Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzweigung des Kindergeldes bei Kostenübernahme durch Sozialhilfebeträge
Leitsatz (redaktionell)
Ein Sozialhilfeträger, der im Rahmen der Eingliederungsbeihilfe für Behinderte die gesamten Kosten für die vollstationäre Unterbringung eines behinderten volljährigen Kindes übernimmt, kann die Abzweigung des Kindergeldes auch dann in voller Höhe für sich beanspruchen, wenn der Kindergeldberechtigte seiner nach § 91 Abs. 2 Satz 3 BSHG auf 26 € beschränkten Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommt.
Normenkette
EStG § 74 Abs. 1 S. 4; BSHG § 91 Abs. 2 S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, in welcher Höhe ein Sozialhilfeträger die Auszahlung des Kindergeldes für ein im Rahmen der Eingliederungshilfe vollstationär untergebrachtes behindertes Kind beanspruchen kann.
Der Kläger gewährt der am 24.02.1964 geborenen A. B., für die ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt ist, Eingliederungshilfe. In dem für sie ausgestellten Schwerbehindertenausweis vom 25.07.1995 sind zusätzlich die Merkzeichen G und H eingetragen. A. B. ist seit 1987 in einer Einrichtung der xxx-Stiftung in C. vollstationär untergebracht. Die vom Kläger getragenen Aufwendungen hierfür belaufen sich derzeit auf ca. 2.600 € monatlich. Nach einer Bestätigung der Verwaltungsleiterin E. D. vom 01.08.2002 hat A. B. zu ihren Eltern keinerlei Verbindung. In den Jahren 1999 bis 2002 hat sie diese nicht besucht.
Die Eltern - O. und Ch. B .- leben in F. Einen Beitrag zum Unterhalt ihrer Tochter leisten sie nicht. Der vom Vater - dem Beigeladenen - ab 01.01.2002 angeforderte Kostenbeitrag in Höhe von monatlich 26 € wurde ebenfalls nicht entrichtet. Der Beigeladene bezieht seit 01.01.1997 eine Altersrente, die nach der Bescheinigung der Landesversicherungsanstalt ... vom 16.08.2002 zu diesem Zeitpunkt monatlich 803,48 € betrug. Nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden 736,79 € an ihn ausbezahlt.
Das auf Antrag des Beigeladenen festgesetzte Kindergeld wurde mit Bescheid vom 04.03.2002 ab Januar 2002 in Höhe von monatlich 154 € an das Sozialamt des Bezirksamtes L. abgezweigt. Zur Begründung wurde angegeben, dass der Beigeladene seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Tochter nicht nachkomme. Die Abzweigung sei in dieser Höhe angemessen, weil das Kindergeld insoweit für den Kindesunterhalt bestimmt sei. Mit Bescheid vom 23.05.2002 reduzierte die Familienkasse den an den Sozialleistungsträger abzuführenden Abzweigungsbetrag für A. B. auf 26 € monatlich, weil ab dem 01.01.2002 auf Grund der Änderung des § 91 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - vom Unterhaltspflichtigen nur Unterhalt in Höhe von monatlich 26 € verlangt werden könne. Deshalb sei auch die Abzweigung auf diesen Betrag beschränkt. Das restliche Kindergeld in Höhe von 128 € wird seitdem an den Beigeladenen ausbezahlt. Ein Abdruck des Bescheides wurde an den Kläger bekannt gegeben.
Der von ihm eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg; insoweit wird auf die Einspruchsentscheidung vom 05.11.2002 Bezug genommen. Darin wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung des Kindergeldes wegen Verletzung der Unterhaltspflicht unstreitig vorlägen. Nach § 91 Abs. 2 BSHG könnten die Eltern zu den Kosten für eine vollstationäre Unterbringung ihres behinderten Kindes allenfalls in Höhe von 26 € herangezogen werden und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Eltern tatsächlich zum Unterhalt verpflichtet seien. Damit könne auch gegenüber dem Sozialleistungsträger nur eine Unterhaltspflichtverletzung in maximal dieser Höhe unterstellt werden. Die volle Abzweigung des Kindergeldes sei nicht gerechtfertigt.
Mit der Klage beantragt der Kläger, den Bescheid vom 23.05.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 05.11.2002 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, das Kindergeld für A. B. ab dem 01.05.2002 in voller Höhe an den Träger der Sozialhilfe abzuzweigen.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:
Die Voraussetzungen für eine Abzweigung lägen vor. Durch die vollstationäre Unterbringung von A. B. im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen werde ihr Unterhalt sichergestellt. Der unterhaltsverpflichtete Kindergeldberechtigte komme seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nach.
Die zum 01.01.2002 erfolgte Neuregelung des § 91 Abs. 2 BSHG berühre die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Abzweigung nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht. § 91 BSHG befasse sich aufgrund des Nachranggrundsatzes mit der sozialhilferechtlichen Beurteilung der Unterhaltsverpflichtungen Dritter, und zwar losgelöst von zivilrechtlichen Maßstäben. Die sozialhilferechtliche Inanspruchnahme Dritter sage daher auch nichts über Bestand und Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs aus. Dieser bleibe vielmehr in jedem Fall bestehen. Wenn der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 91 BSHG Folgerungen hinsichtlich des zivilrechtlichen Unter...