Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit bei einem EDV-Berater und Netzwerkspezialisten. Nachweis einer einem Diplominformatiker entsprechenden Vorbildung durch Arbeitsproben. Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens
Leitsatz (redaktionell)
1. Verfügt der Steuerpflichtige nicht über einen Abschluss als Informatiker an einer Hochschule oder Fachhochschule, muss er eine vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung nachweisen. Diesen Nachweis kann er durch Belege über die erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, anhand praktischer Arbeiten oder durch eine Art Wissensprüfung führen. Kann der Steuerpflichtige zehn Jahre nach dem zu beurteilenden Zeitraum keine aussagekräftigen Nachweise mehr vorlegen, geht dies zu seinen Lasten.
2. Vorgelegte Arbeitsproben stellen nur dann geeignete Nachweise für eine einem Diplominformatiker entsprechende Vorbildung dar, wenn sie einen entsprechenden Schwierigkeitsgrad aufweisen und sich zweifelsfrei dem Steuerpflichtigen zuordnen lassen.
3. Ein weiteres Gutachten oder zusätzliche gutachtliche Äußerungen sind nicht deswegen einzuholen, weil der Steuerpflichtige meint, das bereits vorliegende Gutachten sei keine ausreichende Erkenntnisquelle. Entscheidend ist, dass der erkennende Senat das Gutachten für genügend erachtet und es die Bildung einer sicheren Überzeugung ermöglicht.
Normenkette
EStG 1997 § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 15 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO § 82; ZPO § 412 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Strittig ist, ob der Kläger in den Streitjahren als EDV – Berater und Netzwerkspezialist freiberuflich oder gewerblich tätig war.
Der Kläger machte nach der mittleren Reife eine Ausbildung zum Maschinenschlosser. Nach Erlangung der Fachhochschulreife legte er die Meisterprüfung im Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk ab. Seit 1990 arbeitet der Kläger nach seinen Angaben im Bereich der EDV. Im Jahr 1997 bildete er sich bei der A Informationssysteme AG zum Netzwerkspezialisten LAN/WAN fort. Nach seinen Angaben war er in den Streitjahren nahezu ausschließlich für die Bank in B selbständig tätig. Dieses Projekt umfasste laut einer Aufgabenbeschreibung des Klägers die Umstellung der Bank vom reinen Großrechnerbetrieb mit der Hardwarekonfiguration Host auf ein Windows – NT – Domänenmodell mit Schnittstellen zum Betriebssystem OS/ 390. EDV – Schulungen hat der Kläger nach seinen Angaben nur sporadisch durchgeführt, im Streitjahr 1998 an sechs Tagen.
Der Beklagte (das Finanzamt) stufte die Beschäftigung des Klägers als gewerbliche Tätigkeit ein und erließ im Rahmen der Veranlagungsarbeiten 1998 am 08. März 2000 einen Gewerbesteuermessbescheid.
Für das Streitjahr 1999 legte der Kläger auf Anforderung durch das Finanzamt eine Gewerbesteuererklärung vor. Diese wurde dem Gewerbesteuermessbescheid vom 22. August 2001 zu Grunde gelegt.
Gegen beide Gewerbesteuermessbescheide legte der Kläger fristgerecht jeweils Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2002 wurden beide Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der dagegen eingereichten Klage macht der Kläger geltend, er sei in den Streitjahren nicht gewerbesteuerpflichtig, da seine Qualifikation und die Tätigkeit denen eines selbständigen Informatikers entspreche. Er habe sich in Breite und Tiefe Kenntnisse angeeignet, die denjenigen eines an der Fachhochschule ausgebildeten Informatikers entsprächen. Das von der Gesellschaft für Informatik zusammengestellte Wissen eines in der Wirtschaft und Verwaltung tätigen Informatikers habe er durch seine Ausbildungen, seine selbst durchgeführten Seminare und durch praktische Tätigkeiten sowie durch sein ergänzendes Selbststudium erworben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 30. Dezember 2002 und 30. Juli 2007 mit Anlagen verwiesen.
Seine konkrete Tätigkeit in den Streitjahren sei stets anspruchsvoll und komplex gewesen, das Vorgehen ingenieurmäßig. Dies dokumentierten die vorgelegte Projektbeschreibung und Arbeitsprobe. Er habe bei der Bank ein Programm zur Analyse von Systemfehlern programmiert und installiert. Die Tätigkeit habe sich zumindest auf einen der Kernbereiche der Informatik erstreckt. Der Tätigkeitsschwerpunkt habe im Bereich der Systemsoftwareentwicklung gelegen. Zudem stellten Schulungen und Seminare einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt dar.
Zwar habe er im Veranlagungszeitraum 1998 nur an insgesamt sechs Tagen Lehrveranstaltungen in den Räumen der Bank in B zum Thema „Grundlage der Netzwerk- und Systemtechnik der Bank” abgehalten, es sei jedoch zu beachten, dass diese Seminare vorzubereiten gewesen seien. Außerdem habe sich der Kläger am Anfang seiner freiberuflichen Tätigkeit befunden. Um Veranstalter und ein interessiertes Auditorium in größerer Anzahl zu finden, hätte er sich erst auf dem Markt etablieren müssen. Dies sei a...