Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung von Wohnungen an Prostituierte zur Ausübung ihres Gewerbes nicht von der Umsatzsteuer befreit

 

Leitsatz (amtlich)

Die kurzfristige Überlassung von Wohnungen zur Duldung der Ausübung der Prostitution in diesen Räumen ist eine umsatzsteuerpflichtige einheitliche sonstige Leistung, die sich wesentlich von der bloßen Vermietung und Verpachtung von Räumen zu Wohnzwecken oder zu sonstiger gewerblicher Nutzung unterscheidet.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.02.2014; Aktenzeichen XI R 1/12)

BFH (Urteil vom 19.02.2014; Aktenzeichen XI R 1/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin durch die Vermietung von Wohnungen in verschiedenen Häusern an Prostituierte zur Ausübung deren Gewerbes steuerfreie Umsätze im Sinne von § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG getätigt hat.

Die Klägerin wohnt seit 1997 in A in der B . Dort meldete sie zum 01.01.2002 eine Verkaufsstelle für Textilien und Accessoires an; dieses Gewerbe hatte sie vorher ab 01.01.2000 in der C in A angemeldet gehabt. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1999 bis 2002 gab sie an, Einkünfte aus der Untervermietung von Wohnungen erzielt zu haben. Umsatzsteuererklärungen reichte sie zunächst nicht ein.

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung, mit der bei der Klägerin am 07.10.2004 begonnen wurde, stellte der Prüfer fest, dass sie mehrere Wohnungen angemietet und diese möbliert und an Prostituierte weitervermietet hatte, in denen diese ihr Gewerbe ausübten. Die Wohnungen befanden sich in verschiedenen Häusern und waren nicht räumlich verbunden. Die Klägerin stellte keine bordellartige Organisation zur Verfügung und erbrachte nur geringfügige weitere Leistungen wie etwa die Reinigung der Wohnungen oder die Bereitstellung von Handtüchern und Bettwäsche. Die Höhe der Mieten bestimmte sich nach Tagespauschalen, zumeist 100 DM bzw. 50 €, sie hingen aber nicht von den Umsätzen der Prostituierten ab. Die Mietverhältnisse mit den Prostituierten dauerten mindestens eine Woche, meistens mehrere Wochen, in seltenen Fällen nur einige Tage.

Da die Klägerin keine Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben geführt oder aufbewahrt hatte, ermittelte der Steuerfahnder die Umsätze und abziehbaren Vorsteuerbeträge im Wege der Schätzung. Dabei nutzte er Aufzeichnungen der Polizei, die in unregelmäßigen Abständen die Wohnungen der Prostituierten zu Kontrollzwecken aufgesucht hatte. Die so gefundenen Besteuerungsgrundlagen wurden der Klägerin vor Abschluss der Fahndungsprüfung zur Kenntnis gebracht.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Fahndungsprüfers und setzte gegenüber der Klägerin mit den Bescheiden vom 19.02.2008 die Umsatzsteuer für 2001 in Höhe von 10.951,36 €, für 2002 in Höhe von 12.912,22 € und für 2003 in Höhe von 13.705,73 € fest.

Auch für das Streitjahr 2004 hatte die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung trotz Aufforderung nicht eingereicht. Das Finanzamt ermittelte daher die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung und setzte die Umsatzsteuer für 2004 mit dem Bescheid vom 19.02.2008 in Höhe von 19.000 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest (§ 164 AO). Mit dem Bescheid vom 03.03.2008 hob das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung ohne Änderung der Besteuerungsgrundlagen auf.

Für das Streitjahr 2005 gab die Klägerin am 05.02.2008 eine Umsatzsteuererklärung ab, in der sie eine Umsatzsteuer von 4.983,41 € anmeldete (§ 168 AO). Die Umsätze zu 16% erklärte sie in Höhe von 81.620 € und die abziehbaren Vorsteuerbeträge in Höhe von 8.075,79 €. Das Finanzamt folgte der Steueranmeldung und setzte in dem Abrechnungsbescheid vom 22.02.2008 Zinsen gemäß § 233a AO in Höhe von 247 € fest.

In den fristgerecht erhobenen Einsprüchen machte die Klägerin geltend, die von ihr übernommenen Nebenleistungen, wie etwa die Reinigung, führten nicht dazu, der Vermietung der Wohnungen ein anderes Gepräge zu geben. Wegen der Beurteilung ihrer Umsätze als steuerbefreit berief sie sich auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf (Urteil vom 09.10.1996, Az. 5 K 7121/92 U, EFG 1997, 506).

Die Einsprüche wies das Finanzamt in der Entscheidung vom 12.06.2008 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2003 vom 19.02.2008, den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 19.02.2008 in Gestalt des Bescheides vom 03.03.2008 und die Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 aufgrund der Umsatzsteuererklärung vom 05.02.2008 sowie den Zinsbescheid zur Umsatzsteuer 2005 vom 22.02.2008, sämtliche Bescheide jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2008 ersatzlos aufzuheben.

Zur Begründung führt sie Folgendes aus:

Bei der von ihr erbrachten Überlassung der Wohnungen handele es sich um steuerfreie Vermietungen. Auch wenn tatsächlich die Mietverhältnisse nur von kurzer Dauer gewesen seien, habe sie doch die Absicht gehabt, auch längerfristig zu vermieten. Einen bordellartigen Betrieb habe sie nicht unterhalten. Die Wohnungen seien räumlich getrennt und nicht in einer einheit...

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