Rz. 320
Soweit das deutsche Besteuerungsrecht am Gewinn aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens vor und nach der Einbringung ausgeschlossen ist, gilt für den Einbringenden der gemeine Wert des Betriebsvermögens als Anschaffungskosten der neuen Anteile.
Rz. 321
Da es sich hierbei um eine Ausnahme von der Wertverknüpfung handelt, kann diese Ausnahmeregelung nur Fälle betreffen, in denen sonst ein niedrigerer Wert als Anschaffungskosten anzusetzen wäre, weil die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt hat.
Rz. 322
Grundsätzlich sind vier unterschiedliche Fälle denkbar, bei denen das deutsche Besteuerungsrecht vor und nach der Einbringung ausgeschlossen ist:
- 1. Fall: Übergang des Betriebsvermögens von der Freistellungsbetriebsstätte eines inländischen Rechtsträgers in die Freistellungsbetriebsstätte eines anderen inländischen Rechtsträgers;
- 2. Fall: Übergang des Betriebsvermögens von dem ausländischen Stammhaus- bzw. Betriebsstättenvermögen eines ausländischen Rechtsträgers in das ausländische Stammhaus- bzw. Betriebsstättenvermögen eines anderen ausländischen Rechtsträgers;
- 3. Fall: Übergang des Betriebsvermögens von der Freistellungsbetriebsstätte eines inländischen Rechtsträgers in das ausländische Stammhaus- bzw. Betriebsstättenvermögen eines ausländischen Rechtsträgers;
- 4. Fall: Übergang des Betriebsvermögens von dem ausländischen Stammhaus- bzw. Betriebsstättenvermögen eines ausländischen Rechtsträgers in die Freistellungsbetriebsstätte eines inländischen Rechtsträgers.
Rz. 323
Nach der hier vertretenen Auffassung hat die übernehmende Gesellschaft in den Fällen 2, 3 und 4 ohnehin den gemeinen Wert anzusetzen, sodass der gemeine Wert auch ohne die gesetzliche Ausnahmeregelung aufgrund der Wertverknüpfung als Anschaffungskosten der neuen Anteile anzusehen wäre. Dies gilt auch dann, wenn für andere Teile des eingebrachten Betriebsvermögens auf Antrag ein niedrigerer Wert angesetzt wird.
Rz. 324
Daher reduziert sich der Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregelung auf die Einbringungen, bei denen Betriebsvermögen von einer Freistellungsbetriebsstätte eines inländischen Rechtsträgers in eine Freistellungsbetriebsstätte eines anderen inländischen Rechtsträgers übergeht. In diesen Fällen kann ein Antrag der übernehmenden Gesellschaft auf Übernahme der Buchwerte oder eines Zwischenwerts angebracht sein, um eine Progressionswirkung beim Einbringenden zu vermeiden, falls dieser eine natürliche Person ist, oder weil auch inländisches Betriebsvermögen mit eingebracht wird, dessen aufgedeckte stille Reserven in Deutschland der vollen Besteuerung unterliegen würden.
Rz. 325 einstweilen frei
Rz. 326
Damit verzichtet der deutsche Gesetzgeber endgültig auf eine etwaige Progressionswirkung der in dem ausländischen Betriebsstättenvermögen ruhenden stillen Reserven.
Rz. 327
Die Einbringung des Betriebsstättenvermögens zum Buchwert oder einem Zwischenwert bewirkt nicht, dass die in dem Betriebsstättenvermögen ruhenden stillen Reserven etwa aufgrund eines abkommensrechtlichen Aktivitätsvorbehalts eines Tages ungewollt in eine Anrechnungsbetriebsstätte "überführt" werden könnten. Der Übergang von einer Freistellungs- zu einer Anrechnungsbetriebsstätte würde nämlich zu einer Begründung des deutschen Besteuerungsrechts, mithin zu einer Verstrickung und nach § 4 Abs. 1 S. 7 2. Hs. i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG zum Ansatz des gemeinen Werts eine logische Sekunde vor dem Übergang auf die Anrechnungsbetriebsstätte führen.