a) Betriebswirtschaftliche Lösungsansätze

 

Rz. 1047

[Autor/Stand] Betriebswirtschaftliche Sicht zur Aufteilung von Einigungsbereichen. Da sich der Gesetzgeber mit der Einführung des hypothetischen Fremdvergleichs in Gestalt der sog. Einigungsbereichsbetrachtung die Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre zu eigen macht, erscheint es sinnvoll, zunächst die betriebswirtschaftlichen Lösungsansätze zu vergegenwärtigen. In der Betriebswirtschaftslehre werden Fragestellungen zur Aufteilung von Einigungsbereichen u.a. im Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung diskutiert und dies insbesondere im Zusammenhang mit der Preisfindung bei M&A-Transaktionen. Zwei Lösungsansätze werden hier präferiert:

  • die Verhandlungslösung und
  • die Arbitriumwertlösung i.S. einer Schiedsrichterlösung.
 

Rz. 1048

[Autor/Stand] Verhandlungslösung. Bei der Verhandlungslösung wird davon ausgegangen, dass jede Partei unter Beachtung der eigenen und gegnerischen Verhandlungssituation bestrebt sein wird, im Verhandlungsprozess einen möglichst großen Teil des Einigungsbereichs für sich zu beanspruchen. Die Aufteilung des Einigungsbereichs wird hierbei bestimmt durch die Verhandlungsstärke, die wiederum von der wirtschaftlichen Machtstellung (durch z.B. finanzielle Ressourcen oder vorhandene bzw. verfügbare Informationen) abhängt, die Verhandlungsstrategie, die Verhandlungstaktik, Informationen über die Entscheidungssituation des Verhandlungspartners und das Verhandlungsgeschick sowie die Konzessionsbereitschaft der Vertragsparteien. Da diese Einflussfaktoren im internationalen Unternehmensverbund nahezu beliebig dem einen oder anderen Verhandlungspartner zugeordnet werden können, scheidet die Verhandlungslösung für eine (Verrechnungs-)Preisfindung innerhalb von Einigungsbereichen aus.

Gleichwohl will die Finanzverwaltung nach Rz. 93 der VWG-Funktionsverlagerung für die Zurechnung von Standortvorteilen darauf abstellen, "welches Unternehmen diese Vorteile/Nachteile in den fiktiven Preisverhandlungen in Anspruch nehmen könnte bzw. tragen müsste", was letztlich von den – sich aus objektiven Umständen ergebenden – "konkreten Handlungsalternativen " und der "jeweiligen Verhandlungsstärke " abhängen soll.[3] Außerdem sind diese Überlegungen nicht mit der gesetzlichen Fiktion der vollständigen Information und Markttransparenz nach § 1 Abs. 1 Satz 3 zu vereinbaren, die letztlich zu gleichen Verhandlungsstärken führen muss.

 

Rz. 1049

[Autor/Stand] Schiedsrichter- bzw. Arbitriumwertlösung. Im Unterschied zur Verhandlungslösung geht die Schiedsrichter- bzw. Arbitriumwertlösung[5] von gleicher Verhandlungsstärke und symmetrischen Verhandlungspositionen beider Transaktionspartner sowie der Kenntnis über die jeweilige Preisgrenze des Kontrahenten aus. Unter diesen Voraussetzungen soll die Möglichkeit bestehen, einen objektiven, gerechten und neutralen Kompromisswert zu finden. Der so ermittelte Wert soll also die Interessen der Beteiligten nach Ansicht eines unparteiischen Vermittlers in angemessener Weise wahren. Dies führt meist dazu, dass der Einigungsbereich zu gleichen Teilen auf die Beteiligten aufgeteilt wird ("salomonische Mitte" = Mittelwert). Letztlich handelt es sich dabei aber um einen rein pragmatischen Ansatz. Dass dagegen berechtigte Vorbehalte – insbesondere bei einer ausschließlich konzerninternen Beschaffungsmöglichkeit – bestehen, ist jedoch offenkundig.

b) Auffassung der Rechtsprechung

 

Rz. 1050

[Autor/Stand]"Alte" Zinsurteile zur Zinsmargenteilung. Nach den "alten" sog. Zinsurteilen des BFH waren die banküblichen Habenzinsen als Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen als Obergrenze für angemessene Zinsen zu beachten, wobei sich "im Zweifel" Darlehensgläubiger und Darlehensschuldner die Spanne zwischen bankenüblichen Haben- und Schuldzinsen teilen sollen.[7] Dieser Zinsmargenteilung stand auch das BFH-Urteil vom 17.10.2001 nicht entgegen, mit dem grundsätzlich der Mittelwertmethode die Rechtfertigung abgesprochen wurde. Denn der BFH konzedierte den Ansatz des Mittelwertes dann, "wenn er aus Fremdvergleichswerten abgeleitet werden kann."[8] Auf einen solchen, wenngleich pauschalen Fremdvergleich geht der Erfahrungssatz zurück, dass sich – im Zweifel – Darlehensgläubiger und -schuldner die Spanne zwischen banküblichen Haben- und Schuldzinsen teilen.[9]

Allerdings sei dann der Sollzinssatz der Banken als Obergrenze des Zinsbandes anzusetzen, wenn sich die darlehensgewährende Konzerngesellschaft selbst, d.h. zum Sollzinssatz der Banken, refinanzieren muss. Verfügt demgegenüber die darlehensgewährende Konzerngesellschaft über eigene Liquidität, die ohne Kreditaufnahme zur Verfügung steht, war nach Ansicht des BFH der Habenzinssatz als Untergrenze des Zinsbandes maßgeblich. Letztlich konnte damit auch der Habenzinssatz als Vergleichsmaßstab zur Ermittlung angemessener konzerninterner Zinssätze fungieren. Eine eindeutige Vorgehensweise zur Ermittlung konzerninterner Zinssätze gab der BFH jedoch nicht vor, so dass letztlich i.S. der Theorie des doppe...

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