Entscheidungsstichwort (Thema)
Saldierung von Dauerschuldzinsen mit Zinserträgen
Leitsatz (redaktionell)
Dauerschuldzinsen können nicht mit Guthabenzinsen einer Festgeldanlage verrechnet werden, wenn die Darlehensvaluta bis zur Verwendung einem Festgeldkonto zugeführt wird.
Normenkette
GewStG a.F. § 8 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Hinzurechnungen der hälftigen Entgelte für Dauerschulden nach § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr 2006 gültigen Fassung (GewStG a.F.).
Die Klägerin betreibt ein gewerbliches Unternehmen im Bereich des Behälterbaus. Im Streitjahr 2006 nahm sie mehrere zweckgebundene Bankdarlehen über insgesamt 6 Mio. EUR für die Anschaffung von Maschinen bei der E Bank und bei der Sparkasse T auf. Den Auszahlungsbetrag, der sich nach Abzug des Agios auf 5,7 Mio. EUR belief, legte die Klägerin zunächst als Festgeld bei der jeweiligen darlehensgebenden Bank an, da sich die Anschaffung der Maschinen verzögerte. Die Darlehensverträge wurden auf Laufzeiten abgeschlossen, die länger als ein Jahr betrugen. Gemäß Bestätigungen der beiden Banken war die Klägerin nicht befugt, frei über die angelegten Darlehensmittel zu verfügen. Die Darlehenszinsen beliefen sich im Streitjahr auf insgesamt 26.472,91 EUR und die Guthabenzinsen aus den Festgeldkonten auf 25.344,– EUR. Die Darlehensmittel wurden in den Jahren 2007 und 2008 für die beabsichtigten Investitionen verwendet.
In ihrer Gewerbesteuererklärung für 2006 gab die Klägerin bei den Entgelten für Dauerschulden lediglich den Differenzbetrag aus Schuld- und Guthabenzinsen für Zwecke der Hinzurechnung an. Der Beklagte erließ zunächst einen Bescheid, in dem der Gewerbesteuermessbetrag unter Berücksichtigung der erklärten Hinzurechnungen festgesetzt wurde.
Eine vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass die Guthabenzinsen den Hinzurechnungsbetrag nicht mindern dürften, da nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Saldierung nicht zulässig sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 24.4.2008 (Tz. 5.1.2) Bezug genommen. Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ am 3.9.2008 einen entsprechend geänderten Gewerbesteuermessbescheid.
Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass an der Aussage des BFH in seinem Urteil vom 10.11.1976 (I R 133/75), wonach es im Verhältnis zwischen Darlehens- und Festgeldkonten an einer Einheitlichkeit fehle und deshalb keine Saldierung möglich sei, nicht mehr festgehalten werden könne. Dies ergebe sich aus § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchstabe c) des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008, wonach ein Zusammenhang zwischen Kapitalanlage und Kapitalüberlassung anzunehmen sei, wenn beides auf einem einheitlichen Plan beruhe. Dieser Gedanke sei auf § 8 Nr. 1 GewStG a.F. übertragbar. Die Klägerin habe allein auf Anregung der Banken die Darlehenssumme als Festgeld angelegt, um sich die günstigen Darlehenszinsen zu sichern. Anderenfalls wären Bereitstellungszinsen angefallen, was im Ergebnis wirtschaftlich ungünstiger gewesen wäre. Das Unternehmen sei wirtschaftlich nur mit der Differenz belastet worden. Ferner wäre zu überlegen, ob nicht der Saldo als Bauzeitzinsen zu aktivieren wäre.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30.10.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Saldierung einer Dauerschuld mit einem Guthaben beim selben Kreditgeber könne nur im Ausnahmefall bei Einheitlichkeit, Regelmäßigkeit oder gleichbleibender Zweckbestimmung der Kreditgeschäfte, bei regelmäßiger Verrechnung der Konten oder dann in Betracht kommen, wenn der über ein Konto gewährte Kredit jeweils zur Abdeckung der aus dem anderen Konto ausgewiesenen Schuld verwendet wird. Darlehens- und Festgeldkonten seien jedoch nicht gleichartig. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, auf die sich die Klägerin beruft, gestatte es nicht, die gewählte bürgerlich-rechtliche Form der Vertragsregelung zu missachten.
Am 17.11.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Einspruchsverfahren trägt sie vor, dass der Zweck der Hinzurechnung darin bestehe, einen objektiven Gewerbeertrag und eine Gleichbehandlung mit Betrieben, die nicht mit Fremdkapital arbeiten, zu erreichen. Dieser Zwecke sei auch bei Saldierung mit den Guthabenzinsen erfüllt. Der Beklagte stelle den Formalismus über die wirtschaftliche Vernunft, indem er einen einheitlichen Sachverhalt künstlich aufspalte. Mit der Investitionsentscheidung sei auch keine Verstärkung des Betriebskapitals erreicht worden, da lediglich ein Aktiv-Passivtausch stattgefunden habe.
Das BFH-Urteil vom 10.11.1976 (I R 133/75) sei zwischenzeitlich wegen geänderter Rechtslage überholt. Auch sei der Urteilsfall anders gelagert, da die damalige Klägerin die Art und Weise der Zwischenanlage habe bestimmen können, während dies bei der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht habe geschehen können. Die ...