Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Merkmal „gesetzlich unterhaltsberechtigte Person“
Leitsatz (redaktionell)
Das Merkmal „gesetzlich unterhaltsberechtigte Person“ setzt eine zivilrechtlich konkretisierte Unterhaltsberechtigung voraus. Eine rein potentielle Berechtigung reicht nicht aus. Daher können Unterhaltsleistungen für die Zweitausbildung eines volljährigen Kindes grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Bei der Veranlagung der klagenden Eheleute für das Streitjahr 1999 versagte das Finanzamt den von den Klägern begehrten Abzug von 7.033,84 DM für Unterhaltsleistungen (Geld- und Sachzuwendungen; vgl. Aufstellungen Bl. 4 und 22 ESt-Akte) an ihre 1966 geborene ledige Tochter ... mit der Begründung, dass für die Finanzierung der von der Tochter aufgenommenen Zweitausbildung eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Kläger nicht bestehe (ESt-Bescheid 1999 vom 9. Juni 2000; Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2000, Bl. 12, 44 ESt-Akte).
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Tochter schloss 1987 eine Ausbildung als staatlich anerkannte Erzieherin ab. Danach war sie in diesem Beruf in Kindergärten und Kindertagesstätten fortlaufend berufstätig. Im Jahr 1993 erwarb sie die allgemeine Fachhochschulreife. Mit Wirkung ab 1. Oktober 1998 ließ sie sich von ihrem Dienst als Erzieherin für die Dauer eines zu diesem Zeitpunkt an der katholischen Fachhochschule ... aufgenommenen Studiums der Sozialpädagogik ohne Fortzahlung von Bezügen beurlauben. Bis zum 31. März 1999 erhielt sie allerdings wegen aufgelaufener Überstunden und Urlaubstagen noch laufende Bezüge von insgesamt (1999) 12.805,-- DM. Das Studium sei - so die Kläger - deshalb aufgenommen worden, weil bei der Besetzung eines leitenden Postens, wie z. B. den einer Kindergartenleiterin, ein abgeschlossenes Sozialpädagogikstudium vorausgesetzt werde. Ihren Lebensunterhalt bestreite die Tochter aus Ersparnissen, durch Unterstützungsleistungen der Kläger und durch eine in 1999 ausgezahlte Bausparsumme von 10.000,-- DM. In diesen Bausparvertrag seien 7.000,-- DM eingezahlt worden. Den Differenzbetrag von 3.000,-- DM tilgen die Kläger seit dem 1. Oktober 1999 mit monatlich 60,-- DM. Des weiteren - so die Kläger - nehme die Tochter bei ihnen täglich eine warme Mahlzeit ein. Den diesbezüglichen Aufwand setzen die Kläger pauschal mit 10,-- DM/Tag x 275 Tage = 2.750,-- DM an. Außerdem zahlten sie seit dem 1. April 1999 einen monatlichen Mietkostenzuschuss von 300,-- DM an die Tochter (Monatskaltmiete: 750,-- DM und hätten Beiträge zur Lebensversicherung (450,-- DM), Krankenversicherung (546,30 DM) sowie zur Unfall- und Haftpflichtversicherung (insgesamt: 408,54 DM) übernommen (Aufwand insgesamt: 7.033,84 DM).
Die Kläger meinen, dass für den begehrten Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG nach der Neufassung des Gesetzes die abstrakte (potentielle) Unterhaltsberechtigung der unterstützten Person ausreiche. Auf die Höhe der konkreten Unterhaltspflicht kommt es nicht mehr an. Dies folge auch aus dem der Gesetzesänderung zugrunde liegenden Vereinfachungsgedanken; aufwendige Prüfungen durch die Finanzverwaltung sollten entfallen.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2000 den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 9. Juni 2000 dahin zu ändern, dass Aufwendungen von 7.034,-- DM als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, dass auch die Neufassung des Gesetzes eine konkrete Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Leistenden fordere. Diese liege hier jedoch nicht vor, da die Eltern ihrer volljährigen Tochter bereits eine abgeschlossene Erstausbildung finanziert hätten als staatlich anerkannte Erzieherin. Als staatlich anerkannte Erzieherin sei die Tochter in der Lage gewesen, sich selbst zu unterhalten. Wenn sich diese aufgrund freien Willensentschlusses habe beurlauben lassen, um ein Vollzeitstudium zu absolvieren, so könne dies nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Tochter ist gegenüber den Klägern keine „gesetzlich unterhaltsberechtigte Person“ im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG 1999.
Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind (volljährige) Kinder gegenüber ihren Eltern nur, wenn sie außerstande sind, sich selbst zu unterhalten (§§ 1601, 1602 Abs. 1 BGB). Dies liegt im Streitfall nicht vor, da die Tochter weder (unverschuldet) arbeitslos geworden ist noch aus - beispielsweise - gesundheitlichen Gründen nicht erwerbstätig sein konnte. Sie ist vielmehr in der Lage, ihren Lebensunterhalt durch die bisherige Berufstätigkeit als Erzieherin zu gewährleisten. Zwar entfällt die einem Volljährigen grundsätzlich obliegende, der Unterhaltsberechtigung entgegenstehende Pflicht zur Verwertung seiner Arbeitskraft durch Erwerbstätigkeit für die Zeit, in der er für einen Beruf ...