Revision eingelegt (BFH VI R 9/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von landwirtschaftlichen Grundstücken im Rahmen eines freiwilligen Landtauschs - Zu den Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung im Verfahren des freiwilligen Landtauschs
Leitsatz (amtlich)
1. Grundstücksübertragungen gem. § 68 FlurbG im Wege des freiwilligen Landtausches nach §§ 103a ff FlurbG unterfallen nicht dem Regelungsgehalt von § 6 Abs. 6 S. 1 EStG.
2. Die Besonderheiten eines hoheitlichen Umlegungsverfahrens rechtfertigen es auch für das Verfahren des freiwilligen Landtausches die Rechtsgrundsätze, die ertragsteuerlich für das Flurbereinigungsverfahren entwickelt worden sind, entsprechend anzuwenden. Eine Gewinn-(Verlust) Realisierung nach Tauschgrundsätzen tritt somit nicht ein.
3. Eine Minderung der Anschaffungskosten der im freiwilligen Landtausch hingegebenen oder gewonnenen Grundstücke auf den Teilwert kommt dann nicht in Betracht, wenn die im Landtausch hingegebenen Grundstücke zeitnah zu Preisen erworben wurden, die über den durchschnittlichen Bodenrichtwerten lagen, kein Wertausgleich für die gewonnenen Grundstücke zu leisten ist, die Voraussetzungen für eine Fehlinvestition oder eines Überpreises nicht vorliegen, und wenn unter dem Gesichtspunkt der konkreten betrieblichen Funktion der eingebundenen Grundstücke eine andauernde Wertminderung nicht abzusehen ist.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, Abs. 6 S. 1; BewG § 9 Abs. 2; FlurbG §§ 68, 103a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Bewertung von landwirtschaftlichen Grundstücken im Rahmen eines freiwilligen Landtausches.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.Der Kläger betreibt eine Landwirtschaft, hauptsächlich den Gemüseanbau. Die Gewinne ermittelte er in den Streitjahren mit Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, das Wirtschaftsjahr endete jeweils zum 30. Juni.
Der Kläger erwarb am 15.07.2005 das Grundstück in der Gemeinde G Flurnummer 306 mit 7.150 qm für 330.000 € (46,15 € je qm; einschließlich Anschaffungsnebenkosten 343.484,60 €) und am 09.09.2005 das Grundstück in der Gemeinde G Flurnummer 357 mit 7.470 qm für 340.000 € (45,52 € je qm; einschließlich Anschaffungsnebenkosten 353.895,80 €). Diese Grundstücke wurden gemäß der Ausführungsanordnung des Amtes für ländliche Entwicklungen vom 23.03.2007 im Wege des freiwilligen Landtauschs nach §§ 103a ff FlurbG gegen die Grundstücke der Gemeinde G Flurnummer 127 mit 7.060 qm (vorherige Eigentümer Berta und Wilhelm M) sowie 311 und 311/1 mit 7.020 qm (vorheriger Eigentümer Roland N) getauscht.
Bei allen Grundstücken handelte es sich um Ackerland. Ausgleichszahlungen erfolgten nicht. Die erhaltenen Flächen grenzten beide direkt an bereits im Bestand des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers gelegene Flächen an. Der Kläger bebaute sodann die erworbenen und die angrenzenden Flächen mit Gewächshäusern, die mehrere Flurnummern umfassten (Fl.Nr. 311, 311 /1, 312, 313 und Fl.Nr. 123, 124, 125, 126, 127, 128).
In seiner Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 berücksichtigte der Kläger aus dem Tauschverfahren für beide betroffenen Grundstücke "Veräußerungsverluste" aufgrund einer Neubewertung der eingetauschten Grundstücke nach § 6 Abs. 6 EStG. Dabei legte er abgeleitet aus den Bodenrichtwerten als gemeinen Wert 32 € je qm zugrunde. Somit ergaben sich folgende Gewinnminderungen:
AK Fl-Nr 306: |
343,484,80 € |
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Bewertung Fl-Nr 311, 311/1: |
224,640,00 € |
Verlust: |
118.844,80 € |
AK Fl-Nr 357: |
353.895,80 € |
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Bewertung Fl-Nr 127: |
225.920,00 € |
Verlust: |
127.975,80 € |
In der Gewinnermittlung zum 31.06.2007 wies der Kläger eine Abschreibung auf Grund und Boden in Höhe von 246.820,60 € aus.
Die Einkommensteuerveranlagungen für 2006 (Bescheid vom 08.01.2008) und 2007 (Bescheid vom 08.01.2009) erfolgten entsprechend der erklärten Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO.
Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 31.10.2011 wurde für die Streitjahre eine Betriebsprüfung durchgeführt. Prüfungsschwerpunkt war dabei unter anderem die Neubewertung der im Rahmen des freiwilligen Landtauschs erhaltenen Grundstücke in der Gemarkung G, Fl.Nr. 311, 311/1 und 127.
Der Prüfer ging davon aus, dass Grundstücke, die im Rahmen eines freiwilligen Landtausches nach § 103b FlurbG getauscht werden, nicht nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 6 EStG neu bewertet werden können. Vielmehr seien die Vorgänge im Rahmen eines freiwilligen Landtausches gleichzustellen mit der Beurteilung von Vorgängen im Rahmen eines Regelflurbereinigungsverfahrens bzw. eines Baulandumlegungsverfahrens. Hier gelte das Surrogationsprinzip, d.h. es müsse davon ausgegangen werden, dass die im Zuteilungswege erhaltenen Grundstücke, soweit wertgleich, als wirtschaftlich identisch anzusehen seien. Die Buchwerte der hingegebenen Grundstücke seien daher für die zugeteilten Grundstücke fortzuführen. Demzu...