Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldzahlung - Unterbrechung der Berufsausbildung durch ein Urlaubssemester
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, ob sich ein Kind während des Urlaubssemesters in Berufsausbildung befindet.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Tochter ... des Klägers in der Zeit von Oktober 1997 bis September 1999 die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG für die Kindergeldgewährung erfüllt sind.
Der Kläger ist der Vater der am 23. Dezember 1973 geborenen ... ; ... war in der der Zeit vom 6. März 1996 bis 8. Februar 1999 an der ... Universität in ... für das Studium der Betriebswirtschaftslehre immatrikuliert. Wegen der Geburt ihrer Tochter ließ sie sich für das Wintersemester 1996/97 beurlauben. Im Sommersemester 1997 besuchte sie Vorlesungen und legte Klausurprüfungen ab. Für das Wintersemester1997/98, das Sommersemester 1998 und das Wintersemester1998/99 ließ sie sich erneut beurlauben. Im Frühjahr 1999 zog sie von ... nach ... Dort immatrikulierte sie sich für das Sommersemester 1999 an der ... Universität, ließ sich jedoch gleichzeitig beurlauben und zum Wintersemester 1999/2000 exmatrikulieren.
Im Jahr 1998 hatte ... lt. Einkommensteuerbescheid vom 23. Februar 2000 (Bl. 162/163 Kindergeldakte) Einkünfte in Höhe von 23.489 DM. In der Zeit von Januar bis September 1999 hatte sie keine Einkünfte und Bezüge. Seit Oktober 1999 ist sie nicht selbständig tätig und hat monatliche Bezüge von 2.600 DM.
Mit Bescheid vom 20. April 2000 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für ... ab Oktober 1997 gemäß § 70 Abs. 2 EStG und forderte das für die Zeit von Oktober 1997 bis Juni 1998 gezahlte Kindergeld zurück. Zur Begründung führte sie aus, ... habe sich nicht mehr in Ausbildung befunden, da sie beurlaubt gewesen sei. Der gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und Rückforderung des Kindergeldes gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 2000 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Kindergeld für ... bis einschließlich September 1999. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG vorgelegen; ... habe sich in Ausbildung befunden. Die Unterbrechung des Studiums wegen Erziehungsurlaub sei unschädlich, da ... davon unabhängig das Studium gleichwohl betrieben habe, u. a. durch den Besuch von Vorlesungen. So habe sie z. B. im Sommersemester 1998 die Vorlesung „Produktion und Organisation“ und im Sommersemester 1999 Statistikvorlesungen besucht.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab Oktober 1997 und Rückforderung von Kindergeld für die Zeit von Oktober 1997 bis Juni 1998 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für seine Tochter ... für die Zeit von Oktober 1997 bis September 1999 Kindergeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, seit dem Systemwechsel gehöre die Zeit, in der ein Kind ein Kindeskind betreue, nicht mehr zur Schul- oder Berufsausbildung. Während der Zeit der Beurlaubung hätten die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG nicht vorgelegen.
Für das Jahr 1997 sei darüber hinaus nicht nachgewiesen, dass der Grenzbetrag für Einkünfte und Bezüge nicht überschritten sei. Für 1998 ergebe sich aus dem Einkommensteuerbescheid, dass ein Anspruch auf Kindergeld wegen Überschreitens des Grenzbetrages ausgeschlossen sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur für die Monate Januar bis September 1999 begründet; für die Zeiträume Oktober bis Dezember 1997 und das Jahr 1998 besteht dagegen kein Anspruch auf Kindergeld.
Das Tatbestandsmerkmal „für einen Beruf ausgebildet“ wird vom Gesetz nicht näher umschrieben. Der BFH hat u. a. mit Urteil vom 9. Juni 1999 - VI R 33/98 (BStBl II 1999, S. 702) entschieden, dass der steuerrechtliche Begriff anzuwenden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Aus der gesetzlichen Formulierung „für einen Beruf ausgebildet wird“ wird nicht gefordert, dass die Ausbildungsmaßnahme in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben ist oder dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten dienen muss, die für den angestrebten Beruf zwingend notwendig sind. Die Auslegung hat vielmehr den Sinn und Zweck des seit 1. Januar 1996 geltenden Kindergeldes zu berücksichtigen, das Existenzminimum eines Kindes steuerlich freizustellen. Die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern ist auch dann gemindert, wenn Kind...