Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO bei Nichtberücksichtigung einer Einzahlung in die Kapitalrücklage im Rahmen der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Unrichtigkeit ist nur dann durch ein mechanisches Versehen entstanden und damit i. S. v. § 129 AO offenbar, wenn ein Fehler auf der Hand liegt, also durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist.
2. Daran fehlt es im Falle einer nicht in die Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos übernommenen, jedoch aus dem eingereichten Jahresabschluss nebst Erläuterungen erkennbaren Einzahlung in die Kapitalrücklage jedenfalls dann, wenn die Einzahlung teilweise in fremder Währung (hier Schweizer Franken) vorgenommen worden und daher ihr zutreffender Wert nicht ohne weiteres erkennbar ist.
Normenkette
AO § 129; KStG § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3; HGB § 272 Abs. 2 Nr. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG nach § 129 AO, hilfsweise nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, zu korrigieren ist.
Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in E, die beim beklagten Finanzamt (FA) u.a. zur Körperschaftsteuer veranlagt wird. Unternehmensgegenstand der zum 06.04.2010 mit einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründeten Klägerin ist der Betrieb und Bau von Photovoltaikanlagen. Gründungsgesellschafter waren PR und LR mit einem Geschäftsanteil von jeweils 12.500 EUR.
Mit notariellem Vertrag vom 31. August 2012 schlossen PR und LR mit der Klägerin einen Einbringungsvertrag, in dem sie sich verpflichteten, zur Stärkung des Kapitals der Klägerin voll werthaltige Darlehensforderungen gegenüber der R-Grundstücksverwaltungs GmbH in Höhe von 245.000 EUR sowie 100.000 EUR (PR) und 250.000 EUR (LR) unentgeltlich in die Klägerin einzubringen und darüber hinaus mit Wirkung zum 15.09.2012 Geldbeträge in Höhe von CHF 95.000 EUR und 150.000 EUR (PR) sowie 500.000 EUR und CHF 1.200.000 (LR). Die Einlagen sollten als Eigenkapital in Form von Kapitalrücklagen gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 Handelsgesetzbuch (HGB) der Klägerin zugeführt werden.
Mit notariellem Vertrag vom 19.10.2012 übertrugen PR und LR jeweils einen Geschäftsanteil im Nennwert von 6.250 EUR mit Wirkung zum 19.12.2012 unentgeltlich auf ihre Kinder A und B.
Die Körperschaftsteuererklärung für 2012 und die Erklärung zur gesonderten Feststellungen des steuerlichen Einlagenkontos zum 31.12.2012 wurden am 15.05.2014 elektronisch dem FA übermittelt. Der Jahresabschluss zum 31.12.2012 wurde dem FA in Papierform am 15.05.2014 übersandt. Auf Seite 5 des Jahresabschlusses ist unter den Passiva eine Kapitalrücklage i.H.v. 2.315.017,50 EUR ausgewiesen, die nachstehend wie folgt erläutert ist: „Mit Einbringungsvertrag vom 31.08.2012 haben die Gesellschafter PR und LR ihre Darlehensforderungen an die R-Grundstücksverwaltungs GbR in Höhe von EUR 245.000 und EUR 100.000 sowie EUR 250.000 per 15.09.2012 in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB eingebracht. Darüber hinaus wurde die Einbringung von Geldbeträgen von CHF 95.000 (PR) und CHF 1.200.000 (LR) beschlossen. Die Geldbeträge wurden per 25.09.2012 auf ein Girokonto der G-Bank eingezahlt.” Im Umlaufvermögen (Seite 4) ist unter den sonstigen Vermögensgegenständen zum 31.12.2012 „Darlehensforderungen R-Grundstücksverwaltungs GbR” in Höhe von 595.000 EUR (Vorjahr 0 EUR) ausgewiesen, unter Guthaben bei Kreditinstituten ein solches bei der G-Bank, Kto. 10 258.856.200, zum 31.12.2012 i.H.v. 1.072.420,00 EUR (Vorjahr 0 EUR) sowie Guthaben bei der VR Bank E zum 31.12.2012 i.H.v. 500.000 EUR und 150.084,67 EUR (Vorjahr jeweils 0 EUR).
In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos zum 31.12.2012 war ein Bestand zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres von 0 EUR und ein Endbestand zum Schluss des Wirtschaftsjahres in Höhe von 0 EUR angegeben und unter „Festzustellende Beträge” ein steuerliches Einlagenkonto (Endbestand) i.H.v. 0 EUR. Im Rahmen der Veranlagung ist das FA den Angaben der Klägerin gefolgt. Dementsprechend ist im Bescheid vom 03.06.2014 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2012 ein steuerliches Einlagekonto und ein Endbestand zum Schluss des Wirtschafsjahres in Höhe von 0 EUR festgestellt worden.
Mit Schreiben vom 03.06.2015 beantragte die Klägerin die Änderung des Bescheides vom 03.06.2014 nach § 129 AO und die festzustellenden Beträge mit einem Betrag von 2.315.017,50 EUR gemäß dem Einbringungsvertrag vom 31.08.2012 vorzunehmen. Diesen Antrag lehnte das FA mit Verwaltungsakt vom 06.08.2015 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem hilfsweise auch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO b...