Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzlich keine Bereicherung des Zwischenerwerbers bei Kettenschenkungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein zwischengeschalteter Dritter, der den geschenkten Gegenstand sogleich weiterschenkt, ist schenkungsteuerrechtlich grundsätzlich nicht bereichert.
2. Die Ausrichtung des Erbschafts- und Schenkungsteuerrechts auf das Zivilrecht schließt es nicht aus, dass zivilrechtlich zwei unentgeltliche Zuwendungen vorliegen, schenkungsteuerrechtlich aber der Zwischenerwerb unbeachtlich ist, weil der zwischengeschaltete Dritte schenkungsteuerrechtlich nicht bereichert ist.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. April 2010 (Urkundsnr. S 0630 des Notars …) schenkten … Eltern ihre Miteigentumsanteile zu jeweils ½ am Grundstück …, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, ihrem Sohn zu dessen Alleineigentum. Die Vertragsparteien erklärten die Auflassung, deren Eintragung die Eltern bewilligten. Auf die Eintragung einer Auflassungsvormerkung wurde verzichtet. Im Übrigen nimmt der Senat auf diese Urkunde Bezug (Bl. 9 bis 12 der Behördenakte).
Mit darauffolgender Urkundsnr. S 0631 vom gleichen Tag übertrug der Sohn einen Miteigentumsanteil zu ½ des soeben überlassenen Grundstücks an seine mit ihm im gesetzlichen Ehestand lebende Ehefrau, die Klägerin. Der Sohn und die Klägerin sollten, soweit möglich, unmittelbar als Miteigentümer eingetragen werden. Die Überlassung erfolgte unentgeltlich und unter der „Auflage”, dass der Sohn im Falle der Scheidung der Ehe die Rückübertragung des Zuwendungsobjekt verlangen kann. Hinsichtlich des weiteren Inhalts verweist der Senat auf diese Urkunde (Bl. 13 bis 16 der Behördenakte).
Der Sohn und die Klägerin waren bereits vor diesen Verträgen im März 2010 in die Doppelhaushälfte eingezogen.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) beurteilte diese Vorgänge als Schenkungen der Eltern an den Sohn und an die Klägerin als Miteigentümer je zur Hälfte. Dementsprechend setzte das FA mit Bescheiden vom 9. November 2010 die Schenkungsteuer aus Erwerben der Klägerin von den Eltern auf jeweils 2.625 EUR fest. Hierbei wurde der anteilige Grundbesitzwert (jeweils ¼) – vorerst bis zum Vorliegen des entsprechenden Feststellungsbescheids gem. § 151 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes – mit 37.500,– EUR nach § 162 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) geschätzt.
Gegen diese Steuerfestsetzungen legte die Klägerin am 1. Dezember 2010 Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidungen vom 3. Januar 2011 als unbegründet zurückwies. Das FA führte Folgendes zur Begründung aus: Zivilrechtlich habe nur der Sohn der Klägerin den Miteigentumsanteil zuwenden können. Steuerrechtlich sei jedoch in Bezug auf den weiter gereichten Miteigentumsanteil dieser Durchgangserwerb unbeachtlich. Schenkungsteuer-rechtlich fehle es dann an einer Bereicherung, wenn jemand als Durchgangsperson zwar eine Zuwendung erhalte, er aber anschließend das Erworbene aufgrund einer bestehenden Vereinbarung an einen Dritten weitergebe. In einem so gelagerten Fall sei schenkungsteuer-rechtlich von einer Zuwendung des Schenkers unmittelbar an den Dritten auszugehen. Maßgebend für diese Beurteilung sei, ob der zunächst Bedachte nach dem Gesamtplan und den subjektiven Vorstellungen der Beteiligten eine eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung des übertragenen Vermögensgegenstandes gehabt habe (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. März 2005 II R 54/03, BFHE 208, 447, BStBl II 2005, 412). Dabei seien neben der individuellen vertraglichen Gestaltung auch die mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Beteiligten zu berücksichtigen. Ein Gesamtplan liege vor, wenn aus objektiven Umständen auf das Vorliegen der Absicht geschlossen werden könne. Auch wenn vorliegend die Ersturkunde keine schriftliche Weitergabeverpflichtung an die Klägerin enthalte, so ergebe sich dennoch aus den Umständen, dass ein einheitlicher Gesamtplan vorläge, nach welchem die Klägerin Miteigentümerin am übergebenen Grundstück habe werden sollen. Indiz für das Vorliegen eines entsprechenden Plans sei vorliegend die enge zeitliche Verbindung beider Verträge. Darüber hinaus bestehe zwischen den Beteiligten eine enge persönliche Beziehung. Die Schenker seien die Schwiegereltern, der Zwischenerwerber sei der Ehemann der Klägerin. Aufgrund dieser familiären Beziehung untereinander sei die Planung und Durchsetzbarkeit in zwei Schritten möglich. Hinzu komme, dass die für das Institut der unbenannten ehebedingten Zuwendung geltenden zivilrechtlichen Regelungen auch auf unmittelbare Zuwendungen der Schwiegereltern an das Schwiegerkind Anwendung fänden. Insoweit unterschieden sich die Rechtsfolgen eines Direkterwerbs der Klägerin von den Schwiegereltern ...