Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG in der ab dem Jahr 2001 gültigen Fassung sind die Aufwendungen eines Arbeitnehmers auch für mehrere arbeitstägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
2. Die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG verstößt nicht gegen die Verfassung, da es dem Gesetzgeber freigestellt ist, den Abzug bestimmter Aufwendungen typisierend mit einem Pauschbetrag zu gestalten.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Aufwendungen als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit für eine zusätzliche tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Der Kläger ist Opernchorsänger beim ... in ... war im Streitjahr 2001 wohnhaft in ...
In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 machte er für Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte an 270 Arbeitstagen bei einer einfachen Entfernung von 35 Kilometern Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Ziffer 4 EStG geltend. Mit Schreiben vom 31. Mai 2002 machte er darüber hinaus Fahrtkosten für 270 Tage mit einem pauschalen Kilometersatz von 58 Pfennigen pro Kilometer für je 30 Kilometer der Hin- und Rückfahrt ... geltend. Daraus ergaben sich weitere Werbungskosten in Höhe von 9.396,-DM (2x 30 km x 58 Pfennige pro km x 270 = 9.396,-- DM). Er legte dazu eine Bestätigung des ... vor, nach der seine Dienstzeit an diesen Tagen den Zeitraum von 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr und von 18:00 Uhr bis Proben- bzw. Vorstellungsende umfasst. Auf die Bescheinigung wird Bezug genommen (Bl. 6 der ESt-Akte).
Im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 17. Juni 2002 erkannte der Beklagte Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für 270 Tage an. Dabei berücksichtigte er pro Tag 10 Entfernungskilometer mit 0,70 DM und 25 Entfernungskilometer mit 0,80 DM. Die darüber hinaus geltend gemachten Werbungskosten für eine arbeitstäglich zweite Hin- und Rückfahrt erkannte der Beklagte nicht an.
Mit seinem Einspruch vom 24. Juni 2002 trug der Kläger vor, bei den zusätzlichen Fahrten handele es sich um Dienstfahrten im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Die Diensteinteilung umfasse arbeitstäglich den in der Bescheinigung des Arbeitgebers angegebenen Zeitraum. Durch die Entfernungspauschale würden nur die typischen Fälle der einmaligen Fahrt zur Arbeitsstelle erfasst. Die nicht typisierten Fälle erfasse das Gesetz nicht. Beim Kläger seien die Fahrten zwangsläufig und beruflich veranlasst. Der Gesetzgeber müsse deshalb für derartige nicht typisierte Fälle eine besondere Regelung treffen. Tue er dies nicht, handele es sich bei der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der Fassung des Einkommensteuergesetzes 2001 um eine verfassungswidrige Bestimmung und grobe Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, die unmöglich "in der Natur" einer gesetzlichen Typisierung liegen könne. Insoweit bedeute der Ansatz der zusätzlichen Fahrten als Dienstfahrten auch keine Umgehung des Gesetzestatbestandes.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16. September 2002 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG zur Abgeltung der Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für jeden Arbeitstag eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung gewähre. Diese Entfernungspauschale könne für den Weg zu derselben Arbeitsstätte für jeden Arbeitstag nur einmal angesetzt werden. Eine Entfernungspauschale von 0,58 DM je Kilometer für weitere Fahrten sei in § 9 EStG nicht vorgesehen.
Mit seiner Klage hiergegen trägt der Kläger vor, er habe als Opernchorsänger an jedem Arbeitstag vormittags durchschnittlich drei Stunden umfassende Proben und abends an ca. fünfstündigen Aufführungsdiensten teilzunehmen. Laut dem einschlägigen Tarifvertrag sei dabei zwischen den absolvierenden Diensten vor jeder Aufführung eine Ruhezeit von fünf Stunden einzuhalten. Der zeitlich eingeschränkte Vormittagsdienst bilde das Äquivalent dafür, dass der Kläger Aufführungen regelmäßig innerhalb der üblichen Nachruhezeiten bestreiten müsse. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag sei er zur Einhaltung einer fünfstündigen Ruhepause zwischen Proben und Aufführung verpflichtet. Innerhalb dieses Zeitraumes ergebe sich die Notwendigkeit, sich für die abendliche Aufführung einzusingen. Das notwendige Einsingen sei nur zuhause möglich, da nicht für jeden Sänger entsprechende Räumlichkeiten in der Oper vorgehalten würden. Als Ausgleich für Dienste an Sonn- und Feiertagen erhalte er einen zusätzlichen freien Werktag wöchentlich und einen weiteren halben freien Tag die Woche. Aus dieser Arbeitseinteilung ergebe sich die Notwendigkeit, dass er im Gegensatz zu sonstigen Arbeitnehmern zweimal täglich seine Arbeitsstätte aufzusuchen habe. In der Nichtanerkennung weiterer beruflich veranlasster Werb...