Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 66
Weitere erlaubte, aber nicht begünstigte Tätigkeit ist nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG die Betreuung von Wohnungsbauten. Die Betreuung von Wohnungsbauten muss nicht von untergeordneter Bedeutung sein. Erforderlich ist aber ein Nebenordnungsverhältnis in dem Sinne, dass die Betreuung von Wohnungsbauten gleichzeitig mit der Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz erfolgt. Weitere Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ist nach § 9 Nr. 1 S. 4 GewStG, dass der aus der Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz erzielte Gewinn gesondert ermittelt wird.
Rz. 67
Der Begriff "Wohnungsbauten" umfasst dem Wortlaut nach nur Gebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen. Hierunter fallen neben Mietwohngrundstücken auch Einfamilien- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen. Gehören zu einem zu Wohnzwecken dienenden Objekt PKW-Stellplätze, die jeweils einer bestimmten Wohnungseinheit zugeordnet sind, unterfallen auch diese dem Begriff "Wohnungsbauten". Bei den Wohnungsbauten kann es sich um eigene oder um fremde Gebäude des Grundstücksunternehmens handeln. Betrieblich genutzte Grundstücke – z. B. Bürohäuser oder Lagerhallen – gehören hierzu nicht. Werden auch betrieblich genutzte Grundstücke betreut, entfällt die erweiterte Kürzung. Welchen Zwecken ein Gebäude oder die darin befindlichen Einheiten zu dienen bestimmt sind, bestimmt sich regelmäßig nach den gesetzlichen Vorschriften und den darauf beruhenden Genehmigungen.
Rz. 68
Gemischt genutzte Gebäude stellen vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts von § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG keine Wohnungsbauten dar. Geltung hat dies unabhängig von dem Anteil der gewerblich genutzten Flächen. Betreut ein Unternehmen auch gemischt genutzte Gebäude, ist die erweiterte Kürzung ausgeschlossen. Von Verfassungs wegen ist es nicht geboten, die Betreuung von gemischt genutzten Gebäuden unter den Begriff der Betreuung von Wohnungsbauten i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zu fassen. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt insoweit nicht vor. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich darin frei, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu normieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Vergünstigung zu gelangen. Dass er seinen danach bestehenden weiten Ermessensspielraum bei der Festlegung von steuerlichen Vergünstigungen missbraucht hat, indem er gemischt genutzte Gebäude nur dann als kürzungsunschädlich ansieht, wenn ihre Errichtung und Veräußerung als Teileigentum in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen steht, nicht aber auch dann, wenn sie Gegenstand einer Betreuung sind, ist nicht ersichtlich. Allerdings kann allein die Nutzung eines Arbeitszimmers – z. B. durch den Geschäftsführer einer GmbH – in einem ansonsten ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Gebäude nicht dazu führen, dass dieses als gemischt genutztes Gebäude einzustufen ist.
Rz. 69
Unter Wohnungsbauten sind nicht nur im Entstehen begriffene, sondern auch bereits fertiggestellte Bauwerke zu verstehen. Unerheblich ist, ob das Grundstücksunternehmen selbst oder ein Dritter die Gebäude errichtet hat. Gleiches gilt für die Eigentumsverhältnisse. Es kann sich um eigene Gebäude des Grundstücksunternehmens, aber auch um fremde Gebäude handeln.
Rz. 70
Die Betreuung umfasst zunächst die Hilfe bei der Planung und Durchführung des Bauvorhabens in technischer, finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht. Da zu den Wohnungsbauten auch fertiggestellte Gebäude zählen, beinhaltet die Betreuung i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch die Bewirtschaftung von bereits fertiggestellten Gebäuden. Unter die Betreuung von Wohnungsbauten fällt auch die Verwaltung und Betreuung von fremden Mietwohngrundstücken, Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen. Unschädlich ist, im Gegensatz zur Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen, dass die Betreuung gewerblichen Charakter hat. Dies folgt aus der Natur der Sache, da die Betreuung von Wohnungsbauten in aller Regel zu gewerblichen Einkünften führt. Die Betreuung von Wohnungsbauten umfasst nicht die Durchführung des Bauvorhabens und den Abschluss von Generalunternehmerverträgen z. B. im Rahmen von Bauherrenmodellen.