Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintausch von Genussrechten bei Umwandlung einer GmbH in eine eingetragene Genossenschaft gegen Erhalt von Genossenschaftsanteilen
Leitsatz (redaktionell)
1. Genussrechte einer GmbH, die kein Recht am Liquidationsgewinn der GmbH vermitteln, stellen sonstige Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 dar.
2. Die Hingabe von Genussrechten an einer GmbH gegen Erhalt von Genossenschaftsanteilen an der in eine eG umgewandelten Gesellschaft stellt ein Tauschgeschäft dar, welches einer Veräußerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gleichsteht.
3. Die Anschaffungskosten bemessen sich in diesem Fall nach dem gemeinen Wert; spiegelbildlich hierzu gilt das hingegebene Wirtschaftsgut als mit dem gemeinen Wert veräußert.
4. Die Berücksichtigung eines so entstandenen Verlustes ist nicht nach § 20 Abs. 6 Satz 7 EStG n.F. ausgeschlossen. Denn eine Verlustbescheinigung § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG ist nicht erforderlich, da die entsprechende Schuldforderung nicht von einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut oder vom Schuldner selbst verwahrt oder verwaltet wird.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, Abs. 6 S. 7, § 43a Abs. 3 S. 4, § 44 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 Buchst. a, b, § 6 Abs. 6 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger durch den Tausch von Genussrechten der R-GmbH in Genossenschaftsanteile und in Bezugsrechte für Anleihen einen steuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt hat.
Die Kläger sind Ehegatten und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger hatte mit Vertrag vom 27.03.2013 Genussrechte der R-GmbH (nachfolgend: R-GmbH) erworben und dafür eine Einzahlung in Höhe von X € auf ein Konto der R-GmbH geleistet.
Mit Beschluss des Amtsgerichts T vom 00.00.2014 wurde über das Vermögen der R-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet (Aktenzeichen). Der Insolvenzverwalter stellte einen Insolvenzplan vor, gemäß dem die allgemeine Insolvenzquote 57,8 % betrug. Die Insolvenzforderungen der Genussrechtsgläubiger sollten kombiniert durch Hingabe eines Genossenschaftsanteils an der R eG (nachfolgend: R eG) sowie durch Einräumung der Option auf Erwerb einer Schuldverschreibung erfüllt werden. Der Wert des Genossenschaftsteils sollte einem Anteil von 23,3% der Insolvenzforderung („Wandlungsquote”) sowie der Wert der Anleihe einem Anteil von 34,5 % der Insolvenzforderung entsprechen „Anleihequote”; s. Insolvenzplan, Gerichtsakte Bl. 43f.).
Die Umwandlung der R-GmbH in die R eG sowie der Eintausch der Genussrechte in Genossenschaftsanteile und Schuldverschreibungen sollten gemäß dem Insolvenzplan in folgenden Schritten geschehen:
- Zunächst soll die in der Bilanz der R-GmbH ausgewiesene Kapitalrücklage vollständig aufgelöst und zur Deckung des Verlustvortrags und Jahresfehlbetrags verwendet werden.
- Anschließend sollen die Gesellschafter der R-GmbH durch eine Kapitalherabsetzung auf Null und eine anschließende Kapitalerhöhung ausgewechselt werden. Im Rahmen der Kapitalerhöhung sollen drei neue Geschäftsanteile im Nennwert von jeweils X € ausgegeben werden, die durch die Gesellschaften B 1 Beteiligungsgesellschaft mbH, B 2 Beteiligungsgesellschaft mbH und B 3 Beteiligungsgesellschaft mbH übernommen werden.
- Sodann soll die R-GmbH formwechselnd in die R eG umgewandelt werden.
- Zuletzt sollen diejenigen Genussrechtsinhaber, die zuvor ihre Zustimmung zur Wandlung ihrer Genussrechte erteilt haben, der R eG beitreten. Die Einlagen für ihre Genossenschaftsanteile erbringen die Genussrechtsgläubiger durch Einbringung ihrer Insolvenzforderungen nach Abzug des Teiles, der auf die „Anleihequote” entfällt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Insolvenzplan sowie auf das Rechtsgutachten des Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverbandes e.V. vom 00.00.2015 Bezug genommen (aus dem Handelsregister abrufbar, s. Gerichtsakte).
Die Gläubigerversammlung nahm den Insolvenzplan mit Beschluss vom 00.00.2015 an. Das Insolvenzgericht bestätigte ihn mit Beschluss vom 00.00.2015. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses wurde die R-GmbH am 00.00.2015 formwechselnd in die R eG umgewandelt.
Der Kläger erwarb 237 Genossenschaftsanteile an der R eG im Nennwert von insgesamt X € (X € je Geschäftsanteil); der Restbetrag in Höhe von X € wurde in die Kapitalrücklage der Genossenschaft eingestellt (vgl. Gerichtsakte Bl. 46). Weiterhin erwarb der Kläger Schuldverschreibungen im Nennwert von X €; zusätzlich erhielt er einen Spitzenausgleich in Höhe von X € (Gerichtsakte Bl. 69).
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 erklärte der Kläger anderweitige Kapitaleinkünfte in Höhe von X €; weiterhin erklärte er aus dem Umtausch der R-Genussrechte einen Verlust in Höhe von X €.
Der Beklagte erließ am 15.08.2017 den Einkommensteuerbescheid für 2015, in welchem er den erklärten Verlust aus den R-Genussrechten indes nicht berücksichtigte. Am selben Tag erließ er einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustv...