Entscheidungsstichwort (Thema)

Versteuerung eines Spekulationsgewinnes - Anfechtung des Anschaffungsgeschäftes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Rechtsirrtum berechtigt nur dann zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft selbst wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Dagegen ist der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher und mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung mehr, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum.

 

Normenkette

EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b; AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BGB § 119 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr 1998 einen Spekulationsgewinn versteuern muss.

Die Kläger wurden 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung, der Kläger erzielte auch Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Mit notariellem Vertrag vom 22.10.1992 gründete X, der Rechtsanwalt und steuerliche Berater der Kläger, die X-GmbH ("GmbH") mit einem Stammkapital von 50.000 DM. Hiervon hielt X. je einen Anteil im Nennwert von 12.500 DM für sich selbst, als Treuhänder für den Kläger, für einen Sohn der Kläger und für Y.

Am 24.03.1994 trat Y seine Anteile an seinen Sohn Z ab.

X.

12.500 DM

= 25 %

Y bzw. Z

12.500 DM

= 25 %

Kläger

12.500 DM

= 25 %

W

12.500 DM

= 25 %

50.000 DM.

Am 09.08.1995 wurde eine Kapitalerhöhung um 50.200 DM auf 100.200 DM durchgeführt. Die neue Stammeinlage wurde von X. übernommen, der am selben Tag notarielle Treuhandverträge bezüglich des neuen Geschäftsanteils schloss. Dies ergab Folgendes:

X.

12.500 DM

= rd. 12,48 %

Z

12.500 DM

= rd. 12,48 %

Klägerin

18.800 DM

= rd. 18,76 %

Kläger

18.800 DM

= rd. 18,76 %

W

18.800 DM

= rd. 18,76 %

M

18.800 DM

= rd. 18,76 %

100.200 DM

Am 04.06.1996 übernahm X. den Anteil von Z; hieraus folgte:

X.

25.000 DM

= rd. 24,95 %

Klägerin

18.800 DM

= rd. 18,76 %

Kläger

18.800 DM

= rd. 18,76 %

W

18.800 DM

= rd. 18,76 %

M

18.800 DM

= rd. 18,76 %

100.200 DM

Mit notariellem Vertrag vom 17.01.1997, UrNr. xxxx (Bl. 22 Rb-Akte A. I), hoben X. und die Klägerin unter Mitwirkung der übrigen Treugeber den Treuhandvertrag vom 09.08.1995 hinsichtlich des Anteils der Klägerin gegen Zahlung eines Betrages von 18.800 DM auf. Zwischen dem Bekl. und X. war – bis der Bekl. im Hinblick auf ein DBA bei X. von einer Versteuerung der Gewinne absah – streitig, ob dies zu folgender, für § 17 EStG relevanter Aufteilung geführt hatte:

X.

43.800 DM

= rd. 43,72 % (≫ 25 %), davon 18.800 DM v. d. Klägerin

Kläger

18.800 DM

= rd. 18,76 %

W

18.800 DM

= rd. 18,76 %

M

18.800 DM

= rd. 18,76 %

100.200 DM

= 100 %

Mit notariellen Verträgen ebenfalls vom 17.01.1997, UrNr. ../, ../, ../ und ../1997 (Bl. 26 Rb-Akte A. I), schloss X. über den von der Klägerin übernommenen Anteil Treuhandverträge mit dem Kläger, seinen Söhnen und V:

X.

25.000 DM

= rd. 24,95 %

Kläger:

24.800 DM

= rd. 24,75 %, davon 6.000 DM v. X. bzw. d. Klägerin

W

24.800 DM

= rd. 24,75 %

M

24.800 DM

= rd. 24,75 %

V

800 DM

= rd. 0,80 %

100.200 DM

= 100 %

Am 28.02.1997 kaufte die GmbH die "Wohnsiedlung 1". Der Kauf wurde von der Bank 1 mit einem Darlehen über 32 Mio. DM finanziert (Schreiben der Bank vom 19.03.1997, Bl. 125 Rb-Akte A. I).

Mit Vertrag vom 08.07.1997, UrNr. ../1997 (Bl. 32 Rb-Akte A. I) wurden von X. alle GmbH-Anteile im Nennwert von 100.200 DM für 5,4 Mio. DM veräußert, darunter auch der vom Kläger am 17.01.1997 übernommene Anteil im Nennwert von 6.000 DM. Die Treugeber waren bei der Beurkundung anwesend, ließen eine Gesellschafterversammlung wegen Zustimmung zur Teilung eines Geschäftsanteils sowie zu den Veräußerungen beurkunden und stimmten den Veräußerungen durch Unterschrift unter den Notarvertrag zu. Erwerber waren die O-GmbH, die für 4.726.347,00 DM rd. 7/8 der Anteile im Nennwert von 87.500 DM erwarb, und die N-GmbH, die für 673.653,00 DM rd. 1/8 der Anteile im Nennwert von 12.500 DM erwarb. In dem Vertrag heißt es u. a., die Kaufpreise seien an X. zu bezahlen, der sie an die Treugeber auszahlen werde; nach vollständiger Auszahlung würden die bestehenden Treuhandverträge für die Zukunft gegenstandslos.

Im Vertrag vom 08.07.1997 war außerdem eine Preisanpassungsklausel enthalten, wonach sich der Kaufpreis bei einer Kostenunterschreitung bei dem von der GmbH betriebenen Investitionsprojekt "Wohnsiedlung 1" in Bezug auf geschätzte Projektkosten von 13,2 Mio. DM erhöhen und bei einer Kostenüberschreitung vermindern sollte. Am 22.08.1997 (UrNr. ../1997, Bl. 39 Rb-Akte A. I) schlossen X., die Vertreter der O-GmbH und der N-GmbH sowie die Treugeber wegen eines Irrtums der Verkäuferseite bei dem Projekt "Wohnsiedlung 1" einen Vergleichsvertrag. Hiernach erhöhte sich der Gesamtkaufpreis auf 6,2 Mio. DM (O-GmbH 5.426.547 DM und N-GmbH 773.453 DM). Außerdem wurde die Preisanpassungsklausel geändert. Hierdurch erhöhte sich der Kaufpreis für die GmbH-Anteile im Nennwert von 100.200 DM auf insgesamt 7,7 Mio. DM. Auf den vom Klä...

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