Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschafts-Informatiker – eine ingenieurähnliche Tätigkeit?
Leitsatz (amtlich)
Ein ähnlicher Beruf iSd § 18 Abs. 1 Nr. 1 S 2 EStG setzt eine einem Katalogberuf qualifizierte Ausbildung voraus. Die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit allein reicht nicht aus, sondern der Steuerpflichtige muss auch über in Tiefe und Breite vergleichbare Kenntnisse verfügen.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger eine Ausbildung hat bzw. eine Tätigkeit ausübt, die der eines Wirtschaftsinformatikers vergleichbar ist und er deshalb nicht gewerbesteuerpflichtig ist.
Der am 24. Januar 1965 geborene Kläger hat im Juni 1982 den Realschulabschluss erhalten (Bl. 57 GewSt-Akten). Vom August 1982 bis Juli 1984 hat er eine Lehre als Versicherungskaufmann absolviert, die er am 18. Juli 1984 mit der Abschlussprüfung zum Versicherungskaufmann vor der Industrie- und Handelskammer bestanden hat (Bl. 10 Sonderakten). Vom Oktober 1987 bis November 1988 hat er sich bei CONTROL DATA INSTITUT - CDI - die berufliche Qualifikation "EDV-Zusatzwissen" erworben. Die Prüfungsleistungen ergaben die Gesamtbewertung "mit mangelhaftem Erfolg (48 %)" (Bl. 63 Prozessakten).
Im Anschluss an die Ausbildung als Versicherungskaufmann war er von August 1992 bis Dezember 1995 als Versicherungskaufmann und Sachbearbeiter für die A AG tätig. In den Jahren 1987 - 1989 erfolgten Umschulmaßnahmen zum Organisationsprogrammierer und DV-Organisator (Bl. 74 Prozessakte). Nachfolgend arbeitete er von 1989 bis 1991 als angestellter Organisationsprogrammierer für die Z-Bank AG (vgl. auch Aufstellung im Gutachten Bl. 160 Prozessakte). Während dieser Zeit nahm er an einem ABB-Seminar Bankwesen in der Zeit vom 02. April 1990 - 21. Mai 1990 teil (Bl. 1 Schnellhefter). Das Seminar fand an 7 Abenden in der Zeit von 17.30 Uhr bis 20.20 Uhr statt. Von 1991 - 1998 war er als angestellter Sachbearbeiter für die Wertpapier-Fachberatung des Genossenschaftsbundes B GmbH tätig. Von August 1998 bis März 2004 war er auf selbständiger Basis für die D Bank tätig. Im Anschluss folgten bis Juni 2006 Projekte bei der H-Bank, die US-Army sowie für die d-Bank. Letztere Tätigkeiten erfolgten im Rahmen des mit der Firma EDV-Consulting R. B. geschlossenen Projektvertrags vom 21. Dezember 2004 (wegen der Einzelheiten des Vertrages vgl. Bl. 43 Sonderakten).
Der Kläger trug vor, während seiner Berufstätigkeit mit verschiedenen Betriebs- und Datenbanksystemen (MVS OS/ESA, TSO, Z/OS, DB2) gearbeitet zu haben und u.a. mit dem Erstellen von Programmen in verschiedenen Computersprachen (PL 1, JCL, 1 Cobol I und II, DCF, Word, Windows NT) betraut gewesen zu sein. Weiterhin legte er für die permanente Fort- und Weiterbildung folgende Teilnahmebescheinigungen der A AG vor (Bl.12 f. Sonderakten):
- Job Control Language (Einführung), 12. - 20. Oktober 1988
- Programmierlogik, 24. Oktober 1988 - 03. November 1988
- PL/1, 23. November - 15. Dezember 1988
- Datenbank-Einführung, 19. - 23. Dezember 1988
- GV-Modul-Programmierung, PL 1, 09. - 18. Januar 1989
- Programmierprüfung, 13. - 24. Februar 1989
- Propue-DB, 06. - 15. März 1989.
Teilnahmebescheinigungen anderer Firmen:
- IMS Grundlagen vom 11. - 13. Juni 1990 bei der IBM
- MVS JCL Jobplanung und Jobsteuerung vom 24. - 27. September 1990 bei der IBM
- ANS Cobol für Sprachumsteiger mit IBM-Computertraining vom 08. - 12. Oktober 1990 bei CDI
- DCF Grundlagen vom 23. - 25. November 1992 bei ISO (Bl. 2 Schnellhefter)
- DCF für Fortgeschrittene am 26. und 27. November 1992 bei ISO (Bl. 3 Schnellhefter)
- Case Einführungsseminar ADW/Analysis vom 01. - 05. Februar 1993 bei BIK (Bl. 4 Schnellhefter)
- Seminar Testfallermittlung mit TEST - CADETT - (Eingabeorientiert) vom 01. - 03. März 19.. bei SQS (Bl. 5 Schnellhefter)
- Dresdner Bank Testverfahren vom 15. - 17. März 1995 bei SQS (Bl. 6 Schnellhefter)
- Testdatenerstellung und -verwaltung mit TEST-DAT (Workshop) vom 22. - 24. Mai 1995 bei SQS (Bl. 7 Schnellhefter)
- Client/Server KA vom 24. - 26. April 1996 bei intregrata (Bl. 8 Schnellhefter)
In den am 29. März 2007 und am 15. Januar 2008 dem Beklagten vorgelegten Einkommen- und Gewerbewerbesteuererklärungen der Jahre 2005 und 2006 wurden die Einkünfte in vollem Umfang als gewerbliche Einkünfte deklariert. Es wurde ausgeführt, dass die Gewerbesteuererklärungen vorsorglich eingereicht und Gewerbesteuerrückstellungen in den Bilanzen gebildet worden seien. Der Kläger halte aber weiterhin an seiner bereits im Veranlagungsverfahren 2004 vertretenen Meinung fest, dass es sich um freiberufliche und nicht um gewerbliche Einkünfte handele. Am 05. März 2008 hat der Beklagte Gewerbesteuermessbescheide für 2005 und 2006 gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen. Am 29. Juli 2009 hat der Beklagte für 2005 den Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 3 AO aufgehoben. Gegen die Gewerbesteuer...