Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung der Umzugspauschalen nach dem BUKG als Betriebsausgaben bei beruflich veranlassten Umzug eines Notars. Einkommensteuer 1965 und 1966
Leitsatz (amtlich)
(1) Beruflich veranlasste Umzugskosten sind zwar dem Grunde nach bei einem Freiberufler als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig. Die Anerkennung einer sich an den Regelungen des BUKG orientierenden Pauschale für sonstige Umzugskosten in entsprechender Anwendung von Abschnitt 21a LStR scheidet jedoch aus, da das BUKG aufgrund seines Beihilfecharakters eine steuerlich anzuerkennende Abgrenzung zwischen beruflich veranlassten Aufwand und den Kosten der privaten Lebensführung nicht zulässt und deshalb die erforderliche Einzelkostenprüfung allein in Auslegung der §§ 4, 9 und 12 EStG vorzunehmen ist.
(2) Als abzugsfähige Umzugskosten kommen bei dieser Betrachtungsweise nur Aufwendungen in Betracht, für die der Steuerpflichtige keinen Gegenwert erhält.
Normenkette
EStG §§ 4, 12, 9; LStR Abschn. 21a
Tenor
I. Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1965 und 1966 vom 10.7.1970 und der Einspruchsentscheidung vom 4.12.1970 wird die Einkommensteuer 1965 auf 12.604 DM und die Einkommensteuer 1966 auf 16.065 DM festgesetzt.
II. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 6/7 und das Finanzamt zu 1/7 zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger (Kl.) war zunächst Notar in …. Zum 1.10.1964 übernahm er aufgrund eigener Bewerbung das Notariat in …. Nach seinem Vortrag konnte er jedoch hier zunächst keine passende Familienwohnung finden. Er zog deshalb Ende Dezember 1964 mit seiner Familie zunächst nach … um, das 6 km von … entfernt liegt. Im März 1965 erwarb er dann in … ein Grundstück, auf dem er in der Folgezeit ein Einfamilienhaus errichtete. Dieses bezog er im Jahre 1966.
Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1969 machte der Kl. folgende Umzugskosten als Betriebsausgaben geltend:
1. |
Umzug … |
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a) |
Kosten des Möbeltransports |
2.958,– DM |
b) |
3/4 der Kosten für die Anschaffung eines Elektroherdes sowie von Elektrokochtöpfen |
452,– DM |
c) |
Pauschale für Umzugslagen |
1.100,– DM |
d) |
Tagegeldpauschale für 3 Familienangehörige nach Reisekostenstufe Ia (5 × 20 DM) |
100,– DM |
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4.610,– DM |
2. |
Umzug … |
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a) |
Kosten des Möbeltransports |
1.025,– DM |
b) |
Pauschale für Umzugsauslagen |
1.100,– DM |
c) |
Tagegeldpauschale (5 × 25 DM) |
125,– DM |
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2.250,– DM |
Das Finanzamt berücksichtigte bei den Berichtigungsveranlagungen für die Jahre 1965 und 1966 lediglich die Kosten für den jeweiligen Möbeltransport als Betriebsausgaben. Die übrigen Aufwendungen sah es als steuerlich nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung an. Auch der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage erstrebt der Kl. eine Gleichstellung der Angehörigen der freien Berufe mit den Beamten und den Arbeitnehmern der freien Wirtschaft. Für letztere erklärt Abschnitt 21 a der Lohnsteuerrichtlinien das Bundesumzugsgesetz (BUKG) vom 8.4.1964 (BGBl I S. 253) sowie die Verordnung über die Erstattung der nachgewiesenen sonstigen Umzugsauslagen –VO– vom 3.7.1964 (BGBl I S. 438) für entsprechend anwendbar. Der Kl. trägt noch vor: Das Notariat in … sei eine sogenannte Aufstiegsstelle. Persönliche Gründe für seine Bewerbung hätten nicht vorgelegen. Als Notar habe er eine Residenzpflicht. Er habe deshalb in … seinen Wohnsitz nehmen müssen. Dort habe er aber zunächst keine passende Wohnung finden können. Gegebenenfalls müßten die Kosten des ersten Umzugs unter dem Gesichtspunkt einer außergewöhnlichen Belastung anerkannt werden.
Der Kl. beantragte,
seine bisher vom Finanzamt nicht anerkannten Umzugskosten noch zusätzlich bei seiner Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es sieht die beiden Wohnsitzverlegungen zwar als beruflich veranlaßt an. Die bisher nicht anerkannten Umzugskosten stehen nach seiner Meinung jedoch nur in einem sehr entfernten Zusammenhang zur beruflichen Sphäre des Kl. und dienten überwiegend der Befriedigung seines privaten Wohnbedürfnisses. Es hält die im Zusammenhang mit dem Umzug von … nach … entstandenen Kosten auch nicht für zwangsläufig.
Wegen weiteren Einzelheiten wird auf die Steuerakten des Kl. sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur zum Teil begründet.
Die Rechtsprechung erkennt Umzugskosten dem Grunde nach als Werbungskosten und neuerdings auch als Betriebsausgaben an, wenn für den Umzug berufliche bzw. betriebliche Gründe maßgebend waren. Es handelt sich dabei um einen Ausnahmefall von der geltenden Regel, daß Kosten für die Beschaffung, Ausstattung und Einrichtung einer Wohnung grundsätzlich steuerlich nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 EStG sind.
Der Höhe nach erkannte der Reichsfinanzhof Umzugskosten nur „in angemessenem Umfang” als Werbungskosten an (Urteil VI A 579/36 vom 11.11.1936, BStBl 1937 S. 264). Für eine Grenzziehung sah er die beamtenrechtliche Regelung als zutreffend an. Von dieser Regelung sei anzuneh...