Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsunterbrechungsversicherung eines gewerblichen Einzelunternehmers (Versicherungsagentur)
Leitsatz (amtlich)
Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören, richtet sich nach der Art des versicherten Risikos (Anschluss an BFH-Rspr.).
Ist durch eine Betriebsunterbrechungs-Versicherung auch ein außerbetriebliches Risiko (hier: Krankheit des gewerblichen Einzelunternehmers) versichert, so sind nach Maßgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots gemäß § 12 Nr.1 EStG weder die Versicherungsbeiträge noch Leistungen der Versicherung Betriebsausgaben bzw. –einnahmen.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Zufluss einer Versicherungsleistung aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung im Rahmen einer einzelunternehmerischen gewerblichen Tätigkeit als Betriebseinnahme zu erfassen ist.
Der in L wohnhafte Kläger betrieb als Einzelunternehmer im streitbefangenen Kalenderjahr 2002 eine Versicherungsagentur in K. Der Gewinn des Unternehmens wird mittels Bestandsvergleich durch eine Bilanz jeweils zum 31.12. eines Kalenderjahres ermittelt und nach den Vorschriften der §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2b AO gesondert festgestellt.
Die am 9. März 2004 eingereichte Steuererklärung zur gesonderten Feststellung des Gewinns für das streitbefangene Kalenderjahr 2002 wurde gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Der entsprechende Bescheid wurde am 14. Mai 2004 mit einfachem Brief zur Post gegeben.
Im Kalenderjahr 2004 fand für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 eine steuerliche Außenprüfung statt. Im Betriebsprüfungsbericht vom 20.09.2004 wurde unter der Textziffer 1.8 folgende – hier streitbefangene - Feststellung festgehalten:
„1.8 Entnahme – Erlöse Betriebsunterbrechungsversicherung |
|
Kalenderjahr 2002 (in €) |
mehr Ertrag |
31.660,04 |
mehr Entnahme lt. BP |
31.660,04 |
Der Steuerpflichtige hat eine Praxis-Ausfallversicherung bei der AXA-Colonia Versicherung abgeschlossen. Gegenstand der Versicherung ist gemäß der Vertragsbestimmungen der Ersatz eines Unterberechungsschadens, wenn die Unterbrechung durch Krankheit oder Unfall der den Betrieb leitenden Person oder durch Quarantäne oder durch Beschädigungen oder Zerstörungen einer dem Betrieb dienenden Sache durch Feuer, Sturm/Hagel, Leitungswasser sowie Einbruch/Diebstahl entsteht.
Im Kalenderjahr 2002 erhielt Herr R (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden), bedingt durch einen längerfristigen krankheitsbedingten Ausfall, Leistungen aus dieser Versicherung i.H.v. insgesamt 31.660,04 €. Diese Leistungen stellen Betriebseinnahmen der Versicherungsagentur R dar. Im Rahmen der Steuererklärungen wurden diese erfolgsneutral als Einlage verbucht.“
Unter 1.9 des BP-Berichts (Einlage – Aufwand Betriebsunterbrechungsversicherung) heißt es: „Die in Zusammenhang mit Textziffer 1.8. stehenden Versicherungsbeiträge wurden nur teilweise als Betriebsausgaben verbucht.“ Der daraus resultierende Mehraufwand des Klägers (= mehr Einlage lt. BP) im Streitjahr wurde mit 717,05 € in Ansatz gebracht. Der Kläger hatte die Versicherungsbeiträge für Januar bis April 2004 als Betriebsausgabe gebucht, diejenigen für die Folgemonate – auch für das gesamte Streitjahr – nicht mehr.
Das Finanzamt änderte auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung u.a. den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für das Kalenderjahr 2002. Die Änderungen erfolgten jeweils nach § 164 Abs. 2 AO. Der Änderungsbescheid wurde mit einfachem Brief vom 09.11.2004 zur Post gegeben.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein mit der Begründung, die Auflösung der Versicherung unter Punkt 1.8 im Betriebsprüfungsbericht sei nicht korrekt. Ob Beiträge für Versicherungen Betriebsausgaben darstellten, richte sich nach der Art des versicherten Risikos und sei somit abhängig davon, ob das versicherte Risiko ein privates oder betriebliches Risiko darstelle. Hinsichtlich der Betriebsunterbrechungsversicherung liege eine Stellungnahme der OFD Köln (Schreiben vom 24.10.1983, S 2144-40-St111) vor. Nach diesem Schreiben seien Beiträge zu einer derartigen Versicherung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Begründet werde dies damit, dass eine solche Versicherung nicht unwesentlich die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühre und eine Aufteilung in einen betrieblichen und privaten Teil nicht möglich sei.
Nach der Kommentarliteratur seien Beiträge für eine Betriebsunterbrechungsversicherung nur dann als Betriebsausgaben anzuerkennen, wenn diese Versicherung ausschließlich für Schäden aufkomme, die durch höhere Gewalt verursacht seien und nicht durch persönliche Risiken des Steuerpflichtigen, wie beispielsweise Erkrankung, Unfall oder Tod, ausgelöst seien (Hinweis auf Bekker in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommen- und Körperschaftsteuer, Kommentar § 21. Aufl., § 4 Rn 1...