Rz. 30
§ 20 Abs. 1 KStG entspricht inhaltlich der handelsrechtlichen Regelung in § 341h Abs. 1 HGB, die mit "Schwankungsrückstellung und ähnliche Rückstellungen" überschrieben ist. Durch das Maßgeblichkeitsprinzip ist der Ansatz und die Bewertung von Schwankungsrückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz identisch.[1] Gleiches gilt für die den Schwankungsrückstellungen ähnlichen Rückstellungen des § 342h Abs. 2 HGB, für die steuerlich gar keine ausdrücklichen Rechtsgrundlagen existieren. Damit haben die in § 20 Abs. 1 KStG enthaltenen Tatbestandsvoraussetzungen keine besondere Bedeutung, denn die Behandlung von Schwankungsrückstellungen bestimmt sich allein nach den handelsrechtlichen Vorschriften (Rz. 31ff.). Die Werte der Handelsbilanz können für die Steuerbilanz übernommen werden bzw. die Überleitungsrechnung ist nicht zu korrigieren (für theoretisch diskutierte Abweichungen s. Rz. 36).
Rz. 31
§ 341h Abs. 1 HGB wird durch die Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen[2] konkretisiert. Darin verweist § 29 Satz 1 RechVersV auf eine ebenfalls dort enthaltene dreiseitige Anlage zu § 29 RechVersV[3], wo sämtliche Voraussetzungen für Schwankungsrückstellungen ausführlich geregelt sind (Ansatz, Bewertung, auch zum sog. Sollbetrag, Auflösung, vor allem auch hinsichtlich Zuführungen und Entnahmen). Zentral für die Bildung von Schwankungsrückstellungen sind:
- Jährliche Beitragseinnahmen über 125.000 EUR. Die Finanzverwaltung erlaubt die Bildung auch bei darunter liegenden Beiträgen.[4]
- Erhebliche Schwankungen der Schadenquoten. Die Anordnung ist bereits in § 341h Abs. 1 Abs. 1 Nr. 1 HGB = § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG enthalten, wird aber von der RechVersV konkretisiert.
- Nicht ausreichende Beiträge. Die Summe aus Schaden- und Kostenquote überschreitet im Beobachtungszeitraum (je nach Zweig 15 oder 30 Jahre) mindestens einmal 100 % der Beitragseinnahmen.
- Kein Ausgleich durch Prämien. Wird potenziellen Schwankungen durch hohe Beiträge entgegengewirkt, kann keine entsprechende Rückstellung gebildet werden. Die Anordnung ergibt sich nur aus § 341h Abs. 1 Nr. 2 HGB = § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG (Rz. 41).
- Keine Deckung durch Rückversicherungen. Auch diese Anordnung ergibt sich nur aus § 341h Abs. 1 Nr. 3 HGB = § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Alt. 2 KStG (Rz. 43).
Rz. 32
Zusätzlich bestimmt § 29 Satz 2 RechVersV, dass die für das Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde (Rz. 33) im Einzelfall eine Abweichung von den Berechnungsvorgaben zulassen kann. Diese Anordnung spiegelt sich im Eingangssatz der handels- und steuerrechtlichen Regelung wider, wonach die dort genannten Voraussetzungen nicht abschließend sind ("insbesondere").
Rz. 33
In Deutschland beaufsichtigt auf Bundesebene die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die privaten Versicherungsunternehmen, die wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung sind und die öffentlich-rechtlichen Wettbewerbsversicherer, die über die Grenzen eines Bundeslandes hinaus tätig sind. Die Aufsichtsbehörden der Länder beaufsichtigen vor allem die öffentlich-rechtlichen Versicherer, deren Tätigkeit auf das jeweilige Bundesland beschränkt ist und diejenigen privatrechtlichen Versicherer, die wirtschaftlich von geringerer Bedeutung sind.
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