Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsveräußerung im Ganzen durch Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Frage, ob eine GiG vorliegt, ist entscheidend, ob die übertragenen Vermögensgegenstände die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen. Hierbei ist maßgeblich, ob die Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen.
2. Der erkennende Senat sieht in der Veräußerung des gesamten Sauenbestands unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände dieses Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung eine nicht umsatzsteuerbare Veräußerung eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebs im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 14, 1 Abs. 1a
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob durch Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs (Sauenhaltung) ohne landwirtschaftliche Flächen steuerpflichtige Leistungen an die Klägerin erbracht worden sind, aus denen sie den Vorsteuerabzug geltend machen kann oder ob insoweit eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen an sie bewirkt worden ist
Die Klägerin, eine GbR, an der C E und D E zu jeweils 50 % beteiligt sind, betrieb bis zum 30.6.2013 eine Ferkelaufzucht in einem dafür typischen Ferkelaufzuchtstall. C E hielt bis zum 30.6.2013 Sauen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit Ackerbau auf eigenen Flächen (ca. 25 ha) und gepachteten Flächen (ca. 35 ha). Während die Klägerin als regelversteuernde Unternehmerin auf ihre Umsätze mit Ferkeln einen Steuersatz von 7 % anwandte, versteuerte C E seine Umsätze nach Durchschnittssätzen (§ 24 des Umsatzsteuergesetzes – UStG –). Zum 1.7.2013 haben C E und die Klägerin ihre Unternehmen umstrukturiert. Da C E durch eine Ausweitung seiner Sauen-Kapazitäten drohte, wegen der voraussichtlichen Überschreitung der Vieheinheitengrenze aus der Durchschnittssatzversteuerung herauszufallen, beabsichtigte dieser, die weniger Vieheinheiten beanspruchende Ferkelaufzucht zu übernehmen und die ohnehin regelversteuernde Klägerin die vieheinheitenintensive Sauenhaltung fortführen zu lassen.
Mit Wirkung zum 1.7.2013 erwarb die Klägerin aufgrund mündlichen Vertrags den kompletten Sauenbestand von C E. Die Ackerflächen wurden dabei nicht mitübertragen. Über diesen Umsatz stellte C E eine Rechnung datierend auf den 26.11.2013 aus. Neben dem Netto-Rechnungsbetrag von 296.130,09 € wies C E bei einem Umsatzsteuersatz von 10,7 % Umsatzsteuer i. H. von 31.685,92 € offen aus (Gesamtsumme: 327.816,01 €). Die Kaufpreisverbindlichkeit erfüllte die Klägerin durch Gewährung von Gesellschaftsrechten. Daneben verpachtete C E der Klägerin die für die Sauenhaltung notwendigen Ställe. Ausweislich der „Erläuterung zur Umsatzsteuer 2011” machte C E für sein Einzelunternehmen in 2011 bereits Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit dem Erhalt einer Baugenehmigung zur Erweiterung der Gebäudekapazitäten auf 1200 Sauenplätze geltend. Die alten Sauenställe verpachtete er ab dem 1.7.2013 umsatzsteuerpflichtig an die Klägerin, ebenso nach Fertigstellung in 2014 die neu errichteten Stallungen. Gleichzeitig ebenfalls mit Wirkung zum 1.7.2013 übertrug die Klägerin ihren vorhandenen Ferkelbestand unentgeltlich und ohne Ausstellung einer Rechnung an C E und verpachtet diesem seitdem den dafür vorgesehenen Ferkelaufzuchtstall inklusive Stalleinrichtung. Diese ertragsteuerlich zu Buchwerten (71.600 €) vorgenommene Übertragung des Ferkelbestandes wird zwischen den Beteiligten umsatzsteuerlich unstrittig als Geschäftsveräußerung im Ganzen angesehen. Der durch den Beklagten eingeschaltete landwirtschaftliche Sachverständige bestätigte, dass der Preis für die Veräußerung des gesamten Sauenbestands von C E an die Klägerin angemessen gewesen sei, d.h. dem Marktpreis entsprochen habe. Für die Veräußerung der Ferkel von der Klägerin an C E wäre ein Preis von 84.000 € angemessen gewesen. Ab dem 1.7.2013 betreibt die Klägerin somit einen Betrieb „Sauenhaltung” anstelle der bisherigen „Ferkelaufzucht”. Der Landwirt C E betreibt nunmehr Ackerbau mit „Ferkelaufzucht” statt Ackerbau mit „Sauenhaltung”.
Nach Durchführung einer Umsatzsteuernachschau bei der Klägerin teilte der Beklagte durch Mitteilung vom 17.2.2016 mit, dass er zu einer Umsatzsteuersonderprüfung für den Besteuerungszeitraum 2013 übergegangen sei. Ausweislich des Berichts über die Umsatzsteuersonderprüfung datierend auf den 15.2.2016, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, traf der Prüfer im Wesentlichen die folgenden Feststellungen: C E habe den kompletten Sauenbestand zum Stichtag 30.6.2013 an die Klägerin gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten veräußert. Gleichzeitig habe C E die dazu notwendigen Ställe umsatzsteuerpflichtig an die Klägerin verpachtet. Obwohl die landwirtschaftlichen Flächen zurückbehalten worden seien und nach wie vor vom Einzelunternehmer C E im Rahmen des landwirtschaftlichen...