Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Krankheitskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten der Behandlung einer psychosomatischen Erkrankung ("Burnout") können als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit berücksichtigt werden, wenn die Erkrankung durch Mobbing am Arbeitsplatz verursacht wurde.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob nicht erstattete Aufwendungen des Klägers von 2.534,24 € für zwei Aufenthalte in einer privaten Klinik zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen.
Die Kläger sind zur Einkommensteuer 2010 zusammenveranlagte Eheleute. Der 1949 geborene Ehemann war im Streitjahr als Oberamtsrat, seit dem Jahr 2006 in Altersteilzeit, bei der Verbandsgemeindeverwaltung bei 88 geleisteten Arbeitstagen mit einem Jahresbruttoarbeitslohn von 27.040,00 € zzgl. eines Altersteilzeitzuschlags von 9.230,00 € berufstätig, von 1981 bis Anfang des Jahres 2009 in der Funktion des geschäftsleitenden Beamten. Seine 1951 geborene Ehefrau ist als technische Zeichnerin mit einem Jahrsbruttoarbeitslohn von 48.981,00 € bei einer GmbH angestellt.
Im Rahmen der gemeinsamen Einkommensteuererklärung der Kläger für 2010 machte der Kläger erfolglos u.a. die ihm nach Abzug von Erstattungen seitens der Beihilfestelle und der privaten Krankenversicherung verbliebenen, im Streitjahr angefallene Aufwendungen von insgesamt 2.534,24 € für seine stationäre Aufnahme vom 10. April bis zum 7. Mai 2010 sowie vom 1. bis 3. Oktober 2010 in der ... Klinik (im Folgenden: Klinik) in W, als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend (Aufstellung Bl. 4, im Folgenden jeweils: ESt-Akte 2010). Hierbei handelt es sich um eine Privatklinik für Psychotherapie und psychosomatische Gesundheitsentwicklung (im Einzelnen: Ausdrucke aus dem Internetauftritt, Bl. 15 bis 19).
Der dortige klägerische Aufenthalt beruhte auf einer Indikation des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. W (im Folgenden: Arzt). In dessen Schreiben vom 15. Juli 2009 ("Antrag Reha-Maßnahme", Bl. 6) diagnostizierte er beim Kläger ein bestehendes "reaktives psychophysisches Erschöpfungssyndrom bei Konflikt/Mobbing am Arbeitsplatz. Der eher introvertierte, durchaus arbeitswillige und gewissenhafte Beamte (leide) unter einem chronischen Konflikt am Arbeitsplatz…".
Eine Kostenübernahme durch die Beihilfestelle/die private Krankenversicherung wurde zunächst abgelehnt. Nachdem sich der Kläger nicht näher spezifizierten ambulanten Therapien unterzogen hatte, stellte er erneut einen diesbezüglichen Antrag, dem im Anschluss an ein (weiteres) "Ärztliches Attest zur Vorlage bei der privaten Krankenkasse" des Arztes vom 11. Februar 2010 (Bl. 10) stattgegeben wurde. Unter Hinweis auf sein Schreiben vom 15. September 2009 hatte der Arzt ausgeführt, dass sich der Kläger - mit Unterbrechungen - seit Jahren in seiner hausärztlichen Behandlung befinde. Neben Wirbelsäulenproblemen bestehe nunmehr "vor allem ein chronisch psychophysischer Erschöpfungszustand mit depressiver Entwicklung, wobei dem langwierigen psychosozialen Konflikt am Arbeitsplatz eine verstärkende Wirkung" hinzukomme. Nachdem zwischenzeitlich auch unter diversen ambulanten Therapien keinerlei Besserung eingetreten" sei, halte er "nunmehr eine spezielle stationäre Behandlung in einer Fachklinik für die Dauer von 4 Wochen für unbedingt angezeigt".
Das vom Arzt diagnostizierte "reaktive psychophysische Erschöpfungssyndrom bei Konflikt/Mobbing am Arbeitsplatz" soll auf eine Konfliktsituation mit dem klägerischen Dienstvorgesetzten, dem Verbandsbürgermeister der Verbandsgemeinde (im Folgenden: Bürgermeister) beruht haben. Insoweit trug der Kläger vor, dass er einem jahrelangen "Bossing" durch den Bürgermeister ausgesetzt gewesen sei.
Im März 2009 hatte der Bürgermeister das Diensttelefon des Klägers wegen dessen angeblich übermäßiger Privatnutzung laut Einzelverbindungsnachweisen abschalten und ihm den Zugang zum Email-System und dem Internet sperren lassen. Dieserhalb kam es am 16. Juli 2009 im Rahmen eines vom Kläger angestrengten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens zu einem gerichtlichen Vergleich dahin, dass der dienstliche Zugang zum Email-Konto und zum Internet wieder ermöglicht und das Diensttelefon zunächst für 3 Monate wieder frei geschaltet wurde. Während dieser Zeit sollte an Hand monatlicher Aufstellungen geprüft werden, ob sich der Umfang der Telefonate im Rahmen des an der Dienststelle Üblichen bewegte (verwaltungsgerichtlicher Vergleich, Bl. 7 und 8).
Nachdem der Bürgermeister dem Verwaltungsgericht im Zuge des Eilverfahrens eine Aufstellung privat geführter Gespräche des Klägers vorgelegt hatte, wandte sich dieser an den Datenschutzbeauftragten und stellte anschließend am 9. September 2009 gegen den Bürgermeister Strafanzeige wegen des Verdachts der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses; diese blieb auch nach Beschwerde des Klägers bei der Generalstaat...