Rz. 10

Bis zur Einführung des § 37 Abs. 4 KStG minderte sich die KSt-Schuld um jeweils 1/6 einer offenen Gewinnausschüttung. Gleichzeitig verminderte sich das KSt-Guthaben um den gleichen Betrag. Abs. 2a schränkte gegenüber der allgemeinen Regel des Abs. 2 die Realisierung des KSt-Guthabens ein.[1]

 

Rz. 11

Zur Realisierung des KSt-Guthabens führte eine Gewinnausschüttung, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss[2] beruhte. Offene Gewinnausschüttungen sind auch Vorabausschüttungen, die auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschluss beruhen. Die Bindung der Realisierung des Anrechnungsguthabens an eine Ausschüttung bedeutete, dass das KSt-Guthaben nicht realisiert werden konnte, wenn die Körperschaft nicht über genügend Eigenkapital für eine Ausschüttung verfügte. Ggf. konnte es dadurch zum Verlust von Anrechnungsguthaben kommen, z. B. bei einer Liquidation, wenn die als Auskehrung zu beurteilenden Liquidationsraten nicht für eine Realisierung des gesamten Anrechnungsguthabens ausreichte. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung sollen nach Ansicht des BFH nicht bestehen.[3]

 

Rz. 12

Nach § 37 Abs. 2 S. 2 KStG, eingeführt durch Gesetz v. 9.12.2004[4], führten auch organschaftliche Mehrabführungen als Folgewirkungen von vororganschaftlichen Vorgängen zu einer KSt-Minderung. Diese Mehrabführungen werden nach § 14 Abs. 3 KStG als Gewinnausschüttungen behandelt.[5] Organschaftliche Abführungen beruhen nicht auf einem ordnungsgemäßen Gewinnausschüttungsbeschluss, sondern treten "automatisch" ein. Sie sind nicht vom Willen des Stpfl. abhängig. Es wäre unbillig, die KSt-Minderung zu verweigern, da die vororganschaftlichen Vorgänge, um deren Folgewirkungen es sich handelt, bei der Gesellschaft regelmäßig zu EK 45 bzw. EK 40 geführt hatten, das nicht ausschüttbar war, da infolge des höheren Steuerbilanzgewinns, aber niedrigeren Handelsbilanzgewinns handelsrechtlich kein Ausschüttungspotenzial zur Verfügung stand. Die Regelung gilt erstmals für Mehrabführungen von Organgesellschaften, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 endet, weil erst diese Mehrabführungen als Ausschüttungen gelten.[6]

 

Rz. 13

Dagegen führten andere Ausschüttungen und Auskehrungen nicht zur Realisierung des KSt-Guthabens. Das betraf insbesondere verdeckte Gewinnausschüttungen, aber auch Auskehrungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte, verunglückte offene Gewinnausschüttungen, organschaftliche Ausgleichszahlungen und Kapitalherabsetzungen. Auch Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter einer Organgesellschaft beruhen nicht auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschluss.[7]

 

Rz. 14

Ursprünglich galt diese Regelung auch für Liquidationsauskehrungen; da es sich nicht um ordentliche Gewinnausschüttungen handelt, war für sie die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens ausgeschlossen. Rechtspolitisch war dies kritisch, da durch diese Regelung bei einer Liquidation innerhalb der Übergangszeit ein noch vorhandenes Körperschaftsteuerguthaben verloren gegangen wäre.[8] Ein rechtfertigender Grund für die unterschiedliche Behandlung von Ausschüttungen und Liquidationsauskehrungen war nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hatte daher in § 40 KStG eine besondere Regelung geschaffen (vgl. § 40 KStG Rz. 19). Danach gelten Auskehrungen von Liquidationsraten als begünstigt und werden damit ordentlichen Gewinnausschüttungen gleichgestellt.[9] Auch in diesem Fall ist die Realisierung des Anrechnungsguthabens aber von dem Vorhandensein ausreichende ausschüttungsfähigen Vermögens abhängig. Ein danach nicht realisierter Teil des Anrechnungsguthabens verfällt.[10]

 

Rz. 15

Ursprünglich konnte das KSt-Guthaben während einer Übergangszeit von 15 Jahren, beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 2002 bzw. dem abweichenden Wirtschaftsjahr 2002/2003 realisiert werden. Im Zusammenhang mit dem 3-jährigen Moratorium (Rz. 16) wurde die Übergangsfrist auf 18 Jahre verlängert.

 

Rz. 16

Abs. 2a, eingeführt durch Gesetz v. 16.5.2003[11], schränkte die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens in zweifacher Weise ein[12]:

  • In temporärer Hinsicht wurde die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens vollständig ausgeschlossen für Gewinnausschüttungen, die nach dem 11.4.2003 und vor dem 1.1.2006 erfolgten.
  • In betragsmäßiger Hinsicht wurde die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens für Gewinnausschüttungen, die nach dem 31.12.2005 erfolgten, auf den Teil des Körperschaftsteuerguthabens begrenzt, der bei gleichmäßiger Verteilung des Guthabens auf den restlichen Realisierungszeitraum auf dieses Wirtschaftsjahr entfiel.

Diese Einschränkungen wurden eingeführt, weil die Steuerpflichtigen mit Bekanntwerden der Pläne, das Anrechnungsverfahren aufzugeben, maximal mögliche Ausschüttungen durchgeführt hatten, um das vorhandene Körperschaftsteuerguthaben so schnell wie möglich zu realisieren. Die daraus resultierenden Körperschaftsteuervergütungen und der konjunkturbedingte Rückgang der Gewinne führten zum "Einbrechen" ...

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