Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eines Berufssoldaten
Leitsatz (amtlich)
Eine „voraussichtliche Verwendungsdauer“ von zwei Jahren begründet am neuen Dienstort keine regelmäßige Arbeitsstätte.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Fahrten des Klägers von seinem Wohnort in G zur Stammdienststelle der Bundeswehr in K im Streitjahr 2009 als Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte oder als Dienstreisen zu qualifizieren sind.
Der Kläger ist seit 01. Oktober 1995 Berufssoldat und seit 03. Dezember 2009 mit der Klägerin verheiratet. In der Zeit vom 02. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2008 war er zur Stammdienststelle der Bundeswehr nach K kommandiert (Bl. 57 der ESt-Akte). Mit Verfügung vom 28. Oktober 2008 (mit Korrektur vom 19. November 2008) wurde er für die Zeit ab 01. Januar 2009 dorthin versetzt. In der Versetzungsverfügung heißt es (Bl. 78 der ESt-Akte):
„Voraussichtliche Verwendungsdauer 31.12.2010 (...) Die Umzugskostenvergütung wird nicht zugesagt. Die Begründung sowie die Rechtsbehelfsbelehrung ergeben sich aus den Nrn. 2.3 und 17 der Anlage, die Bestandteil dieser Personalverfügung ist. (...) Die voraussichtliche Verwendungsdauer beschreibt den Verwendungszeitraum der aufgrund der gegenwärtigen Personalplanung unter dem Vorbehalt gleichbleibender Sach- und Rechtslage vorgesehen ist. Rechtsansprüche auf eine bestimmte Verweildauer können daraus nicht hergeleitet werden (Nr. 17 des Erlasses vom 03. März 1988 - VMBl S. 76).“
In Nr. 2 der genannten Anlage wird Folgendes ausgeführt (Blatt 47 f. der Gerichtsakte):
„Aus Anlass der Versetzung aus dienstlichen Gründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BUKG) wird Umzugskostenvergütung nicht zugesagt, weil der Umzug an den neuen Dienstort aufgrund
1. (...)
2. (...)
3. besonderer Gründe nicht durchgeführt werden soll,
(...)“
Der Kläger erhielt in 2009 Trennungsgeld (u.a. Wegstreckenentschädigung für die Fahrten vom Wohnort in G zur Stammdienststelle der Bundeswehr in K), das vom Arbeitgeber versteuert wurde. Auf Bl. 29 - 42 der ESt-Akte befinden sich die monatlichen Abrechnungen für das Trennungsgeld, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 beantragten die Kläger die Zusammenveranlagung. Der Kläger machte in der Erklärung bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit u.a. folgende Reisekosten geltend:
- Fahrtkosten nach K, die er auf der Grundlage der Trennungsgeldabrechnungen wie folgt berechnete: 22.645 km x 0,30 € = 6.793,50 €
- Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 1.146,00 € (191 Tage mit einer Abwesenheit von mindestens 8 Stunden x 6,00 €/Tag)
Auf entsprechende Anforderung des Beklagten legte die Steuerberaterin der Kläger, Frau G, Gehaltsbescheinigungen des Klägers für die Monate Mai, Juli, September, November und Dezember 2009 vor (Blatt 59 bis 63 der ESt-Akte) und wies darauf hin, dass die Bundeswehr die Tätigkeit als zeitlich befristet betrachtet habe, da ansonsten keine Wegstreckenentschädigung für Hin- und Rückfahrten gezahlt worden sei. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2010 übersandte sie einen Einzelerlass zum Bundesumzugskostengesetz (BUKG), in dem Folgendes ausgeführt wird (Blatt 65 der ESt-Akte):
„Personalmaßnahmen im Zuge der Bundeswehrstrukturreform
- Verwendungszeiten, Zusage der Umzugskostenvergütung -
„Mit Blick auf die anstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen in der Bundeswehr und die Entscheidung über ein neues Stationierungskonzept im Dezember 2004 ist bei Versetzungen im Inland, die bis zum 31. Dezember 2007 verfügt werden,
- für alle Verheirateten,
- Unverheirateten mit berücksichtigungsfähigen Kindern (...)
die Verwendungsdauer am neuen Dienstort auf maximal 3 Jahre zu begrenzen (...) In diesen Fällen wird die Zusage der Umzugskostenvergütung nicht erteilt, es sei denn, der/die Betroffene will umziehen und die Verwendungsdauer beträgt im Zeitpunkt des Umzuges noch mehr als ein Jahr (...). Dieser Erlass verliert mit Ablauf des 31. Dezember 2010 seine Gültigkeit.“
Mit Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 22. November 2010 (Bl. 69 - 71 der ESt-Akte) brachte der Beklagte für die Fahrten des Klägers von seinem Wohnort in G zur Stammdienststelle der Bundeswehr in K nur die Entfernungspauschale in Abzug, die er wie folgt berechnete: 191 Tage x 60 km x 0,30 € = 3.438,00 €. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Dienststelle in K, an die der Kläger versetzt worden sei, stelle seine regelmäßige Arbeitsstätte dar. Dass die Wegstreckenentschädigung steuerpflichtig gezahlt worden sei, bekräftige dies, denn bei einer Auswärtstätigkeit - was hier nicht gegeben sei - lägen Dienstreisen vor und die Fahrtkosten könnten vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Steuerfreie Erstattungen wären dann auf die geltend gemachten Kosten anzurechnen. Daher werde für die Fahrten nach K nur...