Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Kindergeld für „arbeitssuchende“ Kinder
Leitsatz (redaktionell)
Gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Jahres 2005 besteht ein Anspruch auf Kindergeld für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als arbeitssuchend gemeldet sind.
Die automatische Löschung als Arbeitssuchender bei der Agentur für Arbeit führt nicht zwingend zum Wegfall des Kindergeldanspruchs.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 62 Abs. 1, § 63
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die Monate Oktober bis Dezember 2005 gegenüber der Klägerin zu Recht aufgehoben hat und den überzahlten Betrag zu Recht zurückgefordert hat.
Die Klägerin hatte für ihr am 01.07.1985 geborenes Kind A. Kindergeld bezogen. Nach der Ausbildung an der Staatlichen Berufsfachschule für Hauswirtschaft bis Juli 2004 war A. ab Juli 2004 beim Arbeitsamt B. als arbeitssuchend gemeldet. In den Monaten November und Dezember 2005 hat A. eine geringfügige Nebentätigkeit in einem Privathaushalt aufgenommen für monatlich 400 €. Sie arbeitete unter 15 Stunden pro Woche. Ab 01.01.2006 gründete A. einen eigenen Betrieb für Hauswirtschafts- und Reinigungsarbeiten.
Nach Aktenlage war die Tochter der Klägerin bis 26.09.2005 bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet. Laut einem dem Gericht vorliegenden Computerausdruck der Arbeitsverwaltung hatte A. letztmalig am 24.06.2005 bei der Arbeitsvermittlung vorgesprochen. Anlässlich dieser Vorsprache wurde sie auf den Drei-Monats-Termin hingewiesen. Nach einer Aktennotiz vom 29.09.2005 ist A. zum vereinbarten Termin nicht erschienen. Da A. ihr Arbeitsgesuch nicht spätestens nach drei Monaten erneuert hatte, wurde sie am 27.09.2005 bei der Arbeitsvermittlung abgemeldet und dort nicht mehr als Arbeitssuchende geführt.
Nachdem die Familienkasse im März 2006 erfahren hatte, dass A. seit 27.09.2006 nicht mehr als Arbeitssuchende bei der Agentur für Arbeit gemeldet war, hob die Familienkasse mit Bescheid vom 25.04.2006 die Kindergeldfestsetzung von Oktober 2005 bis März 2006 auf und forderte den überzahlten Betrag von 924 € von der Klägerin zurück. Der Einspruch vom 05.05.2006 war erfolglos geblieben und mit Entscheidung vom 09.05.2006 als unbegründet zurück gewiesen geworden.
In ihrer Klage vom 09.06.2006 macht die Klägerin geltend, ihre Tochter sei bis einschließlich Dezember 2005 arbeitslos gewesen und auch arbeitslos beim Arbeitsamt C. gemeldet gewesen und dort immer wieder vorstellig geworden. Sie habe in diesen beiden Monaten eine geringfügige Nebentätigkeit aufgenommen und jeweils monatlich 400 € verdient. Diese Nebentätigkeit habe unter 15 Stunden pro Woche gelegen. A. habe zu diesem Zeitpunkt noch eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung gesucht. Sie habe eine Anstellung nicht nur über das Arbeitsamt, sondern auch über eigene Bewerbungen gesucht. Sie erfülle damit die Voraussetzungen des § 118 SGB III.
Ab 01.01.2006 habe sie eine selbständige Tätigkeit aufgenommen, die ebenfalls unter 15 Wochenstunden liege. Auch jetzt suche sie noch eine versicherungspflichtige mehr als 15 Stunden umfassende Tätigkeit.
A. sei bis Dezember 2005 arbeitslos gewesen und auch arbeitslos gemeldet gewesen. Sie sei mit ihrer Großmutter zusammen beim Arbeitsamt vorstellig geworden wegen eines Termins bzw. habe dort angerufen. Man habe ihr damals gesagt, sie müsse nicht nochmals kommen, da man ihr keine Arbeitsstelle vermitteln könne. Seitens der Arbeitsagentur habe man A. mitgeteilt, sie müsse nicht mehr vorsprechen. Ihrer Meldepflicht sei A. jedenfalls in vollem Umfang nachgekommen.
In der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin an, A. habe sich nach dem 24.06.2005 wiederholt telefonisch beim Arbeitsamt C. gemeldet.
Auch die Zeugin A. Steinwender äußerte sich im Rahmen ihrer Vernehmung dahin, dass sie ca. um den 26. des jeweiligen Monats sich telefonisch beim Arbeitsamt gemeldet habe. Dort habe man sie nicht mit dem zuständigen Sachbearbeiter verbunden, sondern es sei mitgeteilt worden, der Sachbearbeiter sei nicht da bzw. nicht zu sprechen. Man merke sie für weitere drei Monate als arbeitssuchend vor.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 25.04.2006 und die Einspruchsentscheidung vom 09.05.2006 bezüglich der Monate Oktober bis Dezember 2005 aufzuheben. Hilfsweise beantragt sie das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren zur Rechtsfrage des „arbeitssuchend gemeldeten Kindes“ gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG.
Die Beklagte beantragt ebenfalls das Ruhen des Verfahrens. Hilfsweise beantragt sie Klageabweisung. Für den Fall des Unterliegens beantragt sie die Revision zuzulassen.
A. habe sich zuletzt am 24.06.2005 bei der Arbeitsvermittlung gemeldet. Das Arbeitsgesuch müsse alle drei...