine plötzliche Umstufung des Fahrzeugs und dann auch noch rückwirkend könne nicht möglich sein, zumal er vorher telefonisch sich beim Finanzamt nach den Voraussetzungen für eine steuerliche Anerkennung des Fahrzeugs als Lkw erkundet habe.
Der Kläger beantragt,
den Kraftfahrzeugsteuer (KraftSt)-Änderungsbescheid vom 13. Dezember 1995 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt
Klageabweisung,
hilfsweise die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zuzulassen.
Die im Beschluß vom 04. September 1996 (Az.: 4 V 2398/96) geäußerte Annahme des Senats, bis zum Ergehen der Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) München vom 29. November 1993 S 6104 – 8/4 St 351 sei für die Finanzämter grundsätzlich die Feststellung der Fahrzeugart durch die Zulassungsstellen (ZulSt) aufgrund der Einschaltung des TÜV maßgeblich gewesen, sei nicht zutreffend. Der verkehrsrechtlichen Zuordnung werde zwar von den Finanzämtern in der Regel auch kraftfahrzeugsteuerlich gefolgt, die Finanzämter seien aber nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung an die verkehrsrechtliche Einstufung nicht gebunden und somit berechtigt und verpflichtet, gegebenenfalls eigenständig zu prüfen, ob der verkehrsrechtlichen Einstufung auch kraftfahrzeugsteuerlich gefolgt werden könne.
Anweisungen (OFD-Verfügungen oder Ländererlasse), in allen Fällen der Besteuerung die verkehrsrechtliche Einstufung zugrundezulegen, seien nicht ergangen. Ebenso habe zum Problem der kraftfahrzeugsteuerlichen Einstufung als Pkw oder Lkw keine Rechtsprechung vorgelegen. Eine einheitliche Verwaltungsauffassung dazu habe sich in der Vergangenheit nicht herausgebildet. Es sei aber schon seit jeher Verwaltungsauffassung gewesen, daß für die kraftfahrzeugsteuerliche Abgrenzung Pkw/Lkw in erster Linie die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs (Bauart, Einrichtung, Gesamtbild) maßgeblich sei. Im hier zu entscheidenden Fall, wäre bei einem Bekanntsein des tatsächlichen Fahrzeugzustandes, schon wegen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h und der geringen Nutzlast von 360 kg, keine Lkw-Besteuerung durchgeführt worden, sondern das Fahrzeug als Pkw besteuert worden.
Es stehe somit entgegen der Auffassung im FG-Beschluß vom 04. September 1996 nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, daß die Fi...