Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Gästeabgabe
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 2 UStG
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 9 S. 2; MwStSystRL Art. 98 Abs. 2; MwStSystRL Anhang III Nrn. 14, 17
Tatbestand
Strittig ist, ob der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG auf die Erhebung einer "Gästeabgabe" Anwendung findet.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 8. April 2009 zur Tourismusförderung gegründet. Gesellschafter sind die Gemeinden G, S und U, der Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein U e.V. und die C GmbH -früher S GmbH-. Die C GmbH -GmbH- betreibt einen Ferienpark in der Gemarkung der drei Gemeinden. Die Gründung der Klägerin erfolgte zur Entwicklung der touristischen Infrastruktur im Umkreis des Ferienparks.
Mit Vereinbarung vom 8. April 2009 über die Erhebung einer Gästeabgabe vereinbarten die Klägerin und die GmbH, dass die Klägerin zur teilweisen Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Unterhaltung der zu Erholungszwecken innerhalb des Erhebungsgebiets -der Gemarkung der drei an der Klägerin beteiligten Gemeinden- bereitgestellten Einrichtungen und Anlagen, sowie für die zu diesem Zweck durchgeführten Veranstaltungen eine Gästeabgabe erhebt. Abgabepflichtig sind Personen, die im Erhebungsgebiet in einem Beherbergungsbetrieb eine Unterkunft nehmen, ohne dort eine Hauptwohnung zu haben. Nach § 3 der Vereinbarung beträgt die Gästeabgabe pro Person und Aufenthaltstag 1 € und enthält die jeweils gültige Mehrwertsteuer. Nach § 4 der Vereinbarung haben die Beherbergungsbetriebe die Gästeabgabe von den Abgabepflichtigen einzuziehen und an die Klägerin abzuführen. In § 4 der Vereinbarung ist weiter bestimmt, dass die GmbH den Status eines Verkehrsvereins hat und berechtigt ist, einen Bruttobetrag in Höhe von 0,50 € inklusive der gesetzlich geschuldeten Mehrwertsteuer pro Person und Tag der Gästeabgabe einzubehalten. Der im ersten Jahr einbehaltene Betrag kann durch die GmbH zur Produktverbesserung oder zur touristischen Erhaltung der Parkanlage eingesetzt werden. Über die Verwendung dieses Betrages im Sinne der Verbesserung des Erholungswertes der Gäste entscheidet ausschließlich die GmbH. Schließlich ist in § 4 der Vereinbarung ausgeführt, dass die Parteien sich einig sind, dass auf diese von der GmbH wahrzunehmenden Aufgaben der ermäßigte Steuersatz von derzeit 7% Anwendung findet (Vereinbarung Blatt 9 ff der Vorheftung zu Umsatzsteuerakte).
Im Februar 2011 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt (Bericht vom 7. September 2011, Blatt 3ff der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte). Dabei stellte der Umsatzsteuer-Sonderprüfer fest, dass die Abrechnung der Gästeabgabe dergestalt erfolgt ist, dass die GmbH der Klägerin eine Gutschrift über den vollen vereinnahmten Betrag der Gästeabgabe erteilt und darin analog § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 2 UStG Umsatzsteuer in Höhe von 7% ausweist. Die GmbH erteilte der Klägerin gleichzeitig eine Rechnung in Höhe von 50% der vereinnahmten Gästeabgabe, ebenfalls mit Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von 7% (Tz. 14.1 des Prüfungsberichts). Im Prüfungszeitraum Januar bis November 2010 hatte die Klägerin steuerpflichtige Erlöse, die ausschließlich die von der GmbH eingezogene Gästeabgabe betreffen, in Höhe von 288.578 € gebucht (Tz. 15 des Prüfungsberichts). Im Prüfungszeitraum war als erstes Projekt ein Baumhaus gebaut worden; geplant sind unter anderem der Bau eines Hochseil-Klettergartens und die Beteiligung an einem Mountainbike-Trail (Tz. 14.1 des Prüfungsberichts). Der Prüfer war der Auffassung, dass die Gästeabgabe mit dem Regelsteuersatz zu versteuern sei, weil die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 2 UStG nicht erfüllt seien. Voraussetzung für die Erhebung eines Kurbeitrages und damit für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sei die Anerkennung des betreffenden Ortes als Kurort i.S.d. § 1 Abs. 1 des Kurortegesetzes Rheinland-Pfalz bzw. die Anerkennung als Erholungsort i.S.d. § 8 des Kurortegesetzes Rheinland-Pfalz. Da die betroffenen Gemeinden jedoch weder als Kurort noch als Erholungsort anerkannt seien, sei die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Gästeabgabe nicht möglich. Die von der Klägerin erhobene Gästeabgabe sei vielmehr dem Regelsteuersatz von 19% zu unterwerfen. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer sei die im Prüfungszeitraum eingezogene Brutto-Gästeabgabe abzüglich der darin enthaltenen Steuer (Tz. 16. 1 des Prüfungsberichts). Daher seien die Umsätze zu 7% um 288.578 € zu kürzen und Umsätze zu 19% in Höhe von 259.478 € anzusetzen (Tz. 15 und 16 des Prüfungsberichts). Schuldner der von der Klägerin erhobenen Gästeabgabe seien die Feriengäste selbst, nicht aber die zur Einziehung der Abgabe verpflichtete GmbH. Die Klägerin erbringe ihre Leistungen, für deren Finanzierung die Gästeabgabe erhoben werde, an diese Personen und nicht an die GmbH. Deshalb sei die GmbH nicht berechtig...