Entscheidungsstichwort (Thema)
Jahresbezogene Betrachtungsweise für die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Fahrtenbuch muss über einen Zeitraum von einem ganzen Kalenderjahr geführt werden (jahresbezogene Betrachtung), um als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anerkannt werden zu können.
2) Wird ein Fahrtenbuch nur für einen Teil des Jahres geführt, besteht eine Manipulationsgefahr dahingehend, dass bestimmte Zeiträume mit höherem Privatnutzungsanteil - insbesondere Urlaubszeiten - nicht erfasst werden und somit ein verzerrtes Bild entsteht.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Fahrtenbuch auch dann ordnungsgemäß ist, wenn im laufenden Kalenderjahr mit seiner Führung begonnen wird.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr 2008 als kaufmännischer Angestellter bei der Firma C-Werke GmbH beschäftigt, die ihm ein Fahrzeug zur Verfügung stellte, das er auch für Privatfahrten nutzen durfte.
Der Kläger nutzte einen Audi A6 mit dem Kennzeichen XX-YY-1, für den er zunächst kein Fahrtenbuch führte. Ab dem 1.5.2008 führte er ein Fahrtenbuch. Die Eintragungen sind unstreitig formell ordnungsgemäß. Ab dem 31.10.2008 stellte die Arbeitgeberin dem Kläger ein anderes Fahrzeug, Mercedes Benz, Kennzeichen XX-YY-2 zur Verfügung, für das er ebenfalls ein Fahrtenbuch führte.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 gaben die Kläger den von der Arbeitgeberin bescheinigten Bruttoarbeitslohn in Höhe von xxx.xxx,– EUR als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit an. In diesem Betrag ist der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung der Kraftfahrzeuge enthalten, die für die Monate Januar bis April nach der sog. 1%-Methode und ab Mai nach der Fahrtenbuchmethode berechnet wurde. Nach der Arbeitgeberbescheinigung vom 30.4.2009 wurden folgende Beträge monatlich der Lohnsteuer unterworfen:
Januar bis April: |
982,29 EUR |
Mai bis Oktober: |
457,31 EUR |
November und Dezember: |
600,00 EUR. |
Mit Bescheid vom 18.5.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer der Kläger für 2008 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf yy.yyy,– EUR fest. Dabei berücksichtigte er den Bruttoarbeitslohn in der erklärten Höhe.
Eine Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamts I-Stadt bei der Arbeitgeberin des Klägers kam zu dem Ergebnis, dass die Versteuerung des Privatnutzungsanteils auch für die Monate Mai bis Oktober 2008 nach der 1%-Methode zu berechnen sei, da nach R 8.1 Abs. 9 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) das Verfahren bei demselben Kraftfahrzeug während des laufenden Kalenderjahres nicht gewechselt werden dürfe. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen setzte der Beklagte die Steuer mit Bescheid vom 21.8.2009 auf yy.xxx,– EUR herauf. Dabei berücksichtigte er einen um 3.594,– EUR höheren Arbeitslohn als bisher.
Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch trug der Kläger vor, dass sich nach der Geburt seines dritten Kindes herausgestellt habe, dass das bisherige Dienstfahrzeug kaum noch privat nutzbar gewesen sei, weil eine Platzierung von drei Kindersitzen nicht möglich gewesen sei. Für Privatfahrten habe er fortan das Privatfahrzeug nutzen müssen und habe aus diesem Grund die Fahrtenbuchmethode ab dem 1.5.2008 gewählt. Die von der Lohnsteueraußenprüfung herangezogene Richtlinienregelung, diene dem Zweck, häufige unterjährige, prüfungserschwerende und missbrauchsbegründende Methodenwechsel zu verhindern. Eine Anwendung auf den einmaligen Methodenwechsel bei Veränderung der Lebensumstände sei dagegen familienfeindlich und bedeute eine Schlechterstellung einer jungen kinderreichen Familie. Der Kläger verwies auf das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (Az. 5 K 2268/06), in dem die genannte Richtlinienbestimmung für nicht gesetzeskonform gehalten worden sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18.9.2009 wies der Beklagte den Einspruch gegenüber dem Kläger als unbegründet zurück. Grundsätzlich hätten mit dem Dienstwagen auch nach Geburt des dritten Kindes noch Privatfahrten durchgeführt werden können. Lediglich Fahrten mit allen drei Kindern gleichzeitig seien nicht möglich gewesen. Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, bereits ab dem 1.1.2008 ein Fahrtenbuch zu führen und die Kosten zu ermitteln, zumal sei drittes Kind bereits am xx.11.2007 geboren worden sei.
Beide Kläger haben am 6.10.2009 Klage erhoben. Ergänzend zu ihren Ausführungen im Einspruchsverfahren tragen sie zur Begründung vor, dass sich aus dem Gesetz gerade kein Erfordernis ergebe, dass die gewählte Methode für ein ganzes Kalenderjahr angewendet werden müsse. Der Gesetzeswortlaut gehe in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Formulierung „… ist für jeden Kalendermonat mit 1% des Listenpreises … anzusetzen …” gerade von einer Monatsund nicht von einer Jahresbetrachtung aus. R 8.1 Abs. 9 LStR entspreche nicht der Gesetzeslage. Ein Methodenwechsel zum 1.1.2008 sei für den Kläger nic...