Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitliches Vertragswerk im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts: Rechtliche und tatsächliche Kontrolle der Bebauung durch den Veräußerer
Leitsatz (amtlich)
Die Bebauung ist auch dann noch dem Veräußerer zuzurechnen, womit ein einheitliches Vertragswerk i.S.d. Grunderwerbsteuerrechts vorliegt, wenn zwar den Veräußerer des Grundstücks zivilrechtlich keine Bauverpflichtung trifft, er diese aber auf den Erwerber abwälzt und er im Hinblick auf ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Bebauung weiterhin die rechtliche und Kontrolle bezüglich der baulichen Ausgestaltung innehat.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Grundstückskaufvertrag vom 20. Mai 2009 in Zusammenhang mit dem der Errichtung eines Gebäudes zu Grunde liegenden Werkvertrag vom 22. Juni 2009 als einheitlicher Erwerbsvorgang (einheitliches Vertragswerk) im Sinne der Grunderwerbsteuer zu beurteilen ist.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 20. Mai 2009 (Urkundenrolle Nummer ...5/2009 B) hat die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann den im Grundbuch von G Blatt ...5 eingetragenen, im Rahmen der Baulandumlegung „G" neu entstandenen Grundbesitz Gemarkung G, Flur ..., Flurstück Nr. ...7, Bauplatz, G, 413 qm zu je ½ Anteil erworben. Der Gesamtkaufpreis betrug € 165.000,00.
In dem Kaufvertrag ist u.a. ausgeführt:
„§ 9 Bauverpflichtung
1. Das Kaufobjekt befindet sich im Gebiet des Bebauungsplans „Wohngebiet G ...9". Dieser Bebauungsplan zeichnet sich durch eine geringe Regelungsdichte und große Gestaltungsspielräume aus, um so auf unterschiedliche Wohnwünsche flexibel reagieren zu können. Um dennoch weitere gestalterische Aspekte zur Geltung zu bringen und langfristig trotz der geringen Regelungsdichte des Bebauungsplans die herausragende städtebauliche Qualität des Wohngebietes zu sichern, wurde parallel zu dem Bebauungsplan das „Gestaltungshandbuch G geschaffen, das neben den öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Bebauungsplanes verpflichtende Grundlage für die planerischen Überlegungen des Käufers sein soll. Das Gestaltungshandbuch nennt dem Bauherren „Leitlinien", die verpflichtend umzusetzen sind, und Anregungen, die lediglich „Empfehlungscharakter" haben. ....
2. Die Umsetzung des Gestaltungshandbuchs wird durch eine Lenkungsgruppe gesteuert, die sich aus Vertretern des Entwicklungsträgers (der G GmbH (Die G GmbH ist ein Zusammenschluss der Stadtwerke X AG mit der Wohnbau X GmbH.)) und der Stadt X, Stadtplanungsamt, zusammensetzt.
Dem Käufer ist bekannt, dass die Vorgaben des Gestaltungshandbuchs nicht öffentlich-rechtlich verbindlich sind. Um den Anliegen des Verkäufers gemäß Nr. 1 Rechnung zu tragen, hat der Käufer der Lenkungsgruppe vor dem Abschluss des gegenwärtigen Kaufvertrages Pläne nebst Flächenberechnungen, die von der Lenkungsgruppe geprüft und durch Erteilung eines Prüfvermerks freigegeben worden sind, eingereicht.
3. Der Käufer verpflichtet sich, unverzüglich nach Besitzübergang und Erteilung der Baugenehmigung bzw. Freigabe des Bauvorhabens im Freistellungsverfahren nach § 67 Landesbauordnung auf dem Kaufobjekt mit der Errichtung der Bauwerke und Nebenanlagen entsprechend den dieser Urkunde als Anlage 2 beigefügten und von der Lenkungsgruppe genehmigten und mit Prüfvermerk versehenen Plänen nebst Flächenberechnungen zu beginnen und diese innerhalb von 24 Monaten in einem Zuge bezugsfertig zu erstellen. ..."
Die dem Kaufvertrag als Anlage 2 beigefügten und von der Lenkungsgruppe am 23. April 2009 genehmigten und mit Prüfvermerken versehenen Pläne und Flächenberechnungen waren von dem Ingenieurbüro K mit Datum 20. April 2009 erstellt worden. Im Übrigen wird auf den Inhalt des notariellen Kaufvertrages vom 20. Mai 2009 (Urkundenrolle Nummer ...5/20009 B) Bezug genommen (Bl. 2 ff. Verwaltungsakten).
In dem dem Ehemann der Klägerin zugesandten Fragebogen gab dieser an, dass im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb mit einem Bauunternehmen ein Bauvertrag geschlossen worden sei. Eine Kopie des Bauerrichtungsvertrages mit der Firma S Immobilien GmbH war beigefügt. Der Festpreis für das Bauvorhaben war mit 298.075,- € vereinbart. Der Vertrag war von dem Bauunternehmen am 30. April 2009 ausgefertigt und unterschrieben worden und wurde von dem Ehemann der Klägerin am 22. Juni 2009 gegengezeichnet.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2009 setzte der Beklagte daraufhin die Grunderwerbsteuer für den auf die Klägerin entfallenden Anteil - ausgehend von dem Kaufpreis für den Grund und Boden in Höhe von 165.000,- € und die vereinbarte Werkleistung in Höhe von 298.075,- € - auf 8.103,- € fest.
Mit ihrem Einspruch hiergegen machte die Klägerin geltend, dass nur der Kaufpreis für das Grundstück in Höhe von 165.000,- € hätte der Besteuerung zu Grunde gelegt werden dürfen, da die Voraussetzungen für die Annahme eines einheitlichen Vertragswerkes nicht vorlägen, da keinerlei gesellschaftsrechtliche, ...