BMF, Schreiben v. 02.12.2003, IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl I 2003, 648
Ertragsteuerliche Beurteilung des Forderungsverzichts des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft gegen Besserungsschein;
Folgen aus der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 9.6.1997 (BStBl 1998 II S. 307)
Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu der ertragsteuerlichen Beurteilung des Forderungsverzichts des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft gegen Besserungsschein wie folgt Stellung:
1. Allgemeines
Der Erlass einer Forderung eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft (§ 397 Abs. 1 BGB) führt aus Sicht der Gesellschaft zum Erlöschen einer Verbindlichkeit. Die Vereinbarung, dass die Forderung bei Eintritt der im Besserungsschein genannten Bedingungen wieder auflebt, steht dem nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 30.5.1990, BStBl 1991 II S. 588).
Für die steuerrechtliche Beurteilung des Forderungsverzichts gegen Besserungsschein auf Ebene der Gesellschaft gelten die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats vom 9.6.1997 (BStBl 1998 II S. 307): Die bisher bei der Gesellschaft ausgewiesene Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter ist in Höhe des Betrags des Forderungsverzichts auszubuchen. Dies führt bei der Gesellschaft in Höhe des Betrags des Forderungsverzichts zu einer Vermögensmehrung. Ist der Forderungsverzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, liegt in Höhe des werthaltigen Teils der Verbindlichkeit eine (verdeckte) Einlage des Gesellschafters vor, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert zu bewerten ist und bei der Gewinnermittlung der Gesellschaft den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG mindert.
2. Eintritt des Besserungsfalls
a) (Wieder-)Einbuchung der Verbindlichkeit
Der ursprünglich ausgebuchte Betrag des Forderungsverzichts ist im Zeitpunkt des Eintritts des Besserungsfalls (auflösende Bedingung) wieder als Verbindlichkeit vermögensmindernd einzubuchen. Soweit die ursprüngliche Ausbuchung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats vom 9.6.1997 (a.a.O.) als (verdeckte) Einlage zu beurteilen war, gilt diese als zurückgewährt. Im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung ist der Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG entsprechend zu korrigieren (vgl. BFH-Urteil vom 30.5.1990, a.a.O.).
b) Steuerrechtliche Behandlung der auf die wieder eingebuchte Verbindlichkeit zu zahlenden Zinsen
Der Betriebsausgabenabzug der ab dem Zeitpunkt der (Wieder-)Einbuchung der Verbindlichkeit zu zahlenden Zinsen beurteilt sich nach der ursprünglichen Veranlassung der Verbindlichkeit. Der Eintritt der auflösenden Bedingung hat in entsprechender Anwendung des § 158 Abs. 2 BGB zur Folge, dass eine durch den auflösend bedingten Forderungsverzicht eingetretene Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis entfällt und der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang wieder auflebt. Dieses gilt nach dem BFH-Urteil vom 30.5.1990 (a.a.O.) auch für den Teil der Zinsen, der nach den Vereinbarungen der Parteien für die Dauer der Krise (nach) zu zahlen ist und der damit wirtschaftlich auf die Zeitspanne entfällt, in der zivil- und steuerrechtlich keine Fremdverbindlichkeit vorlag. Sofern auf Grund einer klar und von vornherein getroffenen Vereinbarung der Bedingungseintritt schuldrechtlich auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen werden soll (§ 159 BGB), liegt im Verhältnis zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter insoweit auch kein Verstoß gegen das Nachzahlungsverbot vor.
c) Gesellschafterwechsel nach Forderungsverzicht
Die vorstehenden Ausführungen bei (Wieder-)Einbuchung der Verbindlichkeit gelten bei Gesellschafterwechsel zwischen Forderungsverzicht gegen Besserungsschein und Eintritt des Besserungsfalls entsprechend. Sofern in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Gesellschafterwechsel eine Abtretung der Forderung erfolgt, finden die Grundsätze des BFH-Urteils vom 1.2.2001 (BStBl 2001 II S. 520) Anwendung.
d) Auswirkungen des Besserungsscheins auf § 8 Abs. 4 KStG
Liegen zu einem Zeitpunkt zwischen der Ausbuchung und der (Wieder-)Einbuchung der Verbindlichkeit die Tatbestandsvoraussetzungen für eine beschränkte Verlustberücksichtigung gemäß § 8 Abs. 4 KStG vor, so ist der sich aus der (Wieder-)Einbuchung ergebende steuerliche Aufwand (= Differenz zwischen dem Nennbetrag und dem Teilwert der Forderung im Verzichtszeitpunkt) als Aufwand zu behandeln, der unter die beschränkte Verlustberücksichtigung nach § 8 Abs. 4 KStG fällt. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres der (Wieder-)Einbuchung ist im Rahmen der Einkommensermittlung um den Aufwandsbetrag zu erhöhen. Für die in Buchstabe b) genannten Zinsen gilt Vorstehendes entsprechend. Der bei der Einkommensermittlung hinzuzurechnende Betrag ist in diesen Fällen jedoch auf den Zinsaufwand begrenzt, der rechnerisch auf den Zeitraum zwischen der Vereinbarung des Verzichts und dem Verlust der wirtschaftlichen Identit...