Karlheinz Konrad, Dr. Thomas Wachter †
Rz. 198
Neben der Verfügungsbeschränkung müssen der Erblasser bzw. Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sein, "das Stimmrecht gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben".
Rz. 199
Weitere Vorgaben zur Stimmrechtsbindung werden nicht gemacht. Möglich ist daher z. B. die Übertragung der Stimmrechte auf die Poolgesellschaft, die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters oder eine vertragliche Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung. Eine Sicherung der Stimmrechtsbindung (z. B. durch die Vereinbarung einer angemessenen Vertragsstrafe) ist (steuerrechtlich) nicht erforderlich (aber zivilrechtlich sinnvoll).
Rz. 200
Mit einer Stimmbindungsvereinbarung übernehmen die Gesellschafter die Verpflichtung, ihr Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der Kapitalgesellschaft in bestimmter Weise auszuüben. Der Abschluss von Stimmbindungsverträgen ist gesellschaftsrechtlich zulässig. Dabei wird u. a. zwischen harten und weichen Stimmrechtsbindungen unterschieden. Bei einer harten Stimmrechtsbindung ist die Stimmbindung eine mit Erfüllungszwang ausgestattete Primärpflicht, deren Verletzung Schadensersatzansprüche begründen kann. Demgegenüber besteht bei einer weichen Stimmbindung kein Erfüllungszwang. Das ErbStG stellt an die Art der Stimmbindung keine besonderen Anforderungen. Aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich diesbezüglich gleichfalls keinerlei Einschränkungen. Es ist daher davon auszugehen, dass für Zwecke des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes jede Art der Stimmbindung ausreichend ist.
Rz. 201
In der Praxis empfiehlt es sich in jedem Fall, auf eine Einhaltung der Stimmrechtsbindung zu achten und diese auch durch geeignete Vereinbarungen zu sanktionieren. Systematische Verstöße gegen die Stimmrechtsbindung könnten unter Umständen als eine konkludente Aufhebung gewertet werden.
Die Stimmrechtsbindung muss alle Beschlussgegenstände umfassen. Dies gilt unabhängig von Art, Inhalt und Bedeutung des jeweiligen Beschlusses. Eine Beschränkung auf einzelne Beschlüsse ist nicht ausreichend.
Nicht ausreichend für eine Stimmrechtsbindung sind dagegen Mehrfachstimmrechte eines Gesellschafters. Dies wird damit begründet, dass der berechtigte Gesellschafter auf diese Weise seinen Willen bei Abstimmungen zwar alleine durchsetzen kann, eine entsprechende Verpflichtung der anderen Gesellschafter aber fehle.
Rz. 202
Die einheitliche Anordnung der Testamentsvollstreckung genügt schon deshalb nicht, weil das Stimmrecht in bestimmten Kernbereichen der Mitgliedschaft beim Gesellschafter verbleibt. Bei der einseitigen Anordnung der Testamentsvollstreckung durch den Erblasser fehlt es zudem an einer Verpflichtung der Gesellschafter "untereinander".
Die Vereinbarung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung muss zwischen den Gesellschaftern vertraglich vereinbart werden. Die Vereinbarung muss zivilrechtlich wirksam sein und darf insbesondere nicht gegen gesetzliche Verbote verstoßen. Die bloß tatsächliche Beachtung einer unwirksamen Stimmrechtsbindung dürfte nicht ausreichend sein, da diese nicht unmittelbar Gegenstand der Besteuerung ist. Der Besteuerung unterliegt allein der Erwerb der Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Die wirksame Poolvereinbarung ist lediglich Voraussetzung für das Erreichen der Mindestbeteiligung und die Schaffung von begünstigungsfähigem Vermögen.
Rz. 203
Bei Poolvereinbarungen von Aktionären einer Aktiengesellschaft sind insbesondere die zwingenden Stimmrechtsverbote des Aktiengesetzes zu beachten.
Rz. 204
Umstritten ist die Frage, ob auch stimmrechtslose Anteile Gegenstand einer Poolvereinbarung sein können. Die FinVerw lehnt dies grundsätzlich ab. Dafür könnte sprechen, dass bei stimmrechtslosen Anteilen eine einheitliche Ausübung des Stimmrechts ausscheidet und die Poolvereinbarung insoweit leer läuft. Gleichwohl ist die einschränkende Auffassung abzulehnen. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es allein auf die Poolung der Anteile an, unabhängig davon mit welchen Rechten diese im Einzelnen ausgestattet sind. Stimmrechtslose Anteile können somit ebenso wie alle anderen Anteile (z. B. Anteile mit einem mehrfachen Stimmrecht oder einem Vetorecht) in eine Poolvereinbarung einbezogen werden. Die FinVerw geht im Übrigen selbst davon aus, dass die tatsächliche Stimmrechtsausübung keine Voraussetzung für die Einbeziehung der Anteile in eine Poolvereinbarung ist. Eine einheitliche Stimmrechtsausübung soll vielmehr auch dann anzunehmen sein, wenn die Gesellschafter auf ihr Stimmrecht verzichten. Bei einem stimmrechtslosen Anteil hat der Gesellschafter von vornherein und allgemein auf sein Stimmrecht verzichtet. Eine unterschiedliche Behandlung beider Fälle erscheint somit nicht sachgerecht.
Rz. 205
Die Poolgesellschafter müssen sich gegenüber den "nichtgebundenen Gesellschafter(n)" zur einheitlichen Stimmabgabe verpflichten. Gehören (ausnahmsweise) alle Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dem Pool an, ...