Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Pflichtkammerbeiträgen für angestellte Geschäftsführer als steuerpflichtiger Arbeitslohn
Leitsatz (amtlich)
Ein Vorteil wird dann im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt und ist damit kein Arbeitslohn, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden (Anschluss an BFH vom 18. August 2005 VI R 32/03, BFH/NV 2005, 2290).
Nach dieser Maßgabe handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn eine Steuerberatungsgesellschaft für die bei ihr angestellten Steuerberater, die Geschäftsführer sind, die jährlich von der Steuerberaterkammer erhobenen Kammerbeiträge übernimmt.
Dem eigenbetrieblichen Interesse der Gesellschaft (Arbeitgeberin) steht das zumindest gleichwertige Interesse der betroffenen Steuerberater-Geschäftsführer gegenüber.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1; StBerG § 40 Abs. 1 S. 1, § 49 Abs. 1, § 50 Abs. 1 S. 1, § 74 Abs. 1 S. 1, § 76; WPO § 58 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Übernahme von Pflichtkammerbeiträgen für angestellte Geschäftsführer steuerpflichtigen Arbeitslohn i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt.
Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben wird. Bei der Klägerin fand in der Zeit vom 04. Oktober 2001 bis zum 10. Dezember 2001 eine Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 1997 bis 2000 statt. Hierbei wurde u.a. festgestellt, dass die Klägerin Pflichtkammerbeiträge für ihre angestellten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie für ihre angestellten Geschäftsführer übernommen hatte (Tz. 8 des Prüfungsberichts vom 10. Dezember 2001, Bl. 35 ff. der Lohnsteuerakte Arbeitgeber). Der Beklagte sah in diesen Zuwendungen steuerpflichtigen Arbeitslohn und erfasste die Lohnsteuer sowie die hierauf entfallenden steuerlichen Nebenleistungen durch Bruttoversteuerung für die einzelnen Arbeitnehmer. Da die Klägerin bezüglich der Versteuerung der Kammerbeiträge ausdrücklich ihre Haftungsinanspruchnahme beantragt hatte, erließ der Beklagte am 27. März 2002 einen entsprechenden Haftungsbescheid für die Jahre 1997 bis 2000, in dem die diesen Sachverhalt betreffenden Steuerbeträge wie folgt festgesetzt wurden:
- Lohnsteuer DM
- Solidaritätszuschlag DM
- evangelische Kirchensteuer DM
- römisch-katholische Kirchensteuer DM.
Weiterhin wurde mit gleichem Datum ein Nachforderungsbescheid erlassen, mit dem Pauschalsteuern i.S.d. §§ 40, 40 a EStG nachgefordert wurden.
Gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid legte die Klägerin am 08. April 2002 Einspruch ein. Der Einspruch gegen den Haftungsbescheid beschränkte sich auf die Versteuerung der Kammerbeiträge der Geschäftsführer. Die Klägerin begründete den Einspruch damit, dass die Kammerbeiträge für ihre Geschäftsführer ausschließlich be-trieblich veranlasst seien. Sie verschafften den Geschäftsführern keinen persönlichen Vorteil, weil sie als Geschäftsführer Zwangsmitglieder der Kammern seien. Ohne die Mit-gliedschaft müsse die Gesellschaft beendet werden. Das gelte nicht für die übrigen angestellten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Deshalb werde für diesen Personenkreis die Versteuerung der übernommenen Kammerbeiträge akzeptiert. Dem Einspruch gegen den Nachforderungsbescheid war keine Begründung beigefügt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der im Einkommensteuergesetz - EStG - nicht definierte Begriff des Arbeitslohns werde von der Finanzverwaltung und der Rechtssprechung weit ausgelegt. Im Streitfall seien die streitbefangenen Beträge als "andere Bezüge" i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG anzusehen, denn hierunter fielen zunächst alle laufenden oder einmaligen Zahlungen des Arbeitgebers, soweit sie nicht ohnehin als Lohn oder Gehalt bezeichnet seien (Hinweis auf BFH BStBl. II 1985, 529). Systematisch falle die Erstattung von Auslagen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber unter den Begriff des Werbungskostenersatzes. Seit 1990 seien die Fälle des steuerfreien Werbungskostenersatzes in § 3 EStG jedoch abschließend ge-regelt. Würden andere als die in dieser Vorschrift genannten Auslagen erstattet, handele es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Dies sei bei der Übernahme der Pflichtbeiträge zu den jeweiligen Berufskammern der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer der Fall.
Nicht zum Arbeitslohn gehörten Leistungen, die der Arbeitgeber im ganz überwiegenden eigenen betrieblichen Interesse erbringe. Hierbei handle es sich vor allem um Fälle, in denen einzelnen Arbeitnehmern oder der Belegschaft als Gesamtheit ein Vorteil zuge-wendet werde, wie dies b...