Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung einer sog. „Mutterrente”
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn eine Leibrente nur zu einem geringen Teil auf eigener Beitragszahlung beruht, ist sie mit ihrem Ertragsanteil zu versteuern. Eine Benachteiligung gegenüber Rentenbeziehern aufgrund eigener Beitragszahlungen liegt nicht vor.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a
Tatbestand
I.
Streitig ist die einkommensteuerrechtliche Beurteilung der Rente der Klägerin für die Jahre 1999 bis 2001.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin ist im Januar 1934 geboren. Beginnend ab dem 1. Februar 1999 erhält die Klägerin lt. Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 26. November 1998 eine Regelaltersrente. In den jeweiligen Einkommensteuererklärungen der Kläger wurde diese Rente zunächst nicht miterklärt. In den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden für 1999 bis 2001 wurde dementsprechend keine Rente angesetzt.
Mit den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 25. März 2001 wurde die Klägerin gebeten, darzulegen, ob sie einen Anspruch auf eine gesetzliche oder private Rente habe. Der entsprechende Rentenbescheid wurde dem Beklagten (das Finanzamt – FA –) am 5. April 2002 vorgelegt. Mit Änderungsbescheiden vom 22. April 2002 bezog das FA die Rente in die Einkommensteuerveranlagungen 1999 – 2001 mit ein. Der Einkommensteuerbescheid für 2001 wurde nochmals mit Bescheid vom 20. Juni 2002 geändert.
Für die Streitjahre wurden die Kläger wie folgt veranlagt:
|
1999: |
2000: |
2001: |
Bruttorente Klägerin: |
2.442 |
2.962 |
3.095 |
Ertragsanteil 27 v.H.: |
659 |
799 |
835 |
Werbungskosten-Pauschbetrag: |
200 |
200 |
200 |
Einkünfte daraus: |
459 |
599 |
635 |
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Gesamtbetrag der Einkünfte: |
89.738 |
94.424 |
95.931 |
zu versteuerndes Einkommen: |
77.293 |
81.805 |
83.949 |
festzusetzende Einkommensteuer: |
14.500 |
15.100 |
14.364 |
alle Beträge in DM |
Die Einsprüche vom 28. April 2002 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 11. März 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Die streitgegenständliche Rente sei mit einem Ertragsanteil in Höhe von 27 v.H. zu versteuern, da es sich um eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und damit um eine Leibrente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 a Einkommensteuergesetz (EStG) handle. Die Besteuerung der Rente mit dem Ertragsanteil sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) systemgerecht und nicht verfassungswidrig.
Mit Klage vom 24. März 2003 wenden sich die Kläger weiter gegen diese Besteuerung der Rente. Die Klägerin beziehe eine Rente, die fast ausschließlich auf Kindererziehungszeiten beruhe. Nur für zwölf Monate (September 1954 – August 1955) seien freiwillig Beiträge nachentrichtet worden. Dadurch unterscheide sich die vorliegende Rente grundlegend von einer Rente nach „normalem” Versicherungsverlauf. Es sei nicht einzusehen, dass bei einer reinen „Mutterrente”, bei der der Vorteil der Einkommensteuerminderung durch Beitragszahlung nicht gegeben gewesen sei, trotzdem der Nachteil der Steuerpflicht eintreten solle. Darin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG. Auch aus § 3 Nr. 67 EStG lasse sich nichts anderes herauslesen. Dies würde auch zu einem Wertungswiderspruch zu der Vorschrift des § 3 Nr. 11 EStG führen. Auch ein Verstoß gegen Art. 6 GG wäre gegeben.
Die Kläger beantragen,
- die Einkommensteuerbescheide für 1999 und 2000 vom 22. April 2002, und die Einspruchsentscheidung vom 11. März 2003 aufzuheben und
- den Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 20. Juni 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 11. März 2003 dahingehend zu ändern, dass für die Klägerin keine Einkünfte nach § 22 EStG berücksichtigt werden.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird ergänzend auf die Einspruchsentscheidung vom 11. März 2003, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Am 26. Juli 2004 fand der Termin zur mündlichen Verhandlung statt, auf die Niederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Sozialversicherungsrenten, die von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gezahlt werden, sind nach ständiger Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Leibrenten gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (vgl. Beschluss vom 21. Februar 2001 X B 112/00 (BFH/NV 2001, 1022). Diese Leibrenten sind mit ihrem Ertragsanteil zu versteuern. Durch die Einbeziehung der Sozialversicherungsrenten in die Ertragsanteilsbesteuerung soll sichergestellt werden, dass die Auszahlung des verzinslich angelegten, eigenen Vermögens als nicht steuerbare Vermögensumschichtung behandelt wird. Steuerbar ist die Verzinsung dieses Vermögens in Gestalt des Ertragsanteils als gesetzlich pauschaliertem Zinsanteil. Dies gilt – nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (a.a.O.) – unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Beiträge zu den gesetzlichen Sozialversicherungen durch nichtselbständige oder freiberufliche Arbeit erwirtschaftet und/oder aus versteuertem oder unversteuertem Einkommen ...