Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeld bei Freistellung für Spitzensport während der Ausbildung
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch wenn das Ausbildungsverhältnis fortbesteht, die Bezüge fortgezahlt werden, Dienstunfallschutz besteht und das Kind an drei Tagen in der Dienststelle ausgebildet wird, fehlt es während der Freistellung für Spitzensport an einem ernsthaften und nachhaltigen Betreiben der Ausbildung.
2. Training und Wettkämpfe habe keinen Ausbildungscharakter, da die damit erworbenen Kenntnisse keinen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweisen und weder Ausbildungsinhalt noch Ausbildungsziel vorgegeben werden.
3. Nur drei Präsenztage in acht Monaten der Freistellung stellen sich als Ausbildungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung dar.
4. Es handelt sich zwar nur um eine vorübergehende Unterbrechung der Ausbildung, ein Kindergeldanspruch besteht aber auch deshalb nicht, weil die Freistellung auf einem eigenen Entschluss des Kindes beruhte.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Anspruch auf Kindergeld für A, geboren am …, für Februar bis September 2018.
Die Klägerin stellte mit E-Mail an die beklagte Familienkasse (FK) vom 6. Oktober 2017 die Frage, ob ein Kindergeldanspruch für A bestehe, und fügte als Anlage eine Ausbildungsbescheinigung der Bereitschaftspolizeiabteilung vom 28. März 2017 bei. Danach hatte A (als Angehöriger der Spitzensportförderung der Bayerischen Polizei) mehrere Ausbildungsabschnitte zu durchlaufen (nämlich vom 15. September 2016 bis zum 31. Januar 2017, vom 1. Oktober 2017 bis zum 31. Januar 2018, vom 1. Oktober 2018 bis zum 31. Januar 2019, vom 1. Oktober 2019 bis zum 31. Januar 2020 sowie vom 1. September 2020 bis zum 31. Januar 2021), zwischen denen er für Training und Wettkämpfe freigestellt sei. Weiter legte die Klägerin ein Schreiben der … (ausländische Behörde) vom 7. April 2017 bei, wonach dem Kindesvater ausländische Familienleistungen für A von September 2016 bis Januar 2017, jeweils Oktober bis Januar ab 2017 bis 2020 und September 2020 bis Oktober 2020 gewährt werden.
Der ausgefüllte Vordruck für den Antrag auf Kindergeld für A ging am 28. Juni 2018 bei der FK ein.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2018 lehnte die FK den Antrag der Klägerin „vom 28. Juni 2018” auf Kindergeld für A ab Dezember 2017 ab. Deutsches Kindergeld sei nachrangig und nur in Höhe des Unterschiedsbetrags zu den ausländischen Leistungen zu gewähren. Der Betrag der ausländischen Leistungen erreiche der Höhe nach das der Klägerin zustehende Kindergeld, so dass eine Zahlung ausgeschlossen sei.
Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Die ausländischen Leistungen erreichten nicht die Höhe des zustehenden Kindergeldes, denn im Ausland seien lediglich von September 2016 bis Januar 2017 und von Oktober 2017 bis Januar 2018 Familienleistungen gezahlt worden.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2018). Zur Begründung führt die FK aus, für A bestehe zugleich im Ausland ein Anspruch auf Kindergeld. Die Konkurrenz sei nach Art. 67, 68 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004, Amtsblatt der Europäischen Union – ABlEU – 2004 Nr. L 166, S. 1) und der hierzu ergangenen Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 987/2009, ABlEU 2009 Nr. L 284, S. 1) aufzulösen. A lebe in Deutschland, der Kindesvater übe im Ausland eine Erwerbstätigkeit aus. Die Klägerin übe keine Erwerbstätigkeit aus. Der Kindergeldanspruch im Beschäftigungsland des Kindesvaters sei deshalb gegenüber dem deutschen Kindergeldanspruch vorrangig.
Der Betrag der ausländischen Familienleistungen sei höher als das deutsche Kindergeld von 194 EUR. Somit sei kein Differenzkindergeld zu zahlen.
Soweit die Klägerin geltend mache, dass von Februar bis September 2018 keine Familienleistungen im Ausland bewilligt worden seien, befinde sich A in diesen Monaten nicht in einer berücksichtigungsfähigen Ausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG), da er von der Ausbildung freigestellt sei. Eine Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liege ebenso wenig vor, da der Zeitraum der Freistellung mehr als vier Monate betrage.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2019 lehnte die FK den Antrag der Klägerin auf Kindergeld für A für Februar bis September 2017 ab. In dieser Zeit sei A von der Ausbildung freigestellt gewesen. Ein berücksichtigungsfähiger Tatbestand liege nicht vor.
Am 16. Januar 2019 erhob die Klägerin Klage wegen Kinderg...