Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1989
Nachgehend
Tenor
I. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1989 vom 23. Juni 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 1995 wird geändert. Der Beklagte hat die Einkommensteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgrunde auf den Betrag zu errechnen der sich ergibt, wenn ein Teil der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit von 150.000,– DM gemäß § 34 Abs. 1 EStG dem halben Steuersatz unterworfen wird.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger und der Beklagte je zu 1/2 zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger führte bis 31. März 1989 eine Einzelpraxis als Internist. Er ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes –EStG–. Zum 01. April 1989 gründete er zusammen mit … eine Gemeinschaftspraxis.
Der Kläger brachte die ihm gehörenden Gegenstände der Einzelpraxis in die Gemeinschaftspraxis ein. … zahlte dem Kläger entsprechend der Vereinbarung lt. § 8 Nr. 4 des am 17. Januar 1990 notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages 150.000,– DM als Gegenleistung für die eingebrachten Gegenstände und die Hälfte des ideellen Praxiswerts.
Der Beklagte hat die Kläger für das Streitjahr zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahr 1993 wurde bei der Gemeinschaftspraxis, die ihren Gewinn ebenfalls nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, für die Jahre 1989 bis 1991 eine Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, daß dem Kläger im Zusammenhang mit der Einbringung seiner Einzelpraxis Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 42.520,– DM zugerechnet worden waren. Der Prüfer vertrat dagegen die Auffassung, der von … gezahlte Betrag von 150.000,– DM sei im Jahr der Zahlung in vollem Umfang als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen.
Der Beklagte folgte zunächst dem Ergebnis der Betriebsprüfung in dem am 01. Juni 1993 ergangenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns der Gemeinschaftspraxis für das Jahr 1989. Er rechnete dem Kläger einen Gewinnanteil von 168.934,– DM zu. Im Einspruchsverfahren gegen diesen Gewinnfeststellungsbescheid erließ der Beklagte am 07. Juni 1994 einen geänderten Feststellungsbescheid, in dem er dem Kläger einen Gewinnanteil von 18.934,– DM zurechnete und den Ansatz der Sonderbetriebseinnahme des Klägers von 150.000 DM rückgängig machte.
Am 16. Juni 1993 erging ein nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung –AO– geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem der Beklagte den Feststellungsbescheid vom 01. Juni 1993 berücksichtigte. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 23. Juni 1994 erging ein nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 174 AO geänderter Einkommensteuerbescheid. Darin wurde der Gewinnanteil aus der Gemeinschaftspraxis entsprechend dem geänderten Feststellungsbescheid mit 18.934,– DM angesetzt. Die Ausgleichszahlung von 150.000,– DM wurde als laufender Gewinn der Einzelpraxis behandelt und im insoweit gemäß § 174 AO geänderten Einkommensteuerbescheid vom 23. Juni 1994 anstelle des bisher im Feststellungsbescheid enthaltenen Gewinns erfaßt. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, die Änderung nach § 174 AO sei rechtlich nicht möglich. Eine widerstreitende Steuerfestsetzung sei nicht gegeben. Keine der Alternativen des § 174 – die der Beklagte im übrigen nicht bezeichnet habe – sei einschlägig. Eine Änderung nach § 174 Abs. 1 oder Abs. 2 AO sei nicht möglich, da diese Vorschriften die mehrfache Berücksichtigung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen voraussetzten. Auch eine Änderung nach § 174 Abs. 3 AO scheide aus. Diese Vorschrift regele die irrtümliche Nichtberücksichtigung eines Sachverhalts. Ihre Anwendung scheitere im vorliegenden Fall daran, daß nicht der Sachverhalt unberücksichtigt geblieben sei, sondern entgegen der Rechtslage falsch gewürdigt worden sei. Außerdem sei die Nichtberücksichtigung nicht für die Kläger erkennbar gemacht worden. Eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO sei schließlich auch nicht möglich, da der durch die Änderung des Feststellungsbescheides betroffene Sachverhalt nicht ohne steuerliche Regelung geblieben sei, denn im Feststellungsbescheid sei noch ein Teil des Sachverhaltes verblieben. Das vom Beklagten in der Einspruchsentscheidung angeführte Urteil des BFH vom 12. Januar 1995, BStBl II 1995, 488, sei wegen des nicht vergleichbaren Sachverhalts nicht einschlägig für die Anwendu...