Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachzuwendungen im Rahmen von Umsatz- und Rekrutierungswettbewerben
Leitsatz (redaktionell)
Die Zuwendung von Wettbewerbspreisen bzw. Gastgebergeschenken an selbständige Beraterinnen erfolgt im Rahmen eines Leistungsaustauschs, wenn die Preise bzw. Geschenke geleistet werden, um Gegenleistungen in Form von Umsatzvermittlungen bzw. Rekrutierungen neuer Beraterinnen zu erhalten (entgegen FG Schleswig-Holsteinisches v. 16.02.2005 - 4 K 252/02).
Normenkette
UStG § 3 Abs. 1, 9, 12 S. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob und zwischen welchen Personen Leistungsbeziehungen in Form von Sachzuwendungen im Rahmen von Umsatz- und Rekrutierungswettbewerben bestanden haben.
Die Klägerin (Klin.) war aufgrund eines am 9. Januar 1996 abgeschlossenen Bezirkshändlervertrags (BHV) seit dem 4. März 1996 als Bezirkshändlerin für die Beigeladene (Beigel.) tätig. Gegenstand des Unternehmens war der Einzelhandel mit Haushaltsgegenständen. Für die Klin. waren Beraterinnen und Gruppenberaterinnen tätig, die die Produkte den Kunden im Rahmen eines Heimvorführ-Vertriebssystems (sog. „Partys”) anboten und so die Umsätze für die Klin. vermittelten. Die Beraterinnen und Gruppenberaterinnen schlossen Verträge mit der Klin., wonach sie als „selbständige Handelsvertreterinnen im Nebenberuf” tätig waren. Die Partys wurden jeweils von einem privaten Gastgeber ausgerichtet, der seinerseits potentielle Kunden zu den Vorführungen einlud und bewirtete. Die Kaufverträge kamen ausschließlich zwischen der Klin. und den Kunden zustande. Die Beraterinnen erhielten von der Klin. eine Provision in Höhe von 24% der von ihnen vermittelten Umsätze, die Gruppenberaterinnen zusätzlich 3% des Umsatzes ihrer Gruppe. Die Beraterinnen und Gruppenberaterinnen schlossen keine schriftlichen Verträge mit der Beigel. ab.
Sowohl der BHV als auch der Übernahmevertrag mit der Vorgängerin der Klin. in der Bezirkshandlung sind nicht von der Klin. allein, sondern gemeinsam mit ihrem Ehemann abgeschlossen worden. Der Ehemann war jedoch nicht als Bezirkshändler für die Beigel. tätig. Die Gewerbeanmeldung, die Abgabe der Steuererklärungen sowie die Abschlüsse des Mietvertrags für die Lager- und Büroräume, der Leasingverträge für Kraftfahrzeuge, der Gewerbesachversicherung und der Strom- und Telefonverträge erfolgten allein im Namen der Klin. Die Abrechnungen mit der Beigel. und mit den Beraterinnen bzw. Gruppenberaterinnen erfolgten teilweise unter der neutralen Bezeichnung „Bezirkshandlung D”, teilweise ausdrücklich allein im Namen der Klin.
Im BHV vom 9. Januar 1996 ist geregelt, dass die Klin. die Produkte der Beigel. im eigenen Namen und auf Rechnung der Beigel. vertreibt (Art. 1 BHV). Dabei war die Klin. verpflichtet, die Produkte der Beigel. nur zu den Preisen und Bedingungen zu verkaufen, wie sie in den jeweils gültigen Preislisten der Beigel. vorgeschrieben sind. Der BHV enthält unter anderem folgende Regelungen (die Klin. wird im Vertrag als „Bezirkshändler”, die Beigel. als „Gesellschaft” bezeichnet):
„Der Bezirkshändler verpflichtet sich, an Maßnahmen der Verkaufsförderung im weitesten Sinne auf jeweiliges Verlangen der Gesellschaft teilzunehmen und sich mit eigenen Mitteln daran zu beteiligen.” (Art. 4 a) Satz 2)
„Der Bezirkshändler hat in keinem Fall das Recht, namens der Gesellschaft zu handeln oder die Gesellschaft in irgendeiner Weise zu verpflichten.” (Art. 5 Abs. 1 Satz 2)
„Der Bezirkshändler erwirbt kein Eigentum an den ihm gelieferten Produkten.” (Art. 5 Abs. 3)
„Der Bezirkshändler erhält für jede zur Ausführung gelangte Bestellung eine Gesamtvergütung […]. Diese Vergütung schließt […] auch die Erstattung der obligatorischen Gruppenberaterinnen- und Beraterinnenvergütung in der von der Gesellschaft festgelegten Höhe sowie die Erstattung und Entschädigung für vom Bezirkshändler zusätzlich übernommenen Aufgaben […] und seiner anteilmäßigen Kosten für die obligatorischen Wettbewerbe […] ein.” (Art. 6 Abs. 3)
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertragstext des BHV (Bl. 38 ff. GA) verwiesen.
Die Beraterinnen und Gruppenberaterinnen erzielten neben den Provisionen zusätzlich dadurch Einnahmen, dass ihnen Wettbewerbspreise zugewendet wurden. Diese Preise konnten in Sachpreisen oder in Reisen bestehen. Im Regelfall handelte es sich bei den Sachpreisen um Gegenstände, die nicht aus dem Warensortiment der Beigel. stammten. Nur ausnahmsweise wurden auch Produkte der U-GmbH als Wettbewerbspreise ausgegeben. Die von der Beigel. vorformulierten Beraterinnen- bzw. Gruppenberaterinnenverträge, die die Klin. mit den Beraterinnen bzw. Gruppenberaterinnen abschloss, enthielten im Hinblick auf die Wettbewerbe folgende Regelungen:
Beraterinnenvertrag:
„Während des ganzen Jahres gibt es für Sie [die Beraterin] die Chance, in Wettbewerben herrliche Preise zu gewinnen. Ihr Fleiß allein entscheidet, wie oft Sie sich über einen ...