Rz. 163

Die Vereinbarung muss im Vorhinein abgeschlossen worden sein. Das bedeutet, dass in dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter die Leistung erbringt, die vergütet werden soll, bzw., wenn die Gesellschaft ihre Leistung vor dem Gesellschafter erbringt, in dem Zeitpunkt, in dem bei der Gesellschaft die Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung eintritt, eine eindeutige und klare Vereinbarung vorliegen muss.[1] Nur dann steht von vornherein fest, dass die Leistungsbeziehung eine schuldrechtliche Basis hat. Liegt die Vereinbarung in diesem Zeitpunkt nicht vor, kann der Umstand, dass später ein entsprechender Vertrag abgeschlossen wurde, an dem Indiz für die Qualifizierung der Leistungsbeziehung als gesellschaftsrechtlich, und damit für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung, nichts mehr ändern. Es gilt somit ein Rückwirkungsverbot. Eine Vereinbarung kann immer nur die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung für die Zukunft ausschließen, niemals aber Wirkung für die Vergangenheit entfalten.[2] Das Verbot der rückwirkenden Vereinbarung gilt auch im Verhältnis zu nahe stehenden Personen, damit auch im Verhältnis zu Schwestergesellschaften[3]

 

Rz. 163a

In dem Merkmal der "vorherigen Vereinbarung" kommt das steuerliche Rückwirkungsverbot zum Ausdruck. Steuerlich maßgebend sind immer nur die Verhältnisse, wie die Parteien sie tatsächlich gestaltet haben; diese tatsächliche Gestaltung lässt sich rückwirkend nicht ändern. Das Rückwirkungsverbot hat materiellen Charakter, d. h. der materielle, tatsächliche Inhalt der Gestaltung kann nicht verändert werden. Insofern ergibt sich das Rückwirkungsverbot als Verbot der materiellen rückwirkenden Änderung aus den Grundprinzipien des Steuerrechts. Besteuert werden kann immer nur eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, wie sie tatsächlich eingetreten ist. Diese tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit lässt sich nicht rückwirkend ändern. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hängt nicht davon ab, zu welchem Zeitpunkt eine Vereinbarung vorliegt.

 

Rz. 163b

Für die Voraussetzung der vorherigen Vereinbarung genügt es, wenn eine Einigung der Parteien über die wesentlichen Vertragspunkte zum maßgebenden Zeitpunkt vorliegt. Es ist nicht erforderlich, dass der Vertrag bereits in allen Einzelheiten ausformuliert ist. Es ist auch nicht schädlich, wenn die Einigung über Nebenbedingungen erst später erfolgt. Das ermöglicht es, nach dem vereinbarten Vertragsinhalt bereits zu verfahren, auch wenn die Ausformulierung des Vertragswerkes wegen schwierig zu formulierender technischer Details noch längere Zeit in Anspruch nimmt.

 

Rz. 164

Das in dem Merkmal der "vorherigen Vereinbarung" enthaltene Rückwirkungsverbot bedeutet aber nicht, dass eine Rückwirkung aufgrund einer auflösenden Bedingung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt. Es bedeutet lediglich, dass die Vereinbarung vorliegen muss, bevor das Ereignis eintritt, das die Rückwirkung auslöst. Erlässt z. B. der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft unter der auflösenden Bedingung der Besserung der wirtschaftlichen Lage eine Forderung, so führt der Bedingungseintritt zum rückwirkenden Wiederaufleben der Forderung und damit zum rückwirkenden Wiederentstehen der Verzinsungspflicht. Das ist keine verbotene Rückwirkung, da das rückwirkende Ereignis, der Eintritt der auflösenden Bedingung, erst nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Vereinbarung abgeschlossen wurde, und die Rückwirkung nicht über den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung zurückreicht.[4]

Wesentlich ist daher nur, dass eine Vereinbarung über die Forderung zu dem Zeitpunkt vorlag, zu dem die Forderung und die Verzinsungspflicht ursprünglich entstanden ist, und dass die Vereinbarung über die auflösende Bedingung des Verzichts vor Eintritt dieser Bedingung erfolgt ist.

 

Rz. 165

Eine wichtige Einschränkung des Rückwirkungsverbotes hat der BFH[5] vorgenommen.[6] Im entschiedenen Fall war der Geschäftsführervertrag mit dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer mangels wirksamer Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot unwirksam. Nach dem Streitjahr erfolgte dann die wirksame Befreiung nach § 181 BGB. Der BFH sah in der späteren Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot eine Genehmigung der früheren Insichgeschäfte, der er Rückwirkung zubilligte. Einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot sah er darin nicht, da die eigentliche Vereinbarung, wenn auch schwebend unwirksam, vorher getroffen worden war. Es sei auch steuerlich anzuerkennen, wenn der zivilrechtliche Schwebezustand in Übereinstimmung mit der zivilrechtlichen Rechtslage rückwirkend beseitigt werde.[7]

Das Urteil ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert. Dadurch, dass der Genehmigung Rückwirkung beigelegt wird, wird das Merkmal der "vorherigen" Vereinbarung bei schwebend unwirksamen Vereinbarungen praktisch aus den Angeln gehoben. Bemerkenswert ist weiter, dass der BFH die Genehmigung fingiert. Nach dem Sachverhalt war nämlich keine (rückwirkende) Genehmigung ausgesprochen worden, sondern...

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