Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer tarifbegünstigten Betriebsaufgabe
Leitsatz (amtlich)
Wird im Wege vorweg genommener Erbfolge ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit Ausnahme der Hofreite, des hierzu zugehörigen Grundstücks und des Hälfteanteils zweier Ackerland-Grundstücke, die auf den weichenden Erben übertragen werden, unentgeltlich auf das den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb fortführende Kind übertragen, liegt keine tarifbegünstigte Betriebsaufgabe im Sinne der §§ 14, 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 EStG, sondern eine unentgeltliche Betriebsübertragung im Sinne des § 6 Abs. 3 EStG vor. Überdies muss eine Betriebsaufgabe nach den äußeren Umständen einmal klar zu erkennen sein. Zum anderen muss der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eindeutig bestimmt sein. Im Streitfall ist der Zeitpunkt der Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes schon nicht klar zu erkennen gewesen. Schließlich kommt auch eine rückwirkende Erklärung der Betriebsaufgabe nicht in Betracht. Dies hat zur Folge, dass es sich im Streitfall bei den an den weichenden Erben übertragenen Grundstücken um Entnahmen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG handelt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 3, §§ 14, 14a, 6a Abs. 3 S. 1, § 34 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob im Streitfall eine Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 EStG oder eine unentgeltliche Betriebsübertragung im Sinne des § 6 Abs. 3 EStG vorliegt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - im Folgenden: GbR -. Sie betrieb in den Streitjahren 2001 und 2002 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Herr G. S. und Frau E. S. waren zu jeweils 50% Gesellschafter der GbR und waren jeweils zur Hälfte an ihrem Gewinn beteiligt. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin lief vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres. Die GbR betrieb einen Gemischtbetrieb mit Getreide- und Zuckerrübenanbau mit einer Fläche von ca. 20 ha und Weinbau mit einer Fläche von ca. 7 ha. Sowohl Herr S. als auch Frau S. besaßen landwirtschaftliche Grundstücke, das heißt Ackerland und Weinberge im Alleineigentum, die im Rahmen der von ihnen betriebenen GbR bewirtschaftet wurden.
Ab dem 1. Juli 1994 wurden neben den Weinbergsflächen auch die Wirtschaftsgebäude mit Weinlager und Maschinen an den Sohn der Gesellschafter der Klägerin, Herrn W. S., verpachtet und von diesem bewirtschaftet. Die Ackerflächen verpachteten die Eheleute S. an ihren Neffen. Die hieraus erzielten Pachterlöse erklärten die Eheleute S. im Rahmen der von der Klägerin abgegebenen Feststellungserklärungen seither als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, wobei die Klägerin ihren Gewinn ab dem 1. Juli 1998 nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte.
Mit notariellem Übergabevertrag vom 14. März 2002 übertrugen die Gesellschafter der Klägerin, die Eheleute S. „im Hinblick auf die künftige Erbfolge und im Wege vorweggenommener Erbteilung" den im Übergabevertrag aufgeführten Grundbesitz an ihre Kinder Herrn W. S. und Frau U. Sch.
Herr W. S. erhielt mit Ausnahme der Hofreite und dem hälftigen Anteil an zwei Weinbergsgrundstücken als ausgebildeter Winzer- und Landwirtschaftsmeister alle unter Buchstabe B. des notariellen Vertrages aufgeführten landwirtschaftlich als Ackerland oder Weinberge genutzten Grundstücke. Frau U. Sch. erhielt die Hofreite, die unter Buchstabe A. des Übergabevertrages mit den Grundstücken in der Pfarrgasse 3 in Saulheim aufgeführt war. Unter Buchstabe D. übertrugen die Gesellschafter der Klägerin zudem zwei (Ackerland)-Grundstücke jeweils zur Hälfte an ihre Kinder.
Das Grundvermögen der Gesellschafter der Klägerin wurde unentgeltlich übertragen. Des Weiteren wurde zwischen dem Sohn und der Tochter der Gesellschafter der Klägerin vertraglich festgehalten, dass sie gleichgestellt seien und gegenseitig auf Ansprüche hinsichtlich der übertragenen Grundstücke verzichteten. Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren sollten gemäß Buchstabe F. Ziff. 2 des Übergabevertrages zum 1. Januar 2002 auf die Kinder übergehen. Im Übrigen wird auf den Übergabevertrag zwischen den Gesellschaftern der Klägerin und deren Kindern vom 14. März 2002 verwiesen (Vertragsakte, Bl. 1 ff.).
Bei den im Übergabevertrag vom 14. März 2002 aufgeführten Grundstücken handelte es sich um sämtliche im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücke der Klägerin, die als Acker- bzw. Weinbergsflächen genutzt wurden. Der Sohn der Gesellschafter der Klägerin hatte zum Übertragungszeitpunkt bereits eine im Außenbereich gelegene eigene Hofstelle errichtet. Von hier aus bewirtschaftete er seinen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb. Die an die Tochter der Gesellschafter der Klägerin übergegangene Hofreite wurde zum Zeitpunkt der Übertragung von ihm nur noch für den Ausbau und die Lagerung von Wein verwendet. In der Folgezeit reduzierte dieser die weinbauliche Nutzung kontinuierlich. Im Jahr 2007 bewirtschafte...